Wie wir uns auf Reisen vorbereiten.

Mein Mann und ich haben vorletztes Wochenende sehr kurzentschlossen eine Reise gebucht.

Unser letzter gemeinsamer Urlaub war im März (Kyūshū: Nagasaki, Fukuoka, Ōita). Im Winter, also in den Neujahrsferien, ist es irgendwie immer überraschend sehr kalt – deswegen versuchen wir das als Reisezeit zu vermeiden. Aber nur zwei gemeinsame Urlaube im Jahr zu haben geht natürlich gar nicht.

Aus diesem Grund werden wir Ende September nach Hiroshima (広島) fahren! Ja, mit der Bahn! 🙂

Da ich grade mitten in den Reisevorbereitungen stecke, zeige ich euch mal, wie das bei uns läuft.

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Reisegrund

Man braucht zum Reisen, finde ich, keinen richtigen triftigen Grund. Reisen sind immer etwas wert. 🙂 Unser Denkvorgang lief dieses Mal so ab:

(Wir sprachen über 新幹線 (Shinkansen), die japanische Schnellbahn)

Ich: Wie lange braucht man eigentlich bis nach Hiroshima, wenn man mit der Bahn fährt? Sieben Stunden?

Er: Nein, nur vier.

Ich: Nur?! Warum waren wir dann noch nicht dort?

Also suchten wir im Internet nach günstigen Reiseangeboten, stellten fest, dass es günstiger ist als nach Kyōto (京都) zu fahren, und buchten. So schnell geht das manchmal.

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Recherche

Bei Orten wie Hiroshima weiß jeder Japaner, was sowieso auf der Liste steht: Itsukushima-Schrein (厳島神社), Friedenspark (平和記念公園), Atombomben-Kuppel (原爆ドーム). Mein Mann will außerdem nach Kure (呉) ins Yamato-Museum (大和ミュージアム) über die japanische Marine. Aber was gibt es dort sonst noch?

Klar, man kann im Internet nach 広島 観光 (Hiroshima Kankō; Hiroshima Tourismus) suchen, aber bei ewiglangen Auflistungen geht mir nicht nur schnell die Puste aus, ich muss auch oft ziemlich filtern. Trotzdem landet einiges davon auf meiner Liste.

Ich war diesmal außerdem der Albtraum eines jeden Buchladenbesitzers* und besuchte einen der größten Buchläden Tokyos, Maruzen in der Nähe des Bahnhofs Tokyo. Dort nahm ich mir fünf Reiseführer und Reisemagazine und schaute sie durch. Interessante Dinge tippte ich ins Handy. Ich weiß, voll gemein.

Insgesamt sind in Japan die Magazine übrigens beliebter**, auch wenn es inzwischen immer mehr Bücher gibt. Die Magazine (るるぶ Rurubu oder まっぷる Mappuru) werden ständig neu herausgebracht, und enthalten somit die aktuellsten Informationen. Das ist in sofern wichtig, dass in japanischen Reiseführern ein riesiger Teil dem Essen und dem Shoppen gewidmet ist. Außerdem sind diese Reiseführer unglaublich reich bebildert. Vor allem der blaue Reiseführer (aus der Reihe マニマニ Manimani) war wirklich sehr schön aufgemacht, den habe ich dann auch gekauft. Ein dröger Lonely Planet würde den durchschnittlichen reisenden Japaner möglicherweise in eine Existenzkrise stürzen. 😉

* Es tut mir leid. Aber normalerweise lasse ich dort viel Geld. Wirklich!

** Ich sehe sie beim Reisen viel öfter.

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Für Unterwegs

Mit all den Informationen erstelle ich uns dann mit Google My Maps eine Reisekarte. Auf dieser Karte ist bewusst viel mehr, als wir uns ansehen können. Zwar ist es auch schön, planlos durch eine Stadt zu laufen, aber wenn wir zwischendurch plötzlich viel Zeit haben sollten, möchte ich nicht erst das Internet durchforsten müssen um eine Sehenswürdigkeit in der Nähe auszumachen.

Unsere (japanische) My Map findet ihr hier. 🙂

Die Karte ist in diesem Fall farbkodiert: Blau ist Hiroshima, Rot ist Kure und Gelb ist Onomichi (尾道). Die grünen Punkte sind in der Gruppe „andere“. Dieser Schritt ist aber eigentlich für unterwegs nicht nötig, sondern sieht einfach am PC schöner aus. 🙂 Ansonsten versuche ich mich bei den Symbolen zurückzunehmen, was aber nicht immer ganz klappt. Die Swastikas stehen übrigens für buddhistische Tempel. Das Kamera-Zeichen steht für allgemeine Sehenswürdigkeiten.

Ihr seht, wir gehören eindeutig zu den Leuten, die ihre Urlaube ziemlich durchplanen. Das ist so, weil wir normalerweise nicht lange Urlaub haben. Diesmal sind es lediglich drei Tage, und in der Zeit möchte ich so viel wie möglich sehen. Nicht auf biegen und brechen, wir lassen tatsächlich viel absichtlich aus, aber Entspannungsurlaub machen wir woanders. 😀

Wie bereitet ihr euch auf Reisen vor? Oder lasst ihr das ganz sein und seid komplett spontan?

Der Narita-Tempel.

Am selben Tag, an dem ich mit Tessa von Wanderweib die Burg von Chiba besuchte, fuhren wir auch nach Narita (成田). Narita ist den meisten Japanreisenden sicher ein Begriff, denn der große internationale Flughafen im Großraum Tokyo befindet sich dort.

Obwohl ich inzwischen sicher über zehn Mal über den Flughafen Narita geflogen bin, hatte ich es noch nicht geschafft, mir die Stadt Narita anzusehen. Eine große Attraktion gibt es dort, und zwar den Narita-san Shinshō-Tempel (成田山新勝寺).

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Im Volksmund wird er einfach nur Narita-san genannt, und ist landesweit die zweitbeliebteste Pilgerstätte für Hatsumōde (初詣), den ersten Schrein- oder Tempelbesuch im Jahr. Der beliebteste ist der Meiji-Jingū (明治神宮) in Harajuku.

Vom Bahnhof Narita aus führt eine von Läden gesäumte Straße bis zum Tempel. Die Geschäfte dort sind zwar nur bis 17 Uhr geöffnet, aber der Besuch lohnt sich. Neben Souvenirs gibt es auch viel Essbares. Besonders beliebt ist dabei Aal. Der gilt in Japan zwar als absolute Delikatesse, aber weder Tessa noch ich stehen besonders drauf, weswegen wir darauf verzichteten.

Nach etwa 15 Minuten zu Fuß erwartete uns eine überraschend große Anlage. Auf der Karte des Tempels kann man die Größe ganz gut erahnen. Wenn man sich dort alles ansehen will, muss man relativ viel laufen. Und Treppen erklimmen. Oben, vor der großen Haupthalle (大本堂) angekommen sahen wir erstaunlich wenige Besucher. Wahrscheinlich verirren sich nicht allzu viele Leute an einem leicht verregneten Dienstagnachmittag nach Narita, egal wie voll es zu Neujahr ist.

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Aber warum ist dieser Tempel überhaupt so beliebt? Weil angeblich mit Hilfe des Gottes, der dort lebt, vor über 1000 Jahren ein Aufstand niedergeschlagen wurde. Im 17. Jahrhundert wurde dann die Hauptstadt Japans nach Edo (江戸), heute Tokyo verlegt, und so ein Schutztempel in der Nähe ist da schon nicht unpraktisch. 😉 Später stellte dann ein berühmter Kabuki-Schauspieler den Gott des Schreins, Fudō- Myō’ō (不動明王) dar, was noch mehr Leute zu ihm kommen ließ.

Heute ist der Tempel recht modern und für Leute, die keine Treppen hochsteigen können, gibt es Aufzüge. Auch sonst ist der Tempel tasächlich zu großen Teilen barrierefrei, was ich sonst eher nicht erlebe. Zwischen den einzelnen Gebäuden ist auch genug Platz, so dass man wahrscheinlich auch wenn der Tempel voller ist nicht ständig mit jemandem zusammenstößt.

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Wenn man noch ein weniger weiter den Berg hochkraxelt findet man übrigens auch einen Schrein, und zwar den Shusse-Kaiun-Inari-Schrein (出世開運稲荷神社). Ganz typisch für solche Schreine hat der rote Schreintore oder Torii (鳥居) und Fuchsstatuen – etwas untypisch ist das Wellplastikdach. Muss man sich nicht wirklich ansehen. Da gibt es in Tokyo schönere Inari-Schreine, z.B. den Nezu-Schrein (根津神社) in Tokyo.

Narita-Tempel kann man machen, vor allem, wenn man sowieso in der Nähe ist. Das Gelände ist groß genug, als dass man sich nicht ständig eingeengt fühlt. Ich muss aber auch zugeben, dass er mich abgesehen von der schieren Größe nicht besonders beeindruckt hat.

Das Wort zum Mittwoch: 逆輸入.

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Wie ihr vielleicht merkt, bin ich derzeit ziemlich in die Filme von Ghibli vernarrt. Ende Juli waren wir in der Roppongi Hills-Ausstellung, dann kaufte ich meinem Mann ein Schweinchen, nächsten Monat gehen wir zum Museum in Mitaka (三鷹)… Tatsächlich hatten wir aber keine einzige Ghibli-DVD zuhause.

Das Problem war, dass die DVDs in Japan unglaublich teuer sind. Unter 3,500¥ (ca. 31€) geht da selbst bei Amazon nichts – und wir wollten ja nicht nur einen Film kaufen. Was tut man also?

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逆 (gyaku) bedeutet „umgekehrt“, „falschherum“ und „rückwärts“; 輸入 (yunyū) ist „Import“. 逆輸入 (gyaku-yunyū) ist also „Rückwärtsimport“ und bezeichnet, wenn man etwas, was aus dem eigenen Land stammt, aus einem anderen Land importiert. Also wenn man z.B. Ghibli-DVDs, ursprünglich aus Japan, beim deutschen Amazon kauft und nach Japan schicken lässt. 😉

Beim deutschen Amazon kostet eine DVD ca. 7,50€*, wir können also für den Preis einer japanischen DVD vier deutsche kaufen. Da ich noch einen 20€-Gutschein hatte, haben wir gleich sechs gekauft.

* Bei Sendungen ins nicht-europäische Ausland zahlt man keine Mehrwertsteuer.

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Ansonsten sieht man das Wort relativ häufig, wenn Leute Autos japanischer Hersteller, die nur im Ausland verkauft werden, nach Japan einführen. Oder wenn im Ausland bekannte und arbeitende japanische Schauspieler auch in Japan bekannter werden.

Habt ihr schon einmal etwas Deutsches aus dem Ausland bestellt? Und wenn ja warum?

Filmzeit: Die Maiko ist eine Lady.

Den Trailer für 舞妓はレディ (Maiko ha Redi; Die Maiko ist eine Lady) sah ich vor längerer Zeit im Kino. Seitdem war klar, dass ich den Film sehen wollen würde – sobald er auf DVD erscheint. Kino in Japan ist teuer (fast 16€ pro Ticket), ich muss einen Film also entweder so bald wie möglich oder auf der großen Leinwand sehen wollen um mich dorthin zu bequemen. 😉 Letztens habe ich es dann endlich geschafft, meinen ersten japanischen Musical-Film zu sehen.

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©東宝

舞妓はレディ Maiko ha Redi (2014) (Trailer)

Regisseur: Suo Masayuki

Darsteller: Kamishiraishi Mone, Hasegawa Hiroki, Fuji Sumiko

Haruko kommt nach Kyoto, um Maiko* zu werden. Das Problem: Sie ist bilingual, in zwei schwer verständlichen Dialekten. Von ihrem Großvater hat sie Tsugaru-ben (津軽弁) gelernt, von ihrer Großmutter Kagoshima-ben (鹿児島弁) (Hier ein Eintrag über Dialekte). Die Maiko in Kyoto müssen aber Kyōkotoba (京言葉), den Dialekt Kyotos, beherrschen. Ein Sprachwissenschaftler schließt eine Wette ab, dass er Haruko den Dialekt in kurzer Zeit beibringen kann.

* Eine Maiko (舞妓) ist eine sich in der Ausbildung befindende Geiko (芸子). Geiko wird im Westen Japans anstelle von Geisha (芸者) verwendet.

Persönliche Meinung: Ich brauchte die Untertitel wirklich, ich spreche nämlich nur Standardjapanisch. 😉 Dafür mag ich Dialekte wirklich gern, und allein deswegen machte der Film schon einmal viel Spaß. Er ist kein großes Kino, man merkt, dass er in Studios gedreht wurde. Oft sind die Sets arg steril und man hat einfach nicht das Gefühl, dass irgendetwas echt ist. Hätte man das als Stilmittel genutzt, es ist schließlich ein Musical, hätte ich damit kein Problem gehabt. Aber dafür wirkt es oft als hätte man versucht es lebendiger zu machen.

Die Lieder waren putzig, auch wenn ich mich nur einige Tage später nicht an ein einiges wirklich erinnern kann.

Natürlich weiß jeder, wie die Geschichte ausgeht, aber für einen kleinen seichten Film zwischendurch ist es wirklich nett! Wenn man nicht viel über Geiko weiß, lernt man sogar noch etwas. 😉
Jetzt würde ich doch noch einmal gern nach Kyoto fahren…

Burgbesuch in Chiba.

Am Dienstag war ich mit Tessa von Wanderweib in Chiba unterwegs. Während viele Touristen in ihrem Japanurlaub von Chiba wenn dann nur den Flughafen und vielleicht noch das Chiba Tokyo Disneyland sehen, wollten wir uns ein wenig woanders umschauen.

Die Burg Chiba (千葉城) steht etwa sieben Minuten Busfahrt und einen kurzen Fußweg vom Bahnhof Chiba entfernt. In ihr befindet sich das städtische Volkskundemuseum Chibas (千葉市立郷土博物館), welches wir komplett kostenlos besuchen konnten. Auf vier Stockwerken kann man etwas über Chiba lernen, mit einer wechselnden Ausstellung in der zweiten Etage.

Vom fünften Stockwerk aus kann man über die Stadt blicken. 🙂

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Wenn man solche historische Burgen sieht, fühlt man sich der Geschichte immer ein wenig näher. Im Falle dieser Burg hier ist diese Geschichte jedoch um einiges kürzer, als man annehmen könnte: Sie wurde im Jahr 1967 erbaut.

Zwar gab es eventuell tatsächlich eine Chiba-Burg, doch diese wurde wenn überhaupt, dann im Mittelalter von Chiba Tsunetane (千葉常胤) erbaut – an einem anderen Standort. Eine Statue mit Chibas Antlitz steht vor der Burg. Er war ein Shōgun (将軍), ein General, der im zwölften Jahrhundert lebte und im 13. starb. Das Design des Gebäudes ist von gut 400 Jahren später und erinnert an die Burg Edo (江戸城) im heutigen Tokyo. Das passt also nicht so ganz zusammen. Für die Bauern- und Fischerstadt Chiba bestand einfach keine Notwendigkeit, eine echte Burg zu erbauen.

Zur Identitätsstiftung ist so eine Burg aber natürlich total gut. Wenn man so etwas in der Stadt herumstehen hat, war man mal jemand. Nur doof, wenn man sich das selbst vorspiegeln muss.

So viel also zur Authentizität Japans. 😉 Aber vielleicht erfährt man durch diese Geschichte auch ganz andere spannende Dinge über Japaner und vor allem die Bewohner Chibas.

Habt ihr beim Reisen schon einmal eine solche Überraschung erlebt?