Deutschland, Teil 2: Berlin.

Am Donnerstag Abend kam ich in Berlin an. Theoretisch mitten im Streik, praktisch fuhr trotzdem zumindest alle 20 Minuten eine Bahn. Wir kamen also ohne größere Probleme zum Haus meiner Eltern in Friedrichshagen.

Erkenntniss Nummer Vier*: Berliner kommunizieren gern und viel.

In Berlin haben mich innerhalb von drei Tagen so viele Leute angesprochen, um über die BVG und die S-Bahn zu lästern, wie in Japan in den letzten vier Jahren insgesamt. Anfangs etwas verwirrend, finde ich die Berliner Schnau… Schlafgfertigkeit noch immer super.

* Falls ihr nach Nummer Drei sucht: Die stand in den Kommentaren des letzten Eintrags und heißt „Mein Deutsch wird schlechter“. 😉

In meinem alten Zuhause saß ich dann noch bis um ein Uhr nachts mit meinem Vater und meiner Schwester quatschend am Küchentisch, bevor es endlich ins Bett ging. Als Begrüßungsgeschenk bekam ich Unmengen an Süßigkeiten, die ich fast alle wieder mit nach Japan genommen habe.

Am Freitag Vormittag ging es dann mit meiner Mutter in die Stadt, um eine Uhr für meinen Mann und eine Tasche für mich zu kaufen. Dummerweise hatte ich die PIN meiner neuen Kreditkarte vergessen, was erstmal innere Panik auslöste, letztendlich lieh mir meine Mutter aber den nicht unbeträchtlichen Betrag.

Aber erstens ist die Tasche ein Geburtstagsgeschenk von meinen Schwiegereltern und Schwiegergroßeltern und zweitens könnte man in Japan für dasselbe Geld nicht einmal die kleinere Version bekommen. 😀 Es passt auch ziemlich viel rein, auch wenn meine Freundin Julia (sie hat zwei Onlineshops, die ich einfach mal bewerbe: Gruftling und Juliette Owl & Beatrice Rabbit) meinte, dass das bei ihr eher als kleinere Tasche laufen würde.

Im Uniqlo am Ku’Damm waren wir übrigens auch und – schön ist er, sehr aufgeräumt und mit nettem Service. Wie ich das aus Japan gewohnt bin. 😉

Später fuhren wir zu MAC Cosmetics am Hackeschen Markt. MAC haben wir in Japan natürlich auch und es ist sogar günstiger, aber in Deutschland gibt es 42 Lidschattenfarben mehr. Da bekomme ich dann doch große Augen. 😉 Vier Lidschatten und noch einen Maskara gab es für mich zum Geburtstag! Vielen Dank dafür!

Falls ich nächstes Jahr für die Arbeit nach Amerika fliegen sollte, muss ich auf jeden Fall groß einkaufen gehen. 😀

Nach diesem kleinen Abstecher ging es zurück zum Ku’Damm, wo wir Karten für die Astor Film Lounge hatten.

Es lief „Monsieur Claude und seine Töchter„, ein ganz hervorragender Film. Es geht um multikulturelle Ehen und die Probleme, die Eltern damit haben können – mit ganz viel Humor. 😀 Bin ich froh, dass meine Eltern nicht so drauf sind. 😉

Abends rollte ich dann ins Bett und telefonierte mit meinem Mann. Ich muss zugeben, dass ich gar nicht gern alleine unterwegs bin, mein Mann fehlt mir immer unglaublich. Zum Glück hatte ich ein deutsches Handy mit Line, so dass ich auch wenn ich nicht zuhause war mit ihm in Kontakt sein konnte.

Das war auch ganz gut, am Samstag war ich nämlich wieder viel draußen unterwegs.

IMGP2034Mittags traf ich mich mit meinen Freundinnen Anna (vom Finanzamt 😉 ) und Charlotte von Einmalwunderland an der Friedrichstraße, von wo aus wir uns auf den Weg zu Fassbender & Rausch, einer Berliner Chocolaterie, machten. Dessert kann man eben auch mittags essen. 😉

Die beiden kenne ich seit 2007, glaube ich, und es macht mich glücklich zu sehen, wie sich das Leben meiner Freunde verändert. Beide haben Ausbildung bzw. Studium abgeschlossen, arbeiten und sind … Erwachsene. 😀 Das klingt vielleicht etwas komisch, aber dadurch, dass wir uns so selten sehen, fallen die Veränderungen viel mehr auf.

Hier habe ich glaube ich geheiratet. 😉

In dem italienischen Restaurant, in dass es uns dann verschlug, fiel mir plötzlich auf, dass ich in 20 Minuten am Hackeschen Markt sein müsste, um mich mit Julia zu treffen. Ups. 😉 Hat aber noch gut geklappt.

Julia und ich fuhren dann über einen Umweg zum Ku’Damm, wo ich gleich zwei Star Wars Lego Adventskalender kaufte – einen für meinen Vater und einen für meinen Mann. 😀 Absolut sinnvoll angelegtes Geld.

Bei Saturn nahm ich dann noch die DVD des Films „Das Schicksal ist ein mieser Verräter„, der noch immer nicht in Japan erschienen ist, mit. Man, sind DVDs bei euch in Deutschland günstig!

Nach einem leckeren Eisbecher kaufte ich in einem Comic-Laden noch einen englischsprachigen Marvel-Comic-Sammelband für meinen Mann, bevor es dann wieder nach Hause ging – ohne Streik, dafür aber mit Schienenersatzverkehr.

Erkenntniss Nummer Vier: Man vergisst so einiges.

Als ich hörte, dass zwischen Karlshorst und Nöldnerplatz Schienenersatzverkehr herrschen würde, musste ich kurz überlegen, wozu man so etwas denn braucht und wie absurd das ist – haben wir in Japan nicht. Dazu muss man natürlich fairerweise sagen, dass die Bahnen hier jede Nacht für drei bis vier Stunden nicht fahren, während dieser Zeit wird repariert.

Auch verdrängt hatte ich die olfaktorische Note Berlins – Billiger Alkohol und Zigaretten. So viele Leute, die mit einer Flasche eines Alkohols ihrer Wahl in der Hand durch die Gegend laufen. Dummerweise kann man natürlich die Flaschen nicht wegschmeißen oder zurückgeben, nein, die sind Dekoration für die Bahnhöfe. Nicht so schön. :/

An meinem letzten ganzen Tag in Berlin, dem Sonntag, 25. Jahrestag des Mauerfalls, fuhr ich am Morgen zur Boxhagener Straße um im Intimes mit Anna, Melissa von Breedingunicorns und Rae zu brunchen.

Ich hätte wahrscheinlich nicht gleich mit warmem Essen anfangen sollen, so war ich doch sehr schnell voll. 😦 Aber wir hatten so viel zu quatschen, dass die Kalorien allein dadurch wieder abtrainiert wurden. Ganz sicher! Vorgestern klopften mir die Kinder auf Arbeit auf den Bauch…

IMGP2053Leider musste Melissa nach einer Stunde wieder weg und Rae fuhr auch nach Hause, aber dafür ging es noch mit Anna auf den Flohmarkt. In der eisigen Kälte Berlins. So kalt…

Aber das Leiden hat sich gelohnt, denn auf dem Flohmarkt gab es Nachdrucke von Illustrationen von Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Zwei habe ich gekauft, einen von Flughörnchen und einen von Feldmäusen. Die Bilder werden demnächst unser Wohnzimmer verschönern. 🙂

IMGP2063Nach einem kurzen Abstecher zu Annas neuer Wohnung fuhr ich zu meinen Großeltern.

Dort gab es nicht nur leckeren Kuchen, sondern auch gute Unterhaltung. Wir haben doch einen etwas speziellen Humor. Oma, pass auf die Wölfe auf. 😉

Abends sahen wir uns die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls im Fernsehen an, um dort hinzufahren war es viel zu kalt.

Des späten abends wurden wir dann wieder zu meinem Elternhaus kutschiert und ich versuchte möglichst schnell zu schlafen – am Montag ging es schon wieder zurück nach Tokyo.

Während das Flugzeug nach Deutschland voll besetzt war, hatte ich auf dem Rückflug viel Platz. Leider konnte ich trotzdem nicht richtig schlafen, und obwohl mein Mann mich vom Flughafen abholte, war ich für den Rest des Tages zu nichts mehr zu gebrauchen.

Deutschland war schön, aber ich bin auch ganz froh wieder zuhause zu sein. 🙂

Deutschland, Teil 1: Stuttgart.

IMGP2002Am Sonntag Morgen um halb sechs kam ich am Flughafen Frankfurt an, wahrscheinlich mit einem der frühesten Flüge.

Erkenntnis Nummer Eins: Deutsche sind entspannter.

Die Mitarbeiter am Flughafen waren alle komplett entspannt, mit Gelächter und Gequatsche. Gäbe es so in Japan nicht, da muss der schöne Schein gewahrt werden. Bevor ich in die Lufthansa Lounge konnte, musste ich erst einmal warten, dass die Dame vom Empfang mit ihrer Mitarbeiterin fertiggequatscht hatte. Das finde ich übrigens auch gar nicht negativ, arbeiten soll ja Spaß machen, ich bin es nur nicht mehr gewöhnt.

Nach dem Frühstück und Nachricht an meinen Mann ging es weiter nach Stuttgart, wo ich dann noch etwas am Flughafen ausharrte, weil meine Mutter extra auch für einen Tag in den Süden flog! 😀

IMGP2031Zusammen sind wir dann in die Stadt gefahren, haben meinen Koffer im Hotel abgegeben und haben die Innenstadt zu Fuß erkundet. Falls hier Stuttgarter mitlesen sollten: Ihr habt da ein richtig schniekes Städtchen. 🙂 Das gute Wetter und der schöne Herbst hatten sicher seinen Anteil daran.

Nach einer ausgedehnten Kaffee-Pause, Schwänegucken vor der Oper, Weißwurstessen* und langen Gesprächen ging es dann wieder zurück zum Flughafen, um meine Mutter zu Verabschieden und die Mitarbeiter der japanischen Firma, für die ich in Stuttgart war, zu begrüßen.

Beweisfoto!

Beweisfoto!

* Die erste wurde mir geschält (nein, mir fällt kein besseres Wort ein), bei der zweiten habe ich das allein geschafft. 😉

Während man mich vorher gebeten hatte den von mir bereits bestellten Tisch in einer Gaststätte abzubestellen, weil keiner Hunger hätte, wollten dann plötzlich doch alle zumindest auf ein Bier gehen – oder fünf. Mit Kartoffelsalat, Würstchen und Maultaschen.

Am nächsten Tag ging es los mit dem Aufbau unseres Messestands, und man hatten die ein Glück, dass ich dabei war: Statt des Firmenlogos hatte man uns nur einen generischen Schriftzug am Stand befestigt, ein Erklärungspanel war nicht da, der Computer ging während der Vorbereitungen in Rauch auf…

Als dann aber die Besucher in die Hallen strömten, lief eigentlich alles gut. Die Produkte, die die Firma vorstellte, sind zwar Nischenprodukte, hauptsächlich für die Qualitätskontrolle, aber technisch dermaßen gut, dass wir haufenweise Komplimente einheimsen konnten. 🙂

Da die Mitarbeiter der Firma entweder kein Englisch oder eher begrenztes Englisch sprechen, war außer mir noch eine Taiwanesin mitgekommen, mit der zusammen ich wirklich viel Spaß hatte. Allein wäre es doch sehr monoton gewesen. Am letzten Tag bin ich dann zwischendurch auch mal zehn Minuten über die Messe gelaufen und habe Taschen und Kugelschreiber mitgenommen. 😉 Für die Firma war die Messe übrigens sehr erfolgreich, weswegen ich von nun per E-Mail mit Interessenten kommunizieren werde. Juche, Arbeit!

10387545_10204942972358069_8345818496572102032_nInsgesamt war es mir außerhalb dieses ersten, mit meiner Mutter verbrachten Tages, nahezu unmöglich die Stadt genauer kennenzulernen: Am Montag wurde ich zur Oper mitgeschliffen**, am Dienstag war ich zu müde, am Mittwoch waren wir alle beim Restaurant Wielandshöhe, und am Donnerstag Abend ging’s dann auch schon nach Berlin. Sowieso war das Wetter nach Montag eigentlich so schlecht und kalt, dass ich nicht länger als nötig draußen sein wollte.

** „Der Freischütz“, mit Jetlag und nach einem Arbeitstag. Ich gebe frei zu, dass ich ständig eingeschlafen bin.

Erkenntnis Nummer Zwei: Deutschland ist kalt. So bitterlich kalt. Wie ich das je vergessen konnte ist mir ein Rätsel.

Claudia auf Notstrom.

Ich bin wieder da!

Deutschland war zwar wirklich sehr nett, aber da ich letztendlich keinen richtig freien Tag hatte und mein Körper sowieso etwas gegen’s Fliegen hat, bin ich arg erschöpft. Dann vergesse ich schonmal Freunden und Familie zu sagen, dass ich ohne Probleme in Japan angekommen bin…

Richtige Einträge starten wieder sobald ich nicht mehr auf dem Zahnfleisch gehe.

Und dann kommt ein großer Eintrag darüber, wie Deutschland so total subjektiv immer komischer wird. Außerdem: „Warum man sich die PIN für seine Kreditkarte merken sollte.“ und „Natürlich streikt die Bahn wenn ich da bin, sonst würde ich mich auch gar nicht heimisch fühlen“.

Bis dahin!

Vorbereitungen.

Am Montag Abend war ich mit meinem Schwiegervater bei der Firma, für die ich nächste Woche in Stuttgart auf der Messe stehen werde.

Die ganze Sache hatte zwei Ziele: Erstens sollte ich meine Visitenkarten, die Flugbestätigung und sonstige Dokumente erhalten und zweitens wollte man mir etwas über die Produkte, die auf der Messe vorgestellt werden, beibringen.

Nun behaupte ich von mir selbst absolut nicht dumm zu sein, und in Physik war ich sogar gar nicht schlecht, aber wenn mir jemand plötzlich mit physikalischen Gleichungen zu teilweiser Kohärenz daherkommt, macht mein Kopf zu. Ich habe tatsächlich sogar ein Buch zur Optik gekauft (例題で学ぶ光学入門*), musste mir aber eigenstehen, dass ich absolut keinen Plan habe. Da fehlt mir dann doch einiges.

* Hier ein kurzer Einwurf, um zu zeigen, wie wichtig Kanji sind: 光学 und 工学 werden in Hiragana gleich geschrieben (こうがく kôgaku), aber ersteres heißt Optik und letzteres Ingenieurswissenschaften.

Zum Glück war mein Schwiegervater dabei, der mir dabei geholfen hat, herauszufinden, was denn jetzt überhaupt das Besondere an den Produkten ist. Es ist dann doch konkreter zu sagen „Mit diesem System können Sie stromsparendere Lichtquellen als bisher verwenden.“ als irgendjemandem mit σ und NA und weiß ich was zu kommen – zumal ich das selbst nicht verstehe. Solche Dinge kann ich dann gern vor Ort übersetzen, es sind schließlich Leute dabei, die Ahnung haben.

Im Moment bin ich etwas angespannt, ich hoffe, dass sich das gibt, wenn es losgeht. Tut es eigentlich immer. Und immerhin bin ich für vier Tage nicht Claudia, die im Kindergarten Kindern Englisch beibringt, sondern Claudia, die für eine Optik-Firma arbeitet. Ich habe sogar die Visitenkarten um es zu beweisen! 😉

Letztendlich dürfte das Anstrengendste an der ganzen Aktion der Flug nach Deutschland sein: Nachts um eins geht es los und nach elf Stunden komme ich um fünf Uhr morgens in Frankfurt an. Wünscht mir Glück! 🙂

(Eigentlich wollte ich in diesem Eintrag ein Foto meiner tollen Visitenkarten haben, stellte aber fest, dass ich eigentlich alles außer meines Vornamens wegpixeln müsste…)

Abenteuer bei der Botschaft.

20141022_163947Am Dienstag ging ich nach langer Zeit mal wieder zur deutschen Botschaft in 広尾 (Hirô). Der recht einfache Grund war, dass ich endlich meinen im Pass verzeichneten Wohnort ändern wollte, um in Deutschland steuerfrei einkaufen zu können.

Das Konsularreferat der Botschaft hat werktags von 8 bis 11 Uhr und Donnerstags zusätzlich von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Also nicht unbedingt arbeitnehmerfreundliche Uhrzeiten, aber etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. 😉

Ich war zehn Minuten vor Schalteröffnung als zweite dort, legte meine Meldebescheinigung und meinen Pass vor, füllte das Antragsformular an und wartete.

Kennt ihr das, wenn jemand, der nach euch gekommen ist früher gehen kann? Mich ärgert so etwas ja total, zumal ich davon ausging, dass es nicht so lange dauern kann zwei Stempel zu setzen und zwei Worte zu schreiben. Ich weiß natürlich nicht, ob da nicht mehr hinter steckt, aber ich habe 40 Minuten gewartet. VIERZIG!

Fünf Minuten nach 9 ging ich zum Schalter um zu fragen, ob ich den Pass an einem anderen Tag abholen könne, ich müsste schließlich zur Arbeit. Soweit kam ich aber gar nicht, als ich vor dem Schalter stand, gab man mir meinen Pass.

Der Weg zur Arbeit war dann sehr hektisch, weil ich mich durch Menschenmassen zwängen musste um meine jeweiligen Bahnen rechtzeitig zu bekommen. Eine Minute vor Arbeitsbeginn konnte ich dann einstechen. Glück gehabt.

Da habe ich mir das Shoppen in Deutschland eigentlich verdient…