Projekt Haus: Kleinkram.

Letzten Samstag fuhren wir zum Büro unserer Umbaufirma, um über kleine Dinge zu sprechen. Das meiste Große steht schon fest: Wie der Grundriss nach dem Umbau aussehen wird, welche Küche und welches Bad wir haben werden. Einiges Kleines haben wir auch schon fertig besprochen: Wo kommen die Steckdosen und Lichtschalter hin? Wie werden unsere Wandschränke aufgeteilt?

Diesmal ging es um noch kleinere, an sich unwichtigere und damit auch langweiligere Sachen. Wir sollten uns entscheiden, wie die Fußbodenleisten aussehen sollen und welche Farbe die Fensterrahmen bekommen.

Einerseits nerven mich solche Treffen unglaublich, weil es einfach uninteressant ist. Andererseits erhoffe ich mir, dass wir über soetwas reden, weil wir uns auf der Zielgeraden befinden. Langsam habe ich nämlich keine Lust mehr auf Entscheidungen. 😉

Am 3. Oktober, also vor zwei Wochen, war Baubeginn. Auf der Baustelle waren meine Schwiegereltern zwar schon, mein Mann und ich aber noch nicht. Entsprechen werden wir uns das nächstes Wochenende mal anschauen. 😀 Ich hoffe meine Vorstellungskraft reicht aus, derzeit sieht es, zumindest von den Fotos her, schon ziemlich schräg aus. Ob sich da bei mir Enthusiasmus breitmachen wird, ist noch etwas unsicher.

Derweil überlegen wir, was wir eigentlich alles an Möbeln usw. kaufen werden und wie teuer der Spaß wird.

  • Betten – Derzeit schlafen wir auf Futons, also auf dem Boden. Das ist für uns nicht so rückenfreundlich, wir freuen uns also schon darauf endlich umzusteigen.
  • Klimaanlage – Wir werden voraussichtlich über Neujahr umziehen, ohne Klimaanlage verwandeln wir uns da in Eisklötze. Die, die ins Schlafzimmer kommt, nehmen wir aus unserer jetzigen Wohnung mit.
  • Kühlschrank – Unser jetziger Kühlschrank ist klein und alt. Wir bekamen ihn von einem Studienfreund meines Mannes, und langsam wäre ein neueres Exemplar angebracht. Nur dumm, wenn man dann im Elektronikfachhandel den (sehr sehr teuren) Hightech-Kühlschrank seiner Träume sieht.
  • Esstisch und Stühle – Damals bei Nitori, dem japanischen Ikea, gekauft, wurde der Tisch schon ziemlich in Mitleidenschaft gezogen und ist auch wirklich nur groß genug für zwei Leute. Die Sitzpolster der Stühle geben auch langsam den Geist auf.
  • Regal für Ofen, Reiskocher und Mülleimer – So Dinger für den Ofen und den Reiskocher sieht man ständig, aber was hübsches mit Fächern für Mülleimer? Schwer.
  • Teppiche – Wir haben nicht vor, den ganzen schönen Holzboden unter Teppich zu verstecken, aber unter dem Esstisch, unter der Couch und im Schlafzimmer wäre es schon schön.

Können wir bitte einmal im Lotto gewinnen? Natürlich sind eigentlich nur drei Punkte sofort wichtig, mit dem alten Kühlschrank könnten wir sicher noch eine Weile leben. Nur der Transport ins neue Haus ist irgendwie verschwenderisch, wenn wir den Kühlschrank eigentlich eh nicht behalten wollen. Mal schnell etwas über 2000€ für einen neuen Kühlschrank (ich sagte ja: Hightech-Kühlschrank meiner Träume) auszugeben würde uns aber auch empfindlich treffen.

Noch zweieinhalb Monate…

Restaurant: 権八 Gonpachi

Ich arbeite bei einer internationalen Firma. In der Natur ebendieser liegt, dass immer mal Besucher aus dem Ausland kommen, mit denen dann auch essen gegangen wird. Netterweise darf ich auch fast immer mitkommen. 🙂 Wenn jemand schon den weiten Weg nach Japan antritt, soll er hier natürlich eigentlich keine Pizza essen, sondern nach Möglichkeit Japanisch.

Wir haben natürlich auch ein Standardrestaurant, aber das ist erstens sehr fischlastig* und zweitens darf man dort rauchen. Außerdem waren wir dort nun schon öfters, auch mit dem Gast, den es dieses Mal nach Tokyo verschlagen hatte. Eine Alternative musste her.

* Ich breche bei Fisch noch immer nicht in überbordende Begeisterung aus.

Die war schnell gefunden, und zwar ging es in das Restaurant aus dem Film „Kill Bill“. Oder zumindest zu dem, von dem das Restaurant in „Kill Bill“ inspiriert wurde.

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Neben Quentin Tarantino haben auch Lady Gaga und der ehemalige U.S.-Präsident George W. Bush das  Gonpachi Nishi-Azabu (権八 西麻布) besucht. Und nun auch ich, obwohl mysteriöserweise niemand ein Foto von mir wollte. 😉

Das Restaurant ist komplett auf die vielen ausländischen Besucher eingestellt. Viele der Köche und Bedienungen sind nicht japanisch, und es gibt das Menü nicht nur auch auf Englisch sondern auch auf Koreanisch und Chinesisch. Statt Massen von Sushi gibt es hier  Kushi (串*), Dinge auf Spießen, das heißt hauptsächlich Hühnchen, Gemüse und Pilze. Aber auch wenn man darauf nicht steht, findet sich sicher etwas für jeden. Die Spezialität des Hauses sind übrigens Soba, japanische Buchweizennudeln. Vom Geschmack her war es ganz gut, wenn auch nicht unglaublich gut – aber wir sind da eh verwöhnt.

** Mal ein Kanji, das genau danach aussieht, was es bedeutet. 😉

Wir bestellten unglaublich viel, und es wurde auch recht viel getrunken, trotzdem kostete der Spaß pro Person nur etwa 8,000Yen (70€). Im Vergleich zu den Restaurants, in die wir auf Arbeit sonst gehen, war das gar nicht schlecht. Vor allem: Ein Nichtraucherrestaurant! In Tokyo! Als ich nach Hause kam, fiel meinem Mann direkt auf, dass ich mal nicht nach Rauch stank.

Für einen Abend ist das Gonpachi ist sicher nett, aber privat würde ich nicht noch einmal hingehen. Dafür ist es nicht außergewöhnlich genug. Außerdem: Gar keine Uma Thurman?! Wo gibt’s denn sowas?!

Hiroshima, Teil 5: Miyajima. Noch einmal.

An unserem letzten Tag in Hiroshima wollten wir noch einmal Miyajima besuchen. Die Insel hatte uns von all den besuchten Orten am besten gefallen, und wir hatten noch nicht alles gesehen. Also checkten wir aus, ließen unser Gepäck aber an der Rezeption, und fuhren mit der Bahn und der Fähre nach Miyajima. Dort angekommen ging es schnurstracks zur Seilbahn um auf einen Berg der Insel, den Misen (弥山), zu kommen.

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Die war etwas weiter weg vom Schuss als wir dachten. Eigentlich hätte uns allein die Existenz eines Busses zwischen Dorf und Seilbahn eigenartig vorkommen müssen, aber so liefen wir eben bergauf durch bewaldetes Gebiet. Der erste Teil der Strecke wurde in kleinen Gondeln bewältigt, wir fuhren also zu zweit nach oben. Schon von den Gondeln aus hatte meinen einen relativ guten Ausblick, nur leider war das Wetter nicht mehr so schön wie bei unserem ersten Besuch.

Nach einem kurzen Zwischenstopp wurden wir in eine große Gondel umgeladen, die etwas weniger angenehm war. Man versuchte so viele Menschen wie möglich hineinzustopfen, und wir fühlten uns etwas wie Sardinen.

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Oben auf dem Berg angekommen, konnten wir zwar die Inseln in der Ferne ausmachen, aber so richtig gut war das Wetter nicht. In weiser Vorraussicht fuhren wir dann auch wieder nach unten, statt uns die umliegenden Tempel anzusehen. Bei schönem Wetter lohnt sich eine Fahrt auf den Misen sicher wirklich, wir hatten einfach nur Pech. Aber schließlich hatten wir schon zwei Tage fantastisches Wetter erlebt, wenn es dann am dritten Tag nicht mehr so läuft, ist das auch nicht weiter tragisch.

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Unten angekommen war gerade Ebbe. Wir konnten also zu Fuß bis zum großen Torii laufen, was durchaus ganz witzig war. Schöner sieht es trotzdem bei Flut aus. 🙂 Vor dem Torii steht übrigens ein Schild, das es Besuchern untersagt, Muscheln vom Torii abzunehmen. Scheint ein großes Problem gewesen zu sein.

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Wir bewegten uns, an Momiji-Manjū (もみじ饅頭) knabbernd, zurück zum Hafen. Statt wieder auf dem selben Weg zurück zu fahren, wollten wir nach 45 Minuten mit der Fähre am Friedenspark ankommen. Da diese Fähre nicht so oft fährt, warteten wir eine ganze Weile. Während des Wartens sahen wir das Reh im oberen Bild. Scheinbar hatte es sich in den Kopf gesetzt, ins Restaurant zu kommen. Was ein Reh mit Austern und Seeaal will, ist mir aber auch im Nachhinein nicht ganz ersichtlich. 😉 Die Besitzer des Restaurants hatten das Problem scheinbar nicht zum ersten Mal, sie deaktivierten einfach die automatische  Tür.

Kurz bevor wir die Fähre bestiegen, fing es plötzlich an zu regnen, und zurück in Hiroshima schüttete es aus Eimern. Also kauften wir Mitbringsel für unsere Mitarbeiter, suchten uns Ekiben (駅弁) aus, und stiegen in den wartenden Shinkansen zurück nach Tokyo.

Hiroshima war wirklich ein toller Urlaub, einen Besuch der Präfektur würde ich jedem empfehlen. Es war viel schöner und auch viel weniger überrannt, als wir dachten. 🙂

Filmzeit: Die rote Schildkröte.

Ausnahmsweise mal ein Filmzeit über einen Film, der nicht unglaublich japanisch ist. „La Tortue Rouge“ wurde in Japan als neuster Film von Studio Ghibli beworben, was etwas irreführend ist. Ghibli co-produzierte den Film zwar, im Abspann fanden sich aber geschätzt fünf japanische Namen. Wie ich den Film fand, könnt ihr trotzdem hier lesen. 😉

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©東宝

Regisseur: Michaël Dudok de Wit

Ein Mann wird in einem Sturm auf eine von Menschen unbewohnte Insel gespühlt. Zwar gibt es auf der Insel alles, was er zum Überleben braucht, doch er baut sich ein Floß um zurück in die Zivilisation zu gelangen. Als er mit dem Floß auf dem offenen Meer ist, wird dieses jedoch von einer riesigen roten Meeresschildkröte zerstört. Nach mehreren vereitelten Versuchen kommt die Schildkröte auf die Insel und verwandelt sich in eine Frau.

Persönliche Meinung: Der Film hat keinen Dialog, was ich ganz spannend fand. Man könnte denken, dass ein Film ohne Sprache langweilig werden würde, das ist aber absolut nicht der Fall. Die Zeichnungen waren unglaublich schön, und die Geschichte selbst war voller Glück und Zuversicht. Es gab nur einige Dinge, die meinem Mann und mir etwas komisch vorkamen: Erstens baut der Mann nie einen Unterschlupf, und ist somit dem Wetter ausgesetzt, und zweitens war uns nicht ganz klar, warum die rote Schildkröte mit dem Mann leben wollen würde. Ich würde den Film dennoch jedem empfehlen. Nur bitte geht nicht hinein und denkt, ihr würdet einen Studio Ghibli-Film gezeigt bekommen.

Hiroshima, Teil 4: Friedenspark.

Am 6. August 1945 um 8:16 Uhr morgens explodierte die Atombombe „Little Boy“ 600 Meter über Hiroshima. Ihr eigentliches Ziel war die Aioi-Brücke (相生橋), stattdessen traf sie ein Krankenhaus. Bis zu 80.000 Menschen, die sich in der Innenstadt aufhielten, starben sofort, ihre Schattenrisse in die umliegenden Häuser eingebrannt.

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Heute befindet sich in der Nähe des Abwurfsortes der Friedenspark (平和記念公園). Er wurde vom Architekten Tange Kenzō (丹下健三) geplant, und führt von der Friedensstraße (平和通) zur Atombomben-Kuppel (原爆ドーム). In dem Park befindet sich auch das Friedensmuseum Hiroshima (広島平和記念資料館), in dem Ausstellungsstücke zu sehen sind, die an den Horror des Atombombenabwurfes erinnern. Da mir allein schon in dem Park Tränen aufstiegen, ließen wir es aus.

Unter dem Bogen, den ihr auf dem oberen Bild sehen könnt, befindet sich ein Kenotaph mit den Namen der Atombombenopfer. Ein Kenotaph ist ein leeres Grab, mit dem an die Toten erinnert werden soll, welches aber keine sterblichen Überreste enthält. Sieht man durch das Monument hindurch, kann man die Friedensflamme sehen. Diese Flamme wird erst erlöschen, wenn es auf der Welt keine Atombomben mehr gibt. Leider sah der „Tage seit dem letzten Atomtest“-Counter am Friedensmuseum nicht sehr vielversprechend aus. Schließlich hatte man gerade erst in Nordkorea getestet.

friedenspark-2Die Atombomben-Kinder-Statue (原爆の子の像) zeigt Sadako Sasaki, die als Kind an Leukämie in Folge der Atombombenstrahlung starb. Als die Atombombe explodierte, war sie zwei Jahre alt und etwa zwei Kilometer vom Abwurfsort entfernt. Mit zwölf Jahren starb sie.

Im Krankenhaus begann sie Origami-Kraniche zu falten. Wenn man 1000 Kraniche faltet, hat man einen Wunsch frei. Deswegen trägt auch ihre Statue einen Origami-Kranich.

In den Glasboxen hinter der Statue befinden sich Reihen über Reihen von Kranichen, die von verschiedenen Schulen gefaltet wurden.

Leider ist nicht gesichert, ob sie über 1000 Kraniche faltete oder bei 644 aufhören musste. Im Museum steht wohl das eine, ihre Familie sagte das andere.

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Nur wenige Meter vom Explosionsort des „Little Boy“ entfernt stand die Halle zur Förderung der Industrie der Präfektur Hiroshima (広島県産業奨励館), vom Tschechen Jan Letzel erbaut. Obwohl durch die Explosion alle sich im Gebäude befindlichen Menschen umkamen, blieb die charakteristische Kuppelkonstruktion erhalten. Deswegen heißt das Gebäude heute Atombomben-Kuppel. Als Mahnmal wird die Atombombenkuppel nicht instand gesetzt*, man verhindert lediglich den weiteren Zusammenbruch des Gebäudes.

* Anders als die Frauenkirche, die vor der kompletten Instandsetzung auf mich sehr viel eindrucksvoller wirkte.

Wenn man durch Hiroshima läuft, denkt man für gewöhnlich nicht an den Krieg. Natürlich, in Kure waren wir im Marine-Museum, und jeder verbindet Hiroshima irgendwie mit dem Krieg. Aber wenn man dort ist, und sich von der Schreininsel Miyajima oder dem Ort Onomichi hat verzaubern lassen, wirkt das alles unglaublich weit weg. Als ich dann im Friedenspark stand, fühlte ich mich, als hätte mir die Realität in die Magengrube geschlagen. Die Bitte nach 世界平和, Weltfrieden, auf den Wunschtafeln in den Schreinen wirkte plötzlich nicht mehr so abgedroschen.

Denn was könnte es Größeres geben als die Aussicht darauf, dass so etwas nie wieder geschieht?