Gleicher Name – andere Kanji.

name kanji

In Deutschland haben wir Maier, Meyer, Meier und Schulz, Schultz und Bäcker, Becker. In Japan ist die Schreibweise der meisten Worte sofort klar*, zumindest wenn es um die Silbenschriften (Hiragana und Katakana) geht. Dummerweise haben wir aber auch Kanji.

* Das bekannteste Gegenbeispiel ist wahrscheinlich 雰囲気 (ふんいき fun’iki; Atmosphäre), was ふいんき (fuinki) gesprochen wird.

Es gibt für viele Namen eine oft verwendete Schreibweise: Suzuki ist 鈴木 (Glockenbaum), Nakamura ist 中村 (Mitteldorf), Ôtani ist 大谷 (Großtal). Wenn jemand diese Namen hört, wird er zuerst davon ausgehen, dass sie in der üblichen Schreibweise geschrieben werden. Allerdings gibt gleich zwei Gründe, warum das eventuell nicht hinhaut:

Alte Kanji

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde eine Liste mit „Kanji für den allgemeinen Gebrauch“ (当用漢字 Tôyo-Kanji) erstellt. In diesem Zuge wurden einige Kanji vereinfacht – allerdings nicht immer auch in Namen.

In einer anderen Abteilung arbeitet eine Frau Okuni (Kleinland). Nach jetziger Schreibweise wäre das 小国 – sie schreibt sich aber 小國, mit dem alten Kanji.

Mit mir direkt zusammen arbeitet Herr Watanabe. Watanabe wird allgemein 渡辺 geschrieben, er schreibt sich aber 渡邉. Dummerweise gibt es für das kompliziertere Kanji keine billigen Namensstempel (シャチハタ shachihata) überall zu kaufen – er benutzt einfach einen mit 渡辺. Das ist als würde Herr Meier mit Mayer unterschreiben. 😉

Übrigens wurden zwar auch in China die Schriftzeichen vereinfacht, aber oft anders oder andere Schriftzeichen. Während in China aus wurde, wird es in Japan 経 geschrieben.

Homophone

Die meisten Kanji haben verschiedene Lesungen, und für viele Lesungen gibt es die verschiedensten Kanji. Wenn der Name in diesem Fall von der „Norm“ abweicht, ändern sich nicht nur die Kanji selbst, sondern auch die Bedeutung des Namens.

„Hasegawa“ ist für gewöhnlich 長谷川 (Lang-Tal-Fluss) – und selten 沙魚川 (Sand-Fisch-Fluss).

荒川 und 新川 werden beide „Arakawa“ gelesen, aber ersteres ist „rauher Fluss“ und letzteres „neuer Fluss“.

Wir haben auch so einen Namen, aber unserer taucht für gewöhnlich nicht einmal in der Kanji-Liste auf, wenn man ihn eintippt.

Apropos „eintippen“: Wenn man mit verschiedenen Leute mit demselben Nachnamen aber verschiedenen Schreibweisen zu tun hat, muss man immer etwas aufpassen. Der Computer merkt sich, was man öfter oder zuletzt verwendet hat, und wandelt zuerst dahin um. Kann halt keine Gedanken lesen. 😉

Projekt Haus: Bad und Küche.

bad und kueche

Am Sonntag Morgen fuhren mein Mann, meine Schwiegereltern und ich nach 新宿 (Shinjuku), um uns Küchen, Bäder und natürlich Toiletten bei TOTO anzusehen. Nicht so aus Spaß, sondern um auszusuchen, was wir dann später wirklich in unserem Haus haben werden.

Nun hätten wir natürlich alle gern sehr opulente Einrichtung, aber irgendwie sind Küchen, Bäder und sogar Toiletten super super teuer. Da unser Kostenvoranschlag eh über dem, was wir uns leisten können, lag, muss kräftig gespart werden. Das heißt natürlich nicht, dass wir nur das günstigste nehmen, wir wollen uns ja nicht ewig ärgern, aber einiger Schnickschnack muss wegfallen. Für mich ist das kein Problem, meine Schwiegermutter hatte aber etwas damit zu kämpfen.

„Aber schau, das wäre doch so toll!“

Meine Schwiegermutter braucht nämlich jeglichen Schnickschnack erstmal ganz dringend. Wir bezahlen den Spaß übrigens*… Zum Glück hat mein Schwiegervater sie immer wieder zurück auf den Boden der Tatsachen gebracht. Niemand braucht einen ausfahrbaren Küchenschrank.

* Die Schwiegereltern zahlen das Grundstück.

bad

Letztendlich wird es ziemlicher Standard: Ein ganz normales japanisches Bad**, mit einer ganz normalen Badewanne. Eine ganz normale Toilette ohne 50 Zusatzfunktionen, dafür aber mit einem beheizbaren Sitz – meinem Mann ist das irgendwie wichtig.

** Aber ein recht großes, für japanische Verhältnisse! 1坪 (1 Tsubo, 3.3m²)!

Was ich ganz süß fand war das Modell, dass man sich von seinem Bad zusammenstecken konnte. Wand- und Bodenfarben kann man sich so zusammenstellen, und bekommt eine ungefähre Vorstellung davon, wie das aussehen wird. 🙂

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Wir wurden von einer sehr freundlichen Dame herumgelotst, die uns tatsächlich bei vielen Dingen auch gesagt hat, dass man es nicht unbedingt braucht. Fand ich sehr angenehm, dass sie nicht versucht hat uns teurere Dinge schmackhaft zu machen. 🙂 Bei vielen Dingen hat sie uns auch ganz konkret gesagt, wo man am effektivsten Geld sparen kann.

So langsam nimmt das alles mehr und mehr Form an. Es ist natürlich spannend, aber auch ziemlich anstrengend. Ich bin nach Treffen um irgendetwas zu entscheiden immer ganz ausgelaugt… In fünf Monaten soll es übrigens losgehen. 🙂 Bis dahin ist noch viel auszusuchen.

Mal ganz im Ernst, würdet ihr euch eine Toilette mit beheiztem Sitz anschaffen? Ich verstehe nämlich nicht ganz genau, warum mein Mann das unbedingt braucht.

Und worauf habt ihr bei der Küchen- und Badwahl geachtet?

„Ich will unbedingt nach Japan ziehen…

einzeilig

… wie schaffe ich das?“

Das ist eine Frage, die im Internet unglaublich oft gestellt wird, vor allem von sehr jungen Menschen.

Überraschung: Ich bin auch mal ausgewandert. 😉 Außerdem habe ich in meinen inzwischen insgesamt sechs Jahren in Japan viele andere Auswanderer getroffen. Ich könnte im deutschen Nachmittagsfernsehen als Auswanderer-Coach arbeiten. 😉 Hier ein paar Dinge, die ich jedem raten würde.

Lernt Japan vorher kennen!

Für immer in ein anderes Land zu ziehen bedeutet viel Vorbereitung, ihr wollt schließlich nicht wie bei Goodbye Deutschland enden. Das erfordert viel Energie. Auswandern ist nicht für Faule. Außer ihr heiratet einen Japaner. 😉

Kommt deswegen erst mal her, bevor ihr euer ganzes Leben auf den Kopf stellt. Schaut euch an, wie Japan wirklich ist. Ich mag Japan und komme mit dem Leben hier wunderbar zurecht, aber das gilt längst nicht für alle. Leider trifft man auch immer mal auf Leute, die voller Erwartungen ins Land gekommen sind und inzwischen der Meinung sind, Japan sei an allem Übel in ihrem Leben schuld.

Aber ich weiß doch, dass es mir gefallen wird!

Japan ist nicht so, wie es in den Medien gezeigt wird. Nicht jeder in Japan liebt Manga und Anime, nicht jeder trägt abgedrehte Mode, nicht alles ist immer voll かわいい (kawaii; süß). Jedes Land hat schlechte Seiten, dieses hier auch. Selbst in Tokyo gibt es nur etwa 2,5% Ausländer – und zu denen gehört ihr dann auch. Außerdem, solltet ihr vorhaben für immer in Japan zu leben, werdet ihr immer 8900km von eurer Familie in Deutschland entfernt sein.

Das sind Dinge, von denen man vorher nicht wissen kann, wie sie sich anfühlen oder wie man damit klar kommt, und Prioritäten verschieben sich auch gern noch einmal. Deswegen würde ich wirklich jedem nahelegen, entweder ein Working Holiday zu machen, oder über die Uni ein Semester an einer japanischen Partneruni zu studieren*, oder für die Sprachschule nach Japan zu kommen. Dann wisst ihr, woran ihr hier seid, und habt gleichzeitig für zukünftige Übersiedlungspläne wertvolle Erfahrungen gesammelt.

* Das geht durchaus auch, wenn ihr nicht Japanologie studiert.

Ich habe einige Bekannte, die Japan zwar lieben und gern für einen Urlaub herkommen – aber hier leben? Nein danke.

Wenn ihr den großen Schritt wirklich wagen wollt…

Schaut euch die verschiedenen Visa-Typen an. Man kann nicht einfach nach Japan hineinschneien und anfangen zu arbeiten. Ihr braucht Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, sonst ist das illegal. Wenn so etwas auffliegt verhängt Japan auch gern mal Einreisesperren. Das schlauste wäre es, sich in Deutschland einen Job bei einer Firma zu angeln, die Niederlassungen in Japan hat. Oder bei der deutschen Niederlassung einer japanischen Firma. 😉 Dann besorgt euch die Firma das Visum.

Es gibt natürlich auch Arbeit für Deutsche in Japan, aber für Firmen ist es ein ziemlicher Aufwand jemandem ein Visum zu besorgen – da muss auf Arbeitgeberseite genug Motivation da sein. Generell ist es immer besser ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung zu haben.

Man kann natürlich auch in Japan studieren oder auf eine 専門学校 (Senmon-gakkô; berufsvorbereitende Schule) gehen und dann danach nach einem Job hier suchen. Die meisten Studiengänge in Japan sind allerdings nicht auf Englisch, sondern komplett auf Japanisch. Dafür sollte man schon seinen JLPT N2 in der Tasche haben.

Generell kommt man in Japan zwar auch ohne Sprachkenntnisse irgendwie klar, aber die Leute in Geschäften oder auf Ämtern verstehen oft kaum Englisch. Man kommuniziert also entweder mit Händen und Füßen, oder beißt in den sauren Apfel und lernt Japanisch.

(Oder ihr heiratet…)

Japan ist nicht die Rettung

Stellt keine zu großen Erwartungen. Es wird nicht alles besser, sobald ihr in Japan ankommt. Nach tatsächlich recht kurzer Zeit ist Japan nicht mehr besonders, sondern „nur noch“ normal. Die Euphorie, die man am Anfang hatte, verblasst. Wenn man dann keinen Plan hat, wie es in diesem normalen Japan weitergehen soll, kann man sich schon mal die Frage stellen, ob es das nun wirklich wert war.

Für mich war es das, ich lebe gerne hier. Leider habe ich Jahre gebraucht, um überhaupt anzufangen zu überlegen, was ich mit meinem Leben hier machen will. Und selbst obwohl ich inzwischen recht fließend Japanisch spreche, gibt es Dinge, in denen ich mir nicht sicher bin und mit denen ich Hilfe brauche. Das würde mir in meiner Muttersprache nicht passieren. Manchmal komme ich auch in doofe Situationen, weil meine Denke doch teils recht Deutsch ist. Ein Hoch auf den Ausländerbonus. 😉

Ich weiß, dass hier einige Auswanderer mitlesen, ob sie nun nach Japan oder in ein anderes Land gegangen sind: Was würdet ihr Leuten raten, die auswandern wollen?

Und für die Leute, die nach Japan ziehen wollen: Warum? 🙂 Das interessiert mich persönlich sehr, weil ich nach meinem Working Holiday eigentlich nicht unbedingt nach Japan wollte – sondern zu meinem Mann.

Moderne Märchen.

Zwar schreibe ich manchmal über die Arbeit, aber bei mir herrschen großteils zumindest für japanische Verhältnisse paradiesische Zustände. Wenige Überstunden, Gleitzeit, kurz mal um den Kaisergarten laufen, Feuerwerk angucken, Mitarbeiterrabatt abstauben. 😉 Mein Mann ist auch in den öffentlichen Dienst geflüchtet.

Aber in Japan zu Arbeiten ist oft kein Zuckerschlecken. Die folgenden Abwandlungen bekannter Märchen sind alle mit dem Hashtag #社畜童話 (Shachiku Dôwa; Firmensklavenmärchen) auf Twitter veröffentlicht worden. Klingt nach Happy End, oder?

「おばあちゃんのお仕事はどうしてそんなに多いの?」

「それはね、人手が足りないからよ」

「おばあちゃんの帰りはどうしてそんなに遅いの?」

「それはね、当日中の至急案件が多いからよ」

「おばあちゃん、そのつらそうなお仕事本当に好きなの?」

「殴るぞ」

„Großmutter, warum hast du so viel zu tun?“
„Mein Kind, das ist weil wir nicht genug Leute für die ganze Arbeit haben.“
„Gromutter, warum kommst du immer so spät nach Hause?“
„Mein Kind, das ist weil wir viele Arbeiten an dem Tag, an dem sie aufgegeben wurden sofort erledigen müssen.“
„Großmutter, magst du denn diese anstrengende Arbeit?“
„… Ich schlag dich gleich.“

 

王子様は、死んだ白雪姫が収められている棺を見つけ、中にいる白雪姫の耳元で、こう呟きました。
「納期、明日だぞ」
白雪姫が突然目を開けました。それを見た王子様は、こう続けました。
「あ、それと、死んでいた間の給料は出ないからね」
それを聞いた白雪姫はマジで死にました。

Der Prinz sah das tote Schneewittchen in ihrem Sarg liegen, und flüsterte in ihr Ohr: „Morgen ist Abgabetermin.“ Daraufhin öffnete Schneewittchen plötzlich ihre Augen. Als der Prinz das sah, fuhr er fort: „Ach so, und die Zeit die du hier tot warst, bekommst du nicht bezahlt.“ Als Schneewittchen das hörte, starb sie wirklich.

 

兎は全力で駆け抜けました 動きの鈍い亀は遙か遠くに見えます すると、兎はゴール直前で上司に呼び止められ、追加の業務を渡されました デキるからと課された膨大な業務をこなす内、いつしか亀に追い抜かれ、亀は先に帰っていきましたとさ

Der Hase lief so schnell er konnte. Er sah die langsame Schildkröte in der Ferne. Kurz bevor er das Ziel erreichte, wurde er von seinem Vorgesetzten angehalten, und bekam zusätzliche Arbeit aufgebrummt. Während er den Stapel an Aufgaben abarbeitete, wurde er von der Schildkröte überholt, und die Schildkröte ging früher nach Hause.

 

シンデレラ「0時の鐘が、もう帰らないと終電が!」
王子様「待って、今仕様変更の連絡が」
シンデレラ「もう徹夜3日目なので帰ります!」
王子様「あ!」
王子様が拾ったものは『退職願』でした。

Cinderella: Die Uhr schlägt 12, ich muss nach Hause, die letzte Bahn fährt bald!
Prinz: Warte, ich habe gerade die Nachricht bekommen, dass wir hier noch etwas ändern müssen!
Cinderella: Ich habe die letzten drei Nächte durchgearbeitet, ich gehe nach Hause!
Prinz: Oh!
Was der Prinz aufhob war Cinderellas Kündigungsschreiben.

 

上司「0時になると魔法が解けてしまい、電車は止まり、暖房は消えて、元の冴えないおっさんに戻ってしまいます。0時までに仕事を仕上げるのですよ」

Der Vorgesetzte: „Der Zauber hält nur bis 12 Uhr, danach fährt die Bahn nicht mehr, die Klimaanlage wird ausgeschaltet, und ich verwandle mich wieder in einen verdrießlichen alten Mann. Wir müssen bis 12 Uhr mit der Arbeit fertig werden!“

Oder auch ganz simpel.

昔々、ある所に休日がありました。

Es war einmal eine Zeit, da gab es so etwas wie freie Tage.

Vielleicht doch eher Schauermärchen? 😉

Mehr findet ihr u.a. hier und hier.

Erdbebennachrichten.

einzeilig

Mein Blog ist kein Nachrichtenmagazin und ich werde vorerst nicht über die Erdbeben von letzter Woche schreiben.

Ich kann meine Gedanken zu den andauernden Erdbeben in 九州 (Kyûshû) nicht in klare, starke Worte fassen. Natürlich könnte ich euch mit Zahlen kommen: Über 400 Erdbeben, 200 000 Leute aus ihren Häusern geflohen, 42 Tote. Aber das sind Dinge, die ihr auch in den Nachrichten sehen und nachlesen könnt.

Ich könnte euch erzählen, wie es damals am 11. März 2011 war. Aber das ist fünf Jahre her, und wer auf eine Katastrophe mit „also als es mir genau so ging, …“ reagiert, hat ein Geltungsproblem. Fakt ist: Unser Haus ist nicht eingestürzt, wir mussten nicht evakuiert werden, keiner aus meiner Familie ist gestorben. Auch so war es kein Erlebnis, dass ich gern noch einmal hätte.

Möglicherweise könnte ich versuchen euch nachzuzeichnen, was in mir vorgeht, wenn ich mir den Videostream hier anschaue und plötzlich ein Warnsignal ertönt. Aber das will ich mir nicht antun. Eigentlich will ich mir nicht einmal den Videostream antun. Trotzdem läuft er zuhause im Hintergrund.

Die Wahrheit ist, wir haben nichts gemerkt. Die Erdbeben sind nicht bis Tokyo spürbar gewesen. Wir haben keine Familie oder Freunde in den betroffenen Gebieten. In Tokyo ist alles wie immer. Es ist mir nicht möglich, irgendetwas zu dem Thema beizutragen.

Ich hoffe, dass es endlich aufhört zu beben und bald wieder Normalität in Kyushu einkehrt. Wenn es soweit ist, besucht die Insel auf jeden Fall. Sie ist es so, so wert.

Wenn ihr spenden wollt, könnt ihr das u.a. hier tun.