Reinigen lassen.

Wir sind bekanntermaßen Großverdiener*, weswegen wir gestern Morgen eine unserer Klimaanlagen haben reinigen lassen. In Wirklichkeit hat das weniger mit übermäßig viel Geld zu tun, sondern damit, dass man Klimaanlagen nur ganz schlecht alleine säubern kann. Den Filter kann man reinigen, und sollte das auch tun, denn sonst ist es plötzlich im Winter bitter kalt.

* In Wirklichkeit sind wir absoluter Durchschnitt.

Als ich meinen ersten Winter in Japan verbrachte, stellte ich die Klimaanlage im Zimmer auf etwa 30°C, das Zimmer war trotzdem unglaublich kalt. Da ich vor Japan noch nie mit einer Klimaanlage zu tun gehabt hatte, kam ich erst nach Wochen auf die Idee, dass vielleicht der Filter gereinigt werden müsste. Dieser war, nachdem ihn wahrscheinlich jahrelang niemand gereinigt hatte, dermaßen voller Staub, dass ich fast aus den Socken fiel. Während meines restlichen Aufenthalts musste ich auf jeden Fall nicht mehr frieren.

Die Filter unserer zwei Klimaanlagen zuhause sind also immer blitzblank sauber, aber leider gilt das nicht für das restliche Innenleben der Geräte. Unsere Klimaanlage im Schlafzimmer haben wir seit über vier Jahren und sie wurde gestern zum ersten Mal gereinigt. Vor allem im Sommer sammelt sich in Klimaanlagen Kondenswasser, welches sämtliche Bakterien lieben, und so hatte sich auch in unserer Anlage einiges an Schimmel gebildet. Ist leider nicht so ganz ideal, wenn man nachts mit Luft, die durch ein schimmelverseuchtes Gerät geflossen ist, gekühlt schläft.

Wir meldeten uns also bei Duskin, einer Firma für Reinigungsmittel und Reinigung, und baten um Klimaanlagensäuberung. Durchgeführt wurde diese von einer mit Duskin verbundenen eingeständigen Firma aus unserer Nachbarschaft, und wir sind wirklich unglaublich zufrieden. Deswegen auch der Eintrag hier. 🙂 (Dies ist keine bezahlte Werbung. Schön wär’s.)

Um neun Uhr morgens standen zwei ältere Herren vor unserer Tür und fingen direkt an, den Fußboden und die Wand um die Klimaanlage herum abzudecken. Dann schraubten sie an dem Gerät herum, um es in seine Einzelteile zu zerlegen. Diesen Schritt bekommt man als Laie auch noch hin, und findet sicher einiges, was gereinigt werden sollte. Nur zur Sicherheit, falls das jemand vorhaben sollte: Kein fließendes Wasser auf Teile, die elektronische Bestandteile haben. Sprühzeugs und Abwischen sollte reichen.

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Danach war das alles wieder silbern.

Den nächsten Schritt kriegt man selbst nicht so hin: Reinigung mit Chemikalien. Dafür wird die Klimaanlage noch weiter abgedeckt und Chemikalien werden durch den sich noch an der Wand befindlichen Teil gejagt. Das Abflusswasser davon war tatsächlich tiefschwarz. Letztendlich hatten wir noch dazubestellt, dass eine anti-bakterielle Beschichtung aufgetragen wird, damit wir zumindest bis zum nächsten Jahr Ruhe haben.

Für eineinhalb Stunden Arbeit bekamen die Herren 15,120 Yen (ca. 113€), was weder besonders teuer noch besonders günstig ist. Wenn die Klimaanlage, wie unser tolles Ding im Wohnzimmer, eine Selbstreinigungsfunktion hat, wird es leider viel teurer. Uns wurde gesagt, dass jetzt die beste Zeit ist, um die Klimaanlage säubern zu lassen: Die Luftfeuchtigkeit ist gering, niemand macht die Kühlfunktion, über die Kondenswasser im Gerät landet, an, und wo keine Feuchtigkeit ist, fühlt sich auch Schimmel nicht wohl. 🙂

Zum Schluss bekamen wir noch ein Schneidebrett mit dem Charakter der Firma, dem Dusken (-ken 犬 heißt „Hund“). Ob wir dafür Verwendung finden werden, weiß ich nicht, aber süß ist es auf jeden Fall.

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Das Beste an der ganzen Aktion war, dass es uns gezeigt hat, dass man seine Klimaanlage immer mal reinigen lassen sollte. Unsere Klimaanlage war schon ziemlich eklig, aber scheinbar absoluter Durchschnitt. Falls ihr also eine ältere Klimaanlage zuhause hängen haben solltet…

Das Aussterben (m)einer Jugendkultur.

Da auch weiterhin nichts Spannendes geschieht, schreibe ich heute wieder etwas aus meinem Alltag. 🙂

Ich gehe jeden Morgen um etwa dieselbe Zeit zur Arbeit. An manchen Tagen begegnet mir dann eine Gothic Lolita. Sie wohnt näher am Fluss als wir, sonst würde sie nicht diesen Weg zum Bahnhof wählen, aber sonst weiß ich nichts von ihr. Nur, dass sie noch immer Gothic Lolita trägt.

Warum „noch immer“? Weil diese Jugendmode sich, zumindest in Japan, im Aussterben befindet. Dieses Jahr wurde das Magazin „Gothic & Lolita Bible“ eingestellt, und auf der Straße sehe ich immer weniger Mädchen oder Frauen, die diese Mode tragen. Natürlich, es gibt sie noch, aber ich habe das Gefühl, dass wenige junge neue Leute hinzukommen, die den Rüschen und der Spitze fröhnen. Die Gothic Lolita aus meinem Viertel ist auch nicht mehr ganz so jung, sie geht wahrscheinlich so zur Arbeit.

Als ich 2008 das erste Mal nach Japan kam, sah ich immer wieder Lolitas auf der Straße, und neben den Läden in Harajuku (原宿) gab es auch in Shinjuku (新宿) ein Marui-Kaufhaus nur für die Mode. Irgendwann zog es um, weiter weg von der Bahnstation, und die Anzahl der Läden darin verringerte sich. Die Lolita in meiner Nachbarschaft ist oft wochen- und monatelang die einzige, die ich sehe.

Ich finde das natürlich schade. Die Mode, die auch für mich lange Zeit recht wichtig war, über die ich wirklich gute Freundinnen kennengelernt habe, versinkt in den Annalen der Geschichte. Nicht, dass ich dem etwas entgegensetzen würde – ich trage die Kleidung seit Jahren nicht mehr.

Letztendlich hat sicher jeder einmal das Verschwinden von etwas erlebt, das ihm früher wichtig war. Jugendkultur ist nun einmal für die Jugend, und während es natürlich jedem freisteht, der Jugendkultur auch im Erwachsenenleben zu fröhnen, sucht die neue Jugend nach neuen Dingen. Das ist er dann, der Kreis des Lebens, oder halt der Jugendmode.

Dennoch freue ich mich jedes Mal, wenn ich diese Frau morgens sehe. Die zieht das durch. 🙂

Warum eigentlich Japan?

warum

Relativ oft werde ich von Japanern ungläubig gefragt, warum ich mir denn ausgerechnet Japan als Wohnort ausgesucht habe. Das wäre wahrscheinlich bei einem Japaner in Deutschland recht ähnlich: „Warum bist du in Deutschland? Es gibt doch viel schönere Länder?“

Ich bin weder in den falschen Flieger gestiegen, noch hat mein Mann mich aus Berlin gekidnappt und verschleppt. Indianerehrenwort! 😉

Angefangen hat alles wahrscheinlich mit Pokémon und Digimon. Heute weiß ich natürlich nicht mehr, ob ich damals realisierte das beides aus Japan kommt. Die Namen der meisten Charaktere wurden für die deutsche Version geändert, und „Ash Ketchum“ ist nun wirklich kein typisch japanischer Name. 😉

Irgendwann zwischen dem letzten Jahr in der Grund- und dem ersten Jahr in der Oberschule begann ich, Manga zu lesen. Am ehesten erinnere ich mich an X/1999, Nana, Ayashi no Ceres und Chobits. Tatsächlich las ich aber noch viel mehr. Fast zeitgleich eröffnete das Neo Tokyo, ein Laden für Manga, Anime und japanische Musik, in Berlin. Für mich war der erste Besuch dort absolut umwerfend und faszinierend!

In diesem Laden versammelten sich damals viele Mädchen wie ich, obwohl ich sicher eine der jüngeren war. Und eine der sorgloseren. Viele hatten Probleme mit ihrem Elternhaus, einige wohnten in betreuten WGs. Allen gemein war die Liebe für Visual Kei, vor allem Dir en Grey. Rückblickend muss ich sagen, dass ich nicht mehr verstehe, was ich an der Musik so toll fand – die Texte verstand ich schon mal nicht. 😉 Aber ich hatte Freunde gefunden, die dieselben Interessen hatten wie ich. Success!

Von da an war mir Japan unglaublich wichtig. Ich begann an der Volkshochschule Japanisch zu lernen, und in dieser Zeit lernte ich über das Internet einen in Berlin geborenen Japaner kennen, mit dem ich über die nächsten vier Jahre stark freundschaftlich verbunden war. Ebenjener japanischer Kumpel brachte mich dem echten Japan, abseits von Anime und Manga, natürlich um einiges näher. Sowohl すき焼き (Sukiyaki) als auch japanisches Curry aß ich zum ersten Mal mit ihm zusammen, und sie sind noch immer meine Lieblingsgerichte.

An die genauen Umstände erinnere ich mich leider nicht mehr, aber ich begann schließlich japanische Gothic Lolita-Mode zu tragen. Ein Glück, dass die Fotos davon alle verschwunden sind. 😀 Es gibt Leute, die das tragen können und super gut aussehen – ich gehöre nicht dazu. Über Animexx fand ich andere junge Frauen in Berlin, die dieselbe Mode trugen, und mit einigen stehe ich noch immer in Kontakt. Zu Konzerten ging ich auch, z.B. zu Miyavi in Bonn, wo meine Freundin Melissa (die jetzt einen YouTube-Kanal und Fans hat – super eigenartig!) ohnmächtig umfiel.

Tatsächlich wurde ich sogar einmal in der Schule im Unterricht von meiner Lehrerin gefragt, ob ich über nichts anderes als Japan reden könne. Ja, ich war diese Person. Es gibt sicher schlimmere Japanfans als ich es damals war, aber so ganz harmlos war ich auch nicht.

Nach der Schule wollte ich unbedingt Working Holiday in Japan machen. 🙂 Also habe ich gejobbt, und bekam den Flug zum 18. Geburtstag geschenkt. Ende Juli 2008 landete ich in Tokyo.

Heute bin ich natürlich nicht mehr so sehr nach Japan verrückt, wie damals. Zwar wusste ich schon vor meinem Working Holiday, dass auch Japan nur ein ganz normales Land ist, aber fasziniert war ich natürlich trotzdem. Es gibt auch heute noch Situationen, in denen ich merke, wie anders – und ja, manchmal auch besser – Japan ist. Nur ist anders jetzt normal.

Trotzdem erinnere ich mich nicht nur mit einem peinlich berührten Gefühl an meine Zeit als Japan-Fan. Die Freundschaften, die darüber entstanden sind, sind großartig. Meine Ehe auch, und die verdanke ich ja wohl auch ein wenig meinem komischen Teenager-Ich, oder? 😉

Liebe japanbegeisterte Leser: Warum? 😀

Fernbeziehungstrauma?

Heute Nacht träumte ich, dass ich wieder nach Deutschland zurück müsste. Mein Mann verabschiedete mich am Flughafen, dann war ich wieder in Deutschland und nur am Heulen.

Tatsächlich brachte mein Mann mich damals, während wir eine Fernbeziehung führten, vier Mal zum Flughafen. Jedes Mal flossen Tränen. Jedes Mal war der Heimflug eine Tortur. Jedes Mal kam mein Mann nach Hause in eine Wohnung, in der ich noch vor kurzem war.

Natürlich sind wir inzwischen seit fünfeinhalb Jahren verheiratet, und ich muss nie wieder unfreiwillig zurück nach Deutschland. Trotzdem sind wir beide von der Fernbeziehung noch immer gezeichnet. Also, wahrscheinlich vor allem ich. 😉

Als ich vor zwei Jahren allein nach Deutschland flog, schaltete mein Kopf direkt in „Ich werde ihn mehrere Monate nicht sehen können“-Modus. Dabei würden es weniger als zehn Tage sein. Spaß macht das nicht, wenn man dann total verzweifelt weinend im Hotelzimmer sitzt, ohne einen echten Grund zu haben. Egal wie viel stärker uns die Fernbeziehung gemacht hat, so richtig gesund war das für mich wahrscheinlich nicht.

Immerhin kann ich jetzt, wenn ich so etwas träume, schnell zu meinem Mann ins Bett hüpfen und mich vergewissern, dass er noch da ist. 🙂 Das hilft auf jeden Fall.

Kennt noch jemand dieses Nachklingen von Fernbeziehungen, und wann geht das weg?

(Das Foto ist übrigens von unserer japanischen Hochzeit, als wir vor dem Umziehen herumalberten.)

Wie Japan und die Zeit mich verändert haben.

Manchmal fällt mir auf, wie sehr ich mich im Laufe der Jahre verändert habe. Das merke ich entweder zurück in Deutschland, oder in der Interaktion mit anderen Ausländern, vor allem denen, die erst kurz hier sind, oder auch einfach mal so zwischendurch. Bitte immer daran denken, dass ich mich mit mir selbst vor fast 5 Jahren vergleiche, das Alter mag also durchaus auch eine Rolle spielen. 😉

1. Nicht anfassen!

Nach durchgängig vier Jahren in Japan bin ich es überhaupt nicht mehr gewohnt, Leuten die Hand zu schütteln oder zur Begrüßung oder Verabschiedung zu umarmen. Man macht es in Japan einfach nicht, plötzlich Bekannten sehr nah zu kommen ist eigenartig. Fühlt euch also nicht beleidigt, wenn ich mal nur winke. 😉

2. Claudia ist jetzt ein richtiges Mädchen!

Bevor ich nach Japan kam, hatte ich, wenn überhaupt, nur wenig sehr günstiges Make-Up, vier Paar Schuhe und zwei Handtaschen. Das ist jetzt ein klein wenig anders. Make-Up trage ich noch immer nicht jeden Tag, aber wenn ich am Wochenende ausgehe oder nach der Arbeit etwas vorhabe, kann ich es inzwischen auf Tasche und Schuhe abstimmen. 😀 Ich habe inzwischen auch tatsächlich mehr Röcke als Hosen, aber das mag etwas mit japanischen Größen zu tun haben.

3. Dann bin ich halt groß.

Ich bin mit 171cm Körpergröße in Japan recht groß. Es gibt größere Japanerinnen als mich, aber die meisten sind kleiner. Als ich zuerst hier war, wollte ich keine Schuhe mit hohen Absätzen tragen, um nicht noch mehr aufzufallen. Letztendlich ist es aber total egal, wie groß ich bin – auffallen tue ich sowieso. Ob ich zusätzlich froschgrüne Absatzschuhe trage, ist dann auch egal. Auf Arbeit habe ich übrigens eine 177cm große japanische Mitarbeiterin die jeden Tag hohe Schuhe trägt und einfach fantastisch aussieht. 😀 Inspiration!

4. Die japanische Denke färbt ab.

Das japanische Allgemeingedankengut hat so einige Aspekte, die nicht ganz cool sind. Tattoos sind schlecht, Menschen, die von der Norm abweichen, werden nie erfolgreich sein, und wer mit Mitte 30 noch nicht unter der Haube ist hat einen Defekt.

Manchmal muss ich mich wirklich hinterfragen, um diese Allgemeinplätze nicht einfach zu wiederholen. Eigentlich weiß ich es natürlich besser, aber die Umwelt beeinflusst einen doch mehr, als man es zugeben möchte.* Japan hat eine ganz andere Vorstellung davon, wie ein „guter Mensch“ oder ein „gutes Leben“ aussieht. Das Korsett dieses Ideals ist unglaublich eng, passt nur wenigen Menschen, und lässt keinen Raum für Individualität. Auf eine gute Schule gehen, auf eine gute Uni gehen, einen guten Job bekommen, mit Mitte 20 heiraten, mit Ende 20 Kinder, arbeiten, arbeiten, arbeiten, Rente. Dazwischen bloß nicht aus dem Rahmen fallen. Da in meinem Kopf etwas entgegenzusetzen ist manchmal gar nicht so einfach.

* Wieviele Menschen glauben, dass Werbung sie ganz sicher nicht beeinflusst?

5. Nur für kurze Zeit? Muss ich haben!

Ich habe bereits einen ganzen Eintrag über 期間限定 (Kikangentei; für begrenzte Zeit verfügbar) geschrieben. In Japan hat so gut wie jeder Laden irgendetwas, was man nur kurzzeitig erstehen kann. Starbucks hat in Japan so gut wie immer irgendein Spezialgetränk, MOS Burger hat immer irgendeinen besonderen Burger und bei Mister Donut gibt es auch immer etwas anderes. Wenn es etwas nur kurzzeitig gibt, stelle ich mich dafür auch an. Was mich zum nächsten Punkt bringt…

6. Ich bin Schlangenbezwingerin.

Japaner mögen lange Schlangen zwar nicht, aber für sie ist Anstehen kein Grund aufzugeben. Bei Restaurants gibt es regelmäßig Schlangen, weil der Laden einfach voll ist. Dann setzt man sich eben auf dafür hingestellte Stühle und wartet. Oder schreibt seinen Namen auf eine Liste und wartet. Wenn es wirklich zu lange dauert, geben wir natürlich auch auf, aber das ist bisher kaum mal passiert.

In Deutschland würde man wahrscheinlich statt zu warten einfach zu einem anderen Restaurant gehen…

Gibt es etwas, was sich an euch verändert hat, seit ihr ins Ausland gezogen seid? Schreibt es mir in die Kommentare! 🙂