Aomori, Teil 1: Hirosaki.

Als wir am Freitag unserer Abreise geweckt wurden, erwachte ich aus einem Traum übers Schlittschuhlaufen. Wahrscheinlich hatte sich mein Unterbewusstsein einfach sehr auf den Schnee, den wir in Aomori (青森県) sehen würden, gefreut.

Mit unserem kleinen Koffer fuhren wir zum Bahnhof Tokyo, kauften etwas zu essen, frühstückten und stiegen schließlich in unsere zahnpastafarbene Bahn in Richtung Norden. Nach beinahe einer Stunde hatten wir die Städte hinter uns gelassen und sahen in Fukushima den ersten Schnee. 🙂 Nach dreieinhalb Stunden in der Bahn stiegen wir in Shin-Aomori aus und bestaunten erst einmal die weiße Landschaft. Das klingt vielleicht ein wenig komisch, aber in Tokyo bekommen wir meist keinen anständigen Schnee.

Nach ein wenig Wartezeit fuhren wir weiter nach Hirosaki (弘前), in dem kleinen Städtchen wollten wir den ersten Tag verbringen. Dorthin ging es durch weiße Felder mit dunklen Bäumen in einer alten Bahn, die es in dieser Form in Tokyo gar nicht gibt. Es gibt Knöpfe um die Türen zu öffnen und zu schließen (bei uns gehen sie einfach an jeder Station auf), und da nicht an jedem Bahnhof Leute arbeiten, wird der Fahrpreis teilweise beim Lokführer entrichtet. Generell kommt man mit seiner tollen Suica, der IC-Fahrkarte, in Aomori nirgendwo hin.

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Im Art Hotel Hirosaki City wollten wir eigentlich nur unser Gepäck abgeben, bekamen aber mitgeteilt, dass unser Zimmer schon bereit sei – und man uns ein größeres Zimmer beschafft hatte. 🙂 Gegen kostenlose und unerwartete Upgrades habe ich natürlich nie etwas einzuwenden. 34m² nur für uns. Das Hotel an sich ist zwar recht alt, aber die Zimmer sind sehr schön renoviert worden. Nur eines hat uns etwas verwundert: Die Vorhänge hinter dem Bett kann man hochziehen – Und guckt dann ins Bad. 😉

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Mit dem Bus ging es schnurstracks zum Burggarten, dem Hirosaki-Park (弘前公園). Im Frühling ist dieser Park unglaublich beliebt, weil so ziemlich alle kahlen Bäume, die ihr auf den Fotos seht, Kirschblütenbäume sind. Im Winter hatten wir den ganzen Park fast für uns. Nur das orangene Schneeräumgerät, hier hinter dem Baum versteckt, war im ständigen Betrieb. So ein leerer, schneebedeckter Park hat schon etwas für sich, ich war auf jeden Fall begeistert.

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Leider ist die Burg selbst nicht ganz so beeindruckend. Aus der Ferne erscheint sie noch recht mächtig, doch wenn man einmal auf das Gerüst, das vor ihr aufgebaut ist, klettert, sehen plötzlich alle Fotos so aus, als hätte man ein Modell fotografiert. Das liegt an zwei Dingen: Anfang des 19. Jahrhunderts, als diese Burg gebaut wurde, hatte die Domäne erstens nicht sonderlich viel Geld und zweitens man wollte auch nicht die unerwünschte Aufmerksamkeit der Zentralregierung mit einem Prunkbau auf sich ziehen.

Eigentlich steht die Burg an einem anderen Ort, direkt über einer Steinmauer, aber da diese derzeit restauriert wird, wurde das Schloss in einem Stück einige Meter versetzt. Das dürfte den Effekt noch einmal verstärken. Dafür hat der Park einige andere schöne Ecken, und was könnte reizvoller aussehen als rote Brücken im Schnee? Die Holzkonstruktionen über den Sträuchern sollen übrigens ebenjene schützen.

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Wir verließen den Park wieder, und begannen ihn gegen den Uhrzeigersinn zu umrunden. In unmittelbarer Nähe befinden sich einige historische Bauten, die wir unbedingt sehen wollten. Das erste Gebäude ist dieses schöne Haus der ausländischen Missionare der Hirosaki Gakuin Universität (弘前学院外人宣教師館). Man kann es kostenlos besichtigen, und wenn man eine Pause einlegen möchte, kann ich jedem einen Besuch im Café dort empfehlen.

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Kaffee nach einer sehr alten Rezeptur

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Aomoris Exportschlager sind Äpfel, dementsprechend viel Apfelkuchen wird angeboten

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Hinter dem Missionarshaus steht die alte Bibliothek (旧弘前市立図書館), die man auch kostenlos besuchen kann. Beide Häuser würden in Tokyo irgendwie lächerlich aussehen, aber in Hirosaki passen sie einfach. Die neue Bibliothek könnt ihr im Foto übrigens rechts ein wenig sehen.

Für uns ging es weiter um den Park herum.

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Wie gesagt: Äpfel sind das Herzblut Aomoris

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Hier am Burggraben entstehen im Frühling die schönsten Fotos, denn auch hier stehen hauptsächlich Kirschblütenbäume. Dafür ist es dann nicht mehr so schön leer, denn hier waren wir wirklich alleine. Generell fahren die Leute in Hirosaki lieber mit dem Auto, als durch den Schnee zu stapfen.

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Den Besuch beim Fujita Memorial Garden (藤田記念庭園) sparten wir uns, nicht nur, weil wir inzwischen vollkommen durchgefroren waren, sondern auch, weil der Garten unter einer Schneedecke begraben war. Dafür waren uns die 600¥ (4,45€) Eintritt doch ein wenig zu schade. In den wärmeren Monaten soll er aber ganz entzückend sein.

Auch ganz entzückend: Der Starbucks. In einem alten Haus hat sich die Kette eingenistet, und nutzt das Flair schamlos aus. Generell scheint das, zumindest in Japan, eine Masche zu sein: Auch in Kyoto, Kobe, Kamakura und sicher noch mehr Orten, gibt es Starbucks‘ in alten Gemäuern.

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Etwas aufgewärmt liefen wir zur nächsten Bushaltestelle und fuhren zurück in die Nähe des Bahnhofs, um Französisch Essen zu gehen. Hirosaki hat Ende des 19. Jahrhunderts viele ausländische Lehrer eingeladen, um auf Englisch zu unterrichten, und darüber verbreitete sich die französische Küche in der Stadt. Ich glaube nicht, dass in Japan irgendeine Stadt mehr mit französischem Essen verbunden wird, als Hirosaki.

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Wir aßen im Chez Moi, welches zu erschwinglichen Preisen wirklich schmackhafte Kost serviert. Wenn man nicht gerade im Winter da ist, soll es sich lohnen, zu reservieren. Wir kamen auch ohne Voranmeldung ohne Probleme an einen Tisch. Mein Mann aß den Fisch, ich Rindfleisch und Apfel in Rotweinsauce. Leider war es mir etwas doof, meine Kamera herauszukramen, deswegen nur ein Foto vom Handy.

So gesättigt liefen wir zu unserem Hotel um die Bahnverbindungen für den nächsten Tag herauszusuchen. Eine erste Suche hatte erwiesen, dass es gar nicht so leicht sein würde noch weiter aufs Land zu fahren…

Am Samstag Morgen aßen wir sehr gutes Frühstück im Hotel, und liefen dann zu alten Backsteingebäuden. Bald sollen diese übrigens renoviert und in ein Paradies für Künstler verwandelt werden. 🙂 Ein Stückchen Kunst steht schon dort: Der „A to Z Memorial Dog“ des Künstlers Nara Yoshitomo (奈良美智), der auch den Aomori-Hund für das Kunstmuseum Aomori (青森県立美術館) geschaffen hat. Mehr über den Hund erzähle ich euch ein andern Mal.

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Gleich um die Ecke steht auch diese schöne Backsteinkirche von 1920. Wo damals viele Missionare waren, stehen natürlich auch solche Bethäuser. Dieses hier wurde vom Amerikaner James Gardiner geplant. Hineingetraut haben wir uns nicht, aber ein schönes Fotomotiv gibt sie schon ab.

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Nachdem wir uns ein wenig an diesen Gebäuden festgeguckt hatten, mussten wir uns ziemlich sputen um rechtzeitig zum Bahnhof zu kommen. Schließlich wäre die nächste Bahn erst in mehreren Stunden gekommen…

Würde euch eigentlich so eine westlich angehauchte Stadt für einen Urlaub interessieren? Oder hättet ihr es, wenn ihr schon mal in Japan seid, eher gern traditionell japanisch?

Dadurch, dass ich ständig in Japan bin, finde ich solche Städtchen inzwischen wunderschön, aber ich weiß nicht, ob dem auch so wäre, würden wir eigentlich in Deutschland wohnen.

Neujahr in Bildern.

Zu Neujahr schreibe ich jedes Jahr dasselbe, deswegen dieses Jahr in Bildern. 🙂

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Der Tag beginnt um halb acht mit Essen bei den Schwiegereltern. Es ist das Jahr des Hundes.

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Eine traditionelle Neujahrsspeise ist die Suppe Ozōni (お雑煮), dazu gibt es Mochi (餅).

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Osechi (御節) sind auch traditionell, aber nicht so mein Ding.

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Mit den Schwiegereltern und dem Schwiegerhund geht es zum ersten Tempelbesuch, dem Hatsumōde (初詣).

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Beten kostet in Japan Geld (nicht wirklich, aber man gibt immer Geld), 105 oder 150¥. Zu Neujahr sind wir spendabel. 😉

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In Schreinen klatscht man in die Hände, in Tempeln nicht. In diesem Tempel wird die Glocke geläutet. Im Hintergrund eine Liste derer, die dieses Jahr besonders aufpassen müssen.

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Wir ziehen Vorhersagen, Omikuji (おみくじ), da sie nicht besonders gut sind, werden sie festgebunden. Gute Vorhersagen nimmt man mit nach Hause.

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Obligatorisches „Jahr des Hundes“-Bild. 😀

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Mein Schwiegervater hat Geburtstag und bekommt von uns eine Brille geschenkt. Während wir warten, probiere ich verschiedene Brillen auf, zum Glück brauche ich aber keine.

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Für mich erstehen wir ein Objektiv, welches meine Schwiegermutter im Preis herunterhandelt. Überraschenderweise kann man in Japan in den Elektronikgeschäften handeln.

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Bei den Schwiegergroßeltern gibt es noch mehr zu essen. Fleisch!

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Das Fleisch kommt mit Tofu, Gemüse und Nudeln in den Sukiyaki-Topf.

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Zu Neujahr gucken wir eine Sendung fast jedes Jahr: 芸能人格付けチェック (Geinōjin Kakudsuke Check), wo Berühmtheiten erraten müssen, welche von mehreren Versionen (Essen, Musik, Bonsai, Wein, etc.) die luxuriöse ist. Hört sich langweilig an, ist aber wirklich lustig. 🙂

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Im Januar haben gleich drei Familienmitglieder Geburtstag, also gibt es Kuchen. Dieser hier wurde von dem Objektiv der Kamera meines Schwiegervaters attackiert. 😀

Damit endet der Tag, wir rollen nach Hause und fallen ins Bett. 🙂

 

Der erste Traum.

Das neue Jahr ist in Japan wichtig – vor allem die Dinge, die zum ersten Mal geschehen. Da hätten wir den ersten Sonnenaufgang (初日の出), der jedes Jahr zelebriert wird. Oder den ersten Schrein- oder Tempelbesuch (初詣), der so wichtig ist, dass sich lange Schlangen bilden.

Der erste Traum im neuen Jahr wird nicht ganz so ernst genommen, ist aber als Symbol durchaus beliebt. Hier die drei Dinge, die, wenn sie in dieser Reihenfolge geträumt werden, großes Glück bringen:

1. Der Berg Fuji

Der Fuji ist der höchste Berg Japans, und wird als solcher verehrt. Wusstet ihr, dass der Berg von der achten Station bis zur Spitze zu einem Schrein gehört? Mehr zum Fuji könnt ihr hier lesen.

2. Der Falke

Zum Falken gibt es verschiedene Theorien. Die simpelste ist, dass Falken flinke und schlaue Tiere sind, und deswegen Glück bringen. Einer weiteren Theorie zufolge ist es, weil Falken hoch fliegen. Eine andere besagt, dass der legendäre Shogun Tokugawa Ieyasu ein großer Freund der Falknerei war, und was der Shogun mag, muss Glück bringen. 😉

3. Die Aubergine

Die Aubergine ist wahrscheinlich für die meisten Leute ziemlich überraschend. Auch hier wird gesagt, dass Tokugawa Ieyasu möglicherweise einfach Auberginen mochte. Eine wahrscheinlichere Theorie ist, dass Aubergine auf Japanisch genau so klingt wie „etwas erreichen“ – „nasu“ (成す).

Hat einer von euch einen solchen wunderbaren Traum gehabt? 😉 Ich schon mal nicht.