Noch einmal Sommerferien.

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Am Sonntag wollten mein Mann und ich raus. Raus aus dem Haus, und bloß nicht in die Stadt. Statt uns in Tokyo von den Menschenmassen nerven zu lassen, stiegen wir also in die Bahn in Richtung Narita und stiegen selbst in dort noch einmal um.

Unsere Endstation hieß Sawara (佐原). Sawara ist ein kleines Städtchen in der Nähe des Meeres, und besonders für seine Altstadt bekannt. Es ist wie Kawagoe (川越), nur kleiner, verschlafener und nicht so überrannt.

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Die Altstadt befindet sich am Fluss, den man auch mit Booten entlangschippern kann, und einer Seitenstraße. Es gibt einige kleine Läden, Hotels und Restaurants. Da Sawara so nah an Narita ist, ist natürlich auch hier die Spezialität Aal. Wir haben uns dagegen entschieden, denn für uns lohnt sich der meist recht hohe Preis einfach nicht.

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Stattdessen kauften wir Bier und Brause, setzten uns an den Fluss und schauten den Enten zu. Mir war vorher noch nie so bewusst gewesen, dass Enten sich ziemlich schnell bewegen können. Eine der sechs Enten war die reinste Turbo-Ente und brauste in Mordsgeschwindigkeit durchs Wasser. Da außer uns keine natürlichen Feinde in Sicht waren, gehen wir davon aus, dass sie einfach ein Geschwindigkeits-Freak ist.

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Auf dem Weg zum Bahnhof kamen wir bei einem Süßigkeitenladen namens Inae (いなえ) vorbei. Dort gab es an diesem Tag wirklich ausschließlich Süßes zu essen, und wir entschieden uns gegen das Kakigōri, ein geschabtes Eis, und für Anmitsu. Anmitsu besteht aus Kanten, das ist hartes Gelee aus Algen, roter Bohnenpaste, Bohnen und Kuromitsu, schwarzem Zuckersirup. In unserem war außerdem Vanilleeis und getrocknete Aprikosen. Direkt am Laden angeschlossen befinden sich Ausstellungsräume, die uns weniger wegen der Ausstellungen und mehr wegen der Gebäude fasziniert haben. Überhaupt sahen wir in Sawara einige Häuser, die direkt dem Edo-Tokyo-Freiluft-Architekturmuseum entsprungen zu sein schienen.

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Am Bahnhof warteten wir dann noch fast eine halbe Stunde auf unsere Bahn. Zurück ging es über spärlich besiedelte Dörfer mit ihren gelbgrünen Reisfeldern, die in uns irgendwie immer Nostalgie wecken. Wie immer nahmen wir uns vor, einmal zumindest ein paar Tage in solch einem Dorf zu verbringen. In einem alten japanischen Haus, nach Möglichkeit ohne Handy-Empfang. Ein wenig die Zeit zurückdrehen, tief einatmen, und die Seele baumeln lassen.

Awa Odori in Kōenji.

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Nachdem ich letzten Monat den okinawanischen Volkstanz Eisa sah, wollte ich diesen Sommer eigentlich noch viele andere Tänze sehen. Aber es kommt, wie es immer kommt, es kam immer wieder etwas dazwischen. Wenn man nur für sich selbst plant, ist es aber auch zu einfach abzusagen.

Letztes Wochenende verabredete ich mich mit einer lieben Arbeitskollegin in Kōenji, einem Ort in Tokyo. Dort findet jedes Jahr das große Awa-Odori-Fest (高円寺阿波踊り) statt zu dem sich fast eine Millionen Besucher begeben.

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Zwischen den Bahnhöfen Koenji und Shin-Koenji tanzen dann gut 100 Tanzvereine den Awa Odori (阿波踊り). Auch dieser ist ein Tanz für das große Totenfest, diesmal aber aus der Präfektur Tokushima (徳島県) auf der japanischen Insel Shikoku (四国).

Als Motiv am eindeutigsten sind wohl die weiblichen Tänzerinnen mit den Schirmförmigen Hüten, den Amigasa (編み笠). Sie tanzen auf japanischen Holzschuhen, Geta (下駄), immer auf den Fußspitzen, so dass man beim Zuschauen fast Angst hat, dass sich die Schnüre von den Schuhen lösen.

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Außerdem gibt es noch die männlichen Tänzer, die etwas bequemere Kleidung tragen, dafür aber noch energetischer tanzen. Dann gibt es noch Frauen, die ähnlicher Kleidung wie die Männer tanzen, und natürlich Musiker. Der Awa Odori ist eine ziemlich laute Angelegenheit, uns taten die Ohren ziemlich weh. Die zahlreich anwesenden Kinder waren auch nicht alle begeistert. 😉

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Wir hatten uns eine Stunde vor Beginn einen Platz ausgesucht, um gute Plätze zu erhaschen. Eine der Strecken führt über eine sehr breite Straße, die andere über eine schmalere. Wir hatten uns für die schmalere entschieden, was sich als gut erwies. Die Fotos sind allesamt in dieser schmalen Straße entstanden, denn es war recht einfach, nah an die Tänzer und Tänzerinnen zu kommen.

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Nach über einer Stunde überlegten wir, dem Tanz von einer anderen Stelle aus zuzusehen – es war so voll, dass wir höchstens die Hände sehen konnten. Zum Glück hatten wir genug gesehen, und es war für uns zu verschmerzen, Koenji den Rücken zuzukehren.

Wenn ihr wissen wollt, wie ein Awa Odori in Bewegung aussieht, hier findet ihr ein Video vom großen Awa Odori in Tokushima.

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Die Tanzvereinigung der Postämter. Wirklich. 🙂

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Auf unserem Weg zum Bahnhof kamen wir an einem Schrein vorbei, an dem ein Sommerfest veranstaltet wurde. Für uns war es dort ein wenig voll, aber die Atmosphäre war sehr schön.

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Ich wurde schon mehrmals gefragt, ob man solche Tanzveranstaltungen und Feste in Tokyo auch im Herbst erleben kann. Nein, Sommerfeste sind für den Sommer, die Tänze sind es auch. Das ist für Besucher zwar schade, für uns gehört es aber eindeutig zum Sommer.

Der ist auch wirklich so schrecklich, dass man diese Feste zum Überleben braucht. 😉

Abschied, die 234092349.

Ihr wisst, die einzige wirklich Konstante in meinem Leben sind Abschiede. Das ist natürlich etwas melodramatisch formuliert, denn in Wirklichkeit habe ich auch seit sechs Jahren dieselbe Handynummer und einen Mann und seit bald 28 Jahren eine Familie (7,75 Jahre Abzug für meine Schwester). Aber ihr wisst, was ich meine. 😉

Heute war es wieder soweit. Eine liebe Mitarbeiterin hört nach fast fünf Jahren auf. Sie hat eine ähnliche Position wie ich, Executive Assistant (oder halt: Vorstandsassistentin), nur, dass sie das viel besser kann als ich. Vieles habe ich von ihr und anderen Assistentinnen gelernt, wir waren zusammen mit anderen Mitarbeiterinnen, die inzwischen auch nicht mehr hier sind, im Disneyland. Wir haben zusammen bei Charity Events mitgeholfen. Letztendlich gipfelte all das in einem schönen Mittagessen bei einem teuren Restaurant in der Nähe der Firma.

Zu fünft hatten wir einen Tisch reserviert, es gab Rind und Geschichten. 🙂

Sie: „Letztens hat $V1 sich bei mir bedankt!“

Chefsassistentin: „Der kann sich bedanken?“

Sie: „Ja, ich fand das auch ganz gruselig. Seine Mundwinkel zogen sich ganz gequält nach oben.“

(Großes Gegacker)

So weiter ging es über unsere jetzigen Chefs, alte Chefs, was sich verändert hat. Sie hatte vor einiger Zeit ihren alten Chef im asiatischen Ausland besucht.

„Er war noch viel energiegeladener, als ohnehin schon. Entweder hat das koreanische Essen ihm noch mehr Energie gegeben, oder ich war es schon gar nicht mehr gewohnt. Diese Positivität hat mich wie ein Schlag getroffen.“

Sie hatte einen unglaublich guten Draht zu ihrem alten Chef, auch wenn sie sich immer mal beschwerte. Man arbeitet halt zusammen, da läuft nicht immer alles rund. 🙂

Bei uns Assistentinnen ist es oft so, dass wir eine Sonderstellung in einer Abteilung einnehmen. Wir haben nicht wirklich unsere eigenen Aufgaben, sondern unterstützen nur nach Bedarf. Viele Dinge können die übrigen Mitarbeiter gar nicht, ob es darum geht Dienstreisen, Meetings außerhalb des Büros oder Übersetzer zu organisieren. Diese Leute können einem also nicht wirklich helfen, weswegen man sich in haarigen Situationen an die anderen Assistentinnen wendet.

Das sind unsere Verbindungen zu den anderen Abteilungen, und mit einigen Assistentinnen hat man wirklich viel zu tun. Wenn in der Abteilung etwas einfach nicht läuft, hat man diese kleine Gemeinschaft von Leidensgenossinnen, die einen verstehen und Tipps geben können.

Es ist schade, wenn dieser Kreis kleiner wird, aber diese Mitarbeiterin kommt uns nicht wirklich abhanden, denn ihr neues Büro ist ganz in der Nähe. 🙂

Warum bin ich so müde?

Wenn auf dem Blog nichts los ist, heißt das eines von zwei Dingen: Entweder ist in meinem Leben auch nichts los, oder es ist so viel los, dass ich nicht dazu komme zu schreiben.

Diesmal kann ich euch versichern, dass mein Leben derzeit aus Blogperspektive einfach unglaublich langweilig ist. Derzeit ist jeder Tag Alltag, mit einigen Komplikationen, auf die ich weiter unten zu sprechen komme. Derzeit ist es mit dem Schlafen wieder so eine Sache. Nachdem wir durch den nie endenden Regen kühlere Temperaturen hatten, scheint jetzt wieder die Sonne. Das freut mich einerseits, weil ich endlich auch Handtücher waschen kann*, andererseits heißt es aber auch, dass wir wieder mit der Klimaanlage runterkühlen müssen, um überhaupt schlafen zu können. Mit der Klimaanlage kann ich aber nicht gut schlafen, denn ein kühles Zimmer und ein kühles Zimmer, durch das Wind pustet, sind noch einmal etwas anderes. Das Wetter ist es, was mich an Japan am meisten fertig macht. Das Wetter oder der Arbeitsweg, eines von beidem wird mich wahrscheinlich irgendwann, wenn schon nicht aus dem Land, dann zumindest aus der Stadt jagen.

* Japanische Waschmaschinen waschen meist kalt, und durch die hohe Luftfeuchtigkeit trocknen die Handtücher nicht schnell genug, wodurch unangenehme Gerüche entstehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass ich mir langsam wieder Gedanken um meine Zukunft machen muss. Ich arbeite noch immer als Zeitarbeiterin in meiner Firma, und die Gesetze besagen, dass das nur drei Jahre lang geht. Danach muss man entweder den Arbeitsplatz wechseln, oder der Arbeitgeber muss einen direkt unter Vertrag nehmen. Derzeit sieht es leider nicht so aus, als würde letzteres etwas werden, denn die Entscheidungsgewalt darüber liegt bei jemandem, der 8900 Kilometer entfernt sitzt und mich nicht kennt. Das ist natürlich schade, aber zum Glück gibt es in Japan nicht nur eine deutsche Firma, und so werde ich mit Sicherheit wieder etwas finden.

Davor heißt es aber suchen und vor allem den japanischen Lebenslauf erstellen. Es gibt Dinge, die ich gut kann. Mich zu verkaufen gehört nicht dazu, vor allem nicht auf Japanisch. Die Sprache zu sprechen ist noch einmal etwas anderes als sich in der Sprache eloquent ausdrücken zu können. Derzeit knabbere ich also daran herum, und hoffe natürlich, dass ich letztendlich an meinem derzeitigen Arbeitsplatz bleiben kann. Veränderungen sind seit jeher mein Erzfeind. Das ist auch der Grund, warum ich es erst nach fast vier Jahren geschafft hatte, mich von dem Kindergarten, bei dem ich vorher arbeitete, zu trennen.

Zurzeit heißt es also: Morgens versuchen aufzuwachen, Haushalt machen, arbeiten, Abendessen, duschen, mit meinem Mann Deutsch lernen, im Internet Stellenanzeigen durchforsten und wieder schlafen gehen. Vor allem nach Stellenanzeigen zu suchen macht mich absolut fertig. Entweder wird dort jemand gesucht, der Qualifikationen hat, mit denen er ein sehr viel höheres Gehalt erzielen könnte, es ist eine Position in einem Bereich, den ich kategorisch ausschließe, oder der Aufgabenbereich ist langweilig. Ganz selten passt etwas, und selbst dann steht in solchen Stellenausschreibungen oft nicht genug, um sich wirklich ein Bild machen zu können.

Hoffentlich schaffen wir es demnächst mal wieder, irgendwo hinzufahren. Einfach raus, was anderes erleben, an einem See oder Fluss sitzen und Energie tanken.

Unser sehr produktiver Sommerurlaub.

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Blues Brothers © United International Pictures

Unsere fünf Tage Sommerurlaub sind vorbei. Wie angekündigt fuhren wir nirgendwo hin, und angesichts des absoluten Mistwetters in Tokyo war das auch gut so.

Statt in der Weltgeschichte herumzugurken, parkten wir also auf dem Sofa, und schauten in fünf Tagen zehn Filme. Ganz kurz:

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (時をかける少女): Ganz hübsch gemacht, aber die Hauptfigur war mir etwas zu dumm, und mein Mann fand die Zeitreisen in Zurück in die Zukunft realistischer. 😉

Das Schloss des Cagliostro (ルパン三世 カリオストロの城): Inzwischen fast 40 Jahre alt, merkt man dem Film sein Alter in der Animation durchaus an – abgesehen davon, ist er aber ziemlich zeitlos witzig.

La La Land: Die DVD kam Anfang des Monats heraus, und da ich den Film schon im Kino so toll fand… 🙂 La La Land darf mich gern immer wieder verzaubern.

Einfach zu haben (Easy A): Haben wir geguckt, weil Emma Stone drin war. Eindeutig für jüngere Menschen gedacht, aber trotzdem ganz witzig.

Crazy, Stupid, Love.: Auch diesen Film haben wir wegen Emma Stone geguckt, aber er war witziger und liebevoller als Easy A.

Honnoji Hotel (本能寺ホテル): Ein Hotel ist über einen magischen Aufzug mit dem Honno-Tempel von 1582 verbunden. Normalerweise würde ich euch hier kurz erklären, was im Honno-Tempel 1582 geschah, aber dieser Film war so dermaßen schlecht, dass ich mir jegliche Erinnerung daran ersparen will.

Die Jones – Spione von nebenan (Keeping up with the Joneses): Haben wir nach 15 Minuten ausgemacht, weil der Film dermaßen vorhersehbar war, dass wir uns die restlichen 90 Minuten sparen konnten. Zu meiner Verteidung: Den Film hatte mein Mann ausgesucht.

Ich – Einfach unverbesserlich (Despicable Me): Noch immer witzig.

Blues Brothers: Noch immer toll, auch wenn wir uns nicht daran erinnern konnten, dass es abseits von der Musik so viel Story gab…

WALL-E: Dieser Film hat uns absolut verwirrt. Für wen wurde dieser Film gemacht? Und warum gibt man einem Aufräumroboter eine künstliche Intelligenz, die sich verlieben kann? Und — warum, Pixar?!

Wie ihr seht war es weniger ein internationales und mehr ein japanisch-amerikanisches Filmfest. 😀

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Natürlich saßen wir nicht nur auf der Couch, am Samstag fuhren wir etwas nach draußen, um Dschingis Khan (ジンギスカン) zu essen. Dschingis Khan ist Lamm- und Schaffleisch, das man sich selbst auf einer heißen Platte brät. Das ziemlich kühle Wetter (Tiefsttemperaturen unter 25°C) passte hervorragend dazu.

Wäre der ewige Winter endgültig über uns hineingebrochen, hätten wir das auch überlegt, denn direkt vor dem Restaurant liegt die Shirase vor Anker. Die Shirase war ein Eisbrecher der japanischen Selbstverteidungsstreitkräfte, und fuhr in die Antarktis. Als der Preis für Altmetall sank, sah man davon ab sie zu verschrotten, und so kann man sie jetzt besichtigen.

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Was wir ansonsten noch taten: Wir lernten Deutsch (Menschen A1.1 Lektion 7, wir kommen 😉 ), fuhren zu einem der vielzähligen Outlet Parks, wo ich ein Kleid, das ursprünglich 56,000Yen (430€) gekostet hat, für 9000Yen (ca. 70€) erstand, und aßen viele Süßigkeiten.

Apropos Süßigkeiten: Ab nächstem Monat wollen wir schauen, dass wir es mal wieder ins Fitnessstudio schaffen. Ein zweiter Anlauf, hoffentlich kommt uns diesmal nichts dazwischen.

Ich hoffe, dass ihr alle einen schönen Sommer habt. Wie lange könnt ihr euch eigentlich im Sommer freinehmen, nutzt ihr das, und wenn ja, was macht ihr? 🙂