Projekt Haus: Es geht weiter.

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Seit letztem Jahr planen wir ein Haus zu bauen. Hier einmal die Ausgangssituation: Meine Schwiegereltern haben ein über 20 Jahre altes Zweifamilienhaus auf einem, bis letztem Jahr, gepachteten Grundstück in unserer Nähe. Ursprünglich wohnten sie dort mit den Eltern meines Schwiegervaters*, doch vor inzwischen über vier Jahren verstarb auch der zweite Elternteil. Seitdem steht das Erdgeschoss großteils leer.

* Sich um die Eltern zu kümmern ist in Japan die Sache des ältesten Sohns (長男 Chônan), weswegen einige Frauen keine ältesten Söhne heiraten wollen. Ich wusste natürlich von nichts.

Eigentlich hatten wir geplant das Haus abzureißen und ein neues zu bauen. Nachdem wir mit verschiedenen Firmen geredet hatten, stellte sich aber heraus, dass wir es uns nicht leisten können würden. Meine Schwiegereltern hatten einen Kredit aufgenommen um das Land endlich zu kaufen, und mein Mann wechselt derzeit den Job, weswegen sein Kreditrahmen sehr viel kleiner ist als ursprünglich angenommen.

Wir bauen also nicht neu, sondern um.

Das Problem: Die Baufirma von vor über 20 Jahren hat weder die Konstruktionspläne aufbewahrt, noch damals die Änderungen am Haus richtig bei der Stadt angemeldet. Das heißt, dass wir die meisten Wände stehen lassen müssen, schließlich wollen wir das Haus nicht zusammenstürzen lassen, und dass unsere Anbaupläne unter 10m² bleiben müssen.

Im Moment hat das Haus eine コの字型 (Ko no ji-gata; Form wie das Zeichen コ (ko)). Aus Gründen hat man damals auf einer Seite des länglichen Hauses in der Mitte Platz gelassen – genug Platz um das Layout nervig zu gestalten und das Haus auszukühlen. Genug Platz für ein weiteres Zimmer. Wir werden also im Erdgeschoss dort ein weiteres Zimmer bauen lassen, und wenn es finanziell möglich ist im Obergeschoss darüber eine große Terasse. Terassen ohne Überdachung zählen nicht in als Wohnraum und gehen daher nicht von unseren 10m² ab.

Das heißt aber auch, dass wir ins Erdgeschoss ziehen werden, denn wir werden das zusätzliche Zimmer irgendwann brauchen.

Außerdem ist das Haus derzeit so konzipiert, dass beide Familien denselben Eingang nutzen. Das wurde damals von der Mutter meines Schwiegervaters durchgesetzt, eigentlich hätten meine Schwiegereltern es lieber getrent gehabt. Ein Glück, wir nämlich auch. Es wird also ein zweiter Eingang angelegt werden.

Mit all diesen Wunschvorstellungen – zusätzliches Zimmer, Räume größer und weniger verwinkelt, komplette Trennung der Eingänge, aber bitte alles im Rahmen von nur 10m² Anbau, und die meisten Wände müssen stehenbleiben – gingen wir zu einer recht kleinen Unterfirma von 東京ガス (Tokyo Gas), die Umbauten macht. Die Leute sind unglaublich nett, die Planung machen ein Mann und eine Frau im Tandem, und gestern haben sie uns einen Plan vorgelegt, der an Genie grenzt. 🙂

Es gibt natürlich noch einige Fine-Tuning-Punkte, vor allem bei den Schwiegereltern, die es zwar total toll finden, dass wir zu ihnen ziehen, aber Veränderungen etwas skeptisch gegenüberstehen.

Richtig losgehen soll es übrigens im Oktober, damit wir im Januar einziehen können. Im Februar steht in unserer Mietwohnung nämlich die Vertragserneuerung an, was in Japan alle zwei Jahre eine Monatsmiete extra kostet…

Wünscht uns Glück, dass das alles ohne größere Probleme klappt! 🙂

(Die Rechte an den Plänen liegen nicht bei uns, weswegen ich sie hier nicht klar einbinden kann. Wenn ich Zeit habe, zeichne ich euch das mal grob ab. 😉 )

Kyushu, Teil 4: Mehr Oita.

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An unserem vierten und letzten Tag auf 九州 (Kyûshû) mieteten wir ein Auto und fuhren nach 別府 (Beppu).

Beppu ist, wie auch die ganze Präfektur, für seine 温泉 (Onsen; heißen Quellen) bekannt. Wusstet ihr eigentlich, dass man mit jedem Onsenbesuch Steuern bezahlt? Die 入湯税 (Nyûtôzei; Heißes-Bad-Steuer) ist bei jedem Besuch einer natürlichen heißen Quelle zu entrichten und im Eintrittspreis enthalten. 🙂

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Zuerst fuhren wir in die Gegend um den Bahnhof Beppu, um den 竹瓦温泉 (Takegawara-Onsen) zu sehen. Der steht in seiner heutigen Form seit 1938 in Beppu und ist noch immer in Betrieb. Er wirkt weniger wie ein Onsen, und mehr wie ein 銭湯 (Sentô; Badehaus), aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich sonst immer nur etwas abgelegene Onsen besucht habe – und nicht welche im Rotlichtbezirk.

Das ist die Gegend um diesen Onsen nämlich auf jeden Fall. Prostitution ist zwar illegal, aber das stört in Japan niemanden. Und so befinden sich in unmittelbarer Nähe dieses alten und sehr schönen Onsens Bordelle, Stripclubs und was es sonst noch so gibt.

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Das Beppu, das touristisch stark vermarktet wird, befindet sich weiter im Norden: 鉄輪 (Kannawa) heißt die Gegend, und bekannt ist sie für den 別府地獄めぐり (Beppu-Jigoku-Meguri; Beppu-Höllenrundgang). Die Höllen sind Landschaften mit heißen Quellen, die dank eines Vulkanausbruchs vor etwa 1200 Jahren entstanden sind. Jede Hölle ist etwas anders, und ich würde den Besuch jedem ans Herz legen. 🙂

Wir stellten das Auto vor der 海地獄 (Umi-Jigoku; Meereshölle) ab, und kauften für 2100Yen (ca. 16,70€) pro Person ein Kombiticket für alle acht Höllen. Die ersten sechs erreicht man recht bequem zu Fuß.

Vor allem die kleineren Höllen haben oft etwas überflüssigerweise noch andere „Attraktionen“, die der deutschen Vorstellung von adäquater Tierhaltung nicht ganz entsprechen. Alligatoren in winzigen Käfigen, ein Nilpferd in einem winzigen Käfig, Tropenfische in einem winzigen Aquarium… Ich hätte es schöner gefunden, hätten sie das sein gelassen.

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Auf unserem Weg zum Auto um die letzten zwei Höllen zu besuchen, wurde ich plötzlich angesprochen – von einer Blogleserin. In Oita. Da bin ich das ganze Jahr über im vor Touristen nur so überquellenden Tokyo, und treffe aber das erste Mal im weit entfernten Kyushu auf eine Leserin. 😀 Es hat mich auf jeden Fall sehr gefreut.

Nachdem wir wirklich alle Höllen gesehen hatten, ging es mit dem Auto nach 中津 (Nagatsu) um die 中津城 (Nakatsu-jô; Nakatsu-Burg) zu besichtigen.

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Erbaut wurde sie unter 黒田 官兵衛 (Kuroda Kanbê), einem kurzzeitlich christlichen Feudalherren, Ende des 16. Jahrhunderts. Während es auf Fotos aus dem richtigen Winkel recht eindrucksvoll aussieht, ist es eigentlich ziemlich klein. Wir waren ein wenig verwundert. Allein dafür lohnt sich die weite Anfahrt nämlich wirklich nicht.

Vielleicht wäre ich interessierter gewesen, wenn ich irgendetwas über Kuroda Kanbê wüsste. Doch auch nach einem Besuch des kleinen kostenlosen Museums neben der Burg, blieb mir nur sein Helm (japanischer Link) in Erinnerung – der sieht nämlich aus wie eine umgedrehte Schüssel. Vielleicht, damit er auch auf dem Schlachtfeld immer Geschirr dabei haben würde? 😉

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Weil wir auf Reisen immer Glück mit dem Wetter haben, fing es an zu regnen. Bevor wir aber in einer heißen Quelle unsere Körper aufwärmen konnten, wollten wir noch eine Sache sehen: Den 熊野磨崖仏 (Kumano-Magaibutsu; Kumano-Steinbuddha). Manchem aufmerksamen Leser werden bei „Kumano“ vielleicht die Ohren klingeln. Wir waren erst kürzlich in Kumano, an der alten Pilgerroute die zu den 熊野総本社 (Kumano-Sôhonsha; Kumano-Hauptschreinen) führt. Eben solch ein Kumano-Schrein steht auch auf diesem Berg in Oita. 🙂

Zu sehen sind 不動明王 (Fudômyôô; Acala) und 大日如来 (Dainichinyorai; Vairocana), beide vor über 800 Jahren im 12. Jahrhundert in den Stein gemeißelt. Und der Ort ist nicht leicht zu erreichen! Nur über eine super steile Treppe, die der Legende nach ein Dämon in einer Nacht aus Steinen aufgeschichtet hat, gelangt man dorthin. Vor allem im Regen war das doch etwas gefährlicher als geplant. 😉

Nach einem wohlverdienten Zwischenstopp in einem Onsen gaben wir das Auto wieder ab und warteten am Flughafen auf unser Flugzeug nach Tokyo. Und warteten. Und warteten. Wie immer verspätete der Rückflug sich um etwa eine Stunde, weswegen wir erst um Mitternacht in unsere Betten fallen konnten.

Das war Kyushu. Wart ihr schon einmal dort? Habt ihr noch etwas ganz anderes als wir gesehen? Würdet ihr gern hinfahren? 🙂

Kyushu, Teil 3: Oita.

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大分県 (Ôita-ken; Die Präfektur Oita) war der Hauptgrund für unsere Reise. Mein Mann war vorher noch nie dort gewesen, und wir hatten nur gutes gehört. 🙂 Besonders gefreut hatten wir uns auf die Fahrt nach Oita, mit dem ゆふいんの森 (Yufuin no Mori; Wald von Yufuin), einer Schnellbahn, die 博多 (Hakata) in 福岡県 (Fukuoka-ken; der Präfektur Fukuoka) mit 由布院 (Yufuin)* in der Präfektur Oita verbindet. Sie fährt nur dreimal am Tag, und für alle Plätze braucht man Sitzplatztickets.

* Es gibt auch die Schreibweise 湯布院 (Yufuin). Es hängt wohl eigentlich davon ab, wie viel von Yufuin inbegriffen ist. Viele haben aber das Gefühl, dass 湯布院 eher gebraucht wird, wenn es um Tourismus geht – 湯 (Yu) heißt „heißes Wasser“, und Yufuin ist für seine heißen Quellen bekannt.

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Die Bahn selbst ist mit viel Liebe zum Detail und mit viel Holz gestaltet. Bei Google Street View kann man die Bahn sogar virtuell besichtigen. Es ist eine Bahn für Touristen, und interessante Orte, an denen die Bahn vorbeifährt, werden vorher angekündigt.

Oft heißt Fernbahnfahren in Japan vor allem „durch Tunnel fahren“, doch Tunnel sind auf dieser Strecke eher spärlich und man kann sich an der Landschaft erfreuen – und die ist wirklich, wirklich schön. Klare Flüsse, hohe Berge, sattes Grün – was will man mehr?* Wir hatten der Zugbegleiterin erzählt, dass wir für unseren fünften Hochzeitstag in Kyushu unterwegs waren, und bekamen, in Yufuin angekommen, eine spezialle Karte in die Hand gedrückt:

Wir möchten uns herzlich dafür bedanken, dass Sie an so einem wichtigen Tag mit dem Yufuin no Mori gefahren sind. Wir hoffen, dass sie eine schöne Zeit in Oita verbringen.

Aww. 🙂

* Aus der Reihe „Dinge, die ich erst nach meinen Teenagerjahren schätzen gelernt habe“.

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Yufuin ist ein kleiner Ort mit 温泉 (Onsen; heißen Quellen). Bei Touristen ist er sehr beliebt, und auch im asiatischen Ausland bekannt. Unser Problem: Wir waren um 16:40 am Bahnhof angekommen, und die meisten Läden in Yufuin schließen um fünf. Außerdem war es noch immer super kalt.

Dass Yufuin ein Touristenmagnet ist, merkt man vor allem an den Läden: Spezialläden für Honig neben Marmelade-Manufakturen, neben Hello Kitty- und One Piece-Läden. Etwas für die japanischen, und etwas für die ausländischen Touristen.

Der Ort ist sicher schön, wenn das Wetter besser mitspielt und man früher ankommt. Wir stiegen nach nur anderthalb Stunden in die Bahn zur Stadt Oita.

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Dort angekommen, aßen wir in einem spottgünstigen 居酒屋 (Izakaya) Spezialitäten aus Oita, im Foto z.B. とり天 (Toriten; Hühnchen-Tempura). Alkohol gab es nur für mich, mein Mann wollte nicht wieder mit einem Kater aufwachen. 😉

Am nächsten Tag musste er nämlich für den letzten Teil unserer Reise autofahren. 🙂 Wie das war, seht ihr im nächsten Eintrag!

Kyushu, Teil 2: Fukuoka.

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福岡 (Fukuoka) ist die größte Stadt auf 九州 (Kyûshû). Man hört immer mal in den Nachrichten von der Stadt, aber ich hatte bisher nicht wirklich eine Ahnung, was man sich in Fukuoka touristisch ansehen kann – aus gutem Grund: Im Vergleich zu den umliegenden Gebieten gibt es echt wenig zu sehen, und noch weniger, das uns wirklich ansprechen würde.* Die Stadt ist trotzdem wirklich schön. 天神 (Tenjin), eine Einkaufsgegend, ist klein, aber fein, und nicht halb so überrannt wie vergleichbare Orte in Tokyo.

* Es gibt zugegebenermaßen haufenweise Einkaufsmöglichkeiten – aber wir kommen aus Tokyo, uns haut ein großes Kaufhaus nicht vom Hocker. 😉

Zum Mittagessen gab es natürlich ラーメン (Râmen; Ramennudeln), aber nicht die berühmten 博多ラーメン (Hakata-Râmen) aus dem gleichnamigen Bezirk in Fukuoka, sondern 久留米ラーメン (Kurume-Râmen) – immernoch aus derselben Präfektur, aber vielleicht nicht die offensichtliche Wahl. 😉 Ich würde Kurume-Râmen trotzdem jedem empfehlen, die Suppe ist super leicht und lecker!

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Eindeutig: Wenn Fukuoka für etwas bekannt ist, dann für seine Esskultur. 屋台 (Yatai) sind japanische Imbissstände. Besonders beliebt waren sie nach dem zweiten Weltkrieg, doch nach und nach wurden sie verdrängt und heute findet man in Tokyo kaum noch welche.

In Fukuoka haben sich aber einige erhalten. Während es natürlich vor allem für die Touristen viele dieser Stände gibt, hatte uns mein Schwiegervater von diesen abgeraten und einen besseren Ort vorgeschlagen: Am 冷泉公園 (Reisen Kôen; Reisen-Park) stehen vier ständige Imbissstände, komplett mit Heizung. 🙂 Die meisten öffnen um 19 Uhr.

In dem Laden, in dem wir waren, war eigentlich Platz für zehn Leute. Letztendlich waren wir etwa 14, eng auf einem Haufen, aber es hat niemanden gestört. Im Gegenteil, wir unterhielten uns prächtig mit den anderen Gästen, mein Mann bestellte ein Getränk nach dem anderen, und wir hatten so viel Spaß, dass wir erst viel später als geplant zurück ins Hotel fuhren. Die Leute waren alle unglaublich offen, und ich kann mir in den meisten Lokalitäten in Tokyo um ehrlich zu sein nicht vorstellen, dass komplett Fremde miteinander quatschen – eine Einschätzung, die die Leute aus Fukuoka schockierte.

Am nächsten Tag hatte mein Mann natürlich einen gewaltigen Kater. Ich war allerdings vorbereitet, denn wenn mein Mann nämlich anfängt immer dasselbe in Dauerschleife zu erzählen, weiß ich, dass er zu viel getrunken hat. Nach dem fünften Mal „Eigentlich wollte ich ja in Kyushu arbeiten…“ war die Sache klar. 😉

Wir hatten zum Glück am nächsten Morgen viel Zeit. Vor unserer Weiterfahrt wollten wir uns nur noch eine Sehenswürdigkeit ansehen: Den 大宰府天満宮 (Dazaifu Tenmangû; Dazaifu-Schrein), außerhalb der Stadt Fukuoka.

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Vom 博多バスターミナル (Hakata Basu Tâminaru; Busbahnhof Hakata) fährt vor allem am Wochenende recht häufig ein Bus bis nach Dazaifu, eine einfache Fahrt kostet 600Yen (ca. 4,75€) und dauert 40 Minuten. Man kann auch mit der Bahn fahren, aber das ist nicht günstiger und man müsste mehrmals umsteigen.

Der Schrein, in dem 菅原 道真 (Sugawara no Michizane), der Gott des Lernens, verehrt wird, ist eigentlich für seine blühenden Pflaumenbäume bekannt, aber um die in voller Pracht zu sehen, waren wir etwas spät dran. Es gibt zwar auch einige Kirschbäume, aber für die waren wir wiederum zu früh. 😉

Die Schreinanlage selbst ist wunderschön, auf dem Weg vom Eingang bis zum Schrein selbst geht man über pittoreske kleine Brücken, und wenn es richtig blüht erstrahlt das ganze Gelände in Pink. 🙂 Wir sind trotzdem recht schnell wieder gegangen, aber das lag an den Menschenmassen. Der Andrang war enorm, vor allem von chinesischen Touristen.

Auf dem Weg zurück haben wir 梅枝餅 (Umegaemochi), gebratene Klebreisklöße mit Rote-Bohnen-Füllung gegessen – eine Spezialität der Umgebung des Schreins und das perfekte Essen für einen kalten Tag. 🙂 Und dann fuhren wir auch schon wieder zurück nach Hakata.

Wie ihr seht haben wir in 福岡県 (Fukuoka-ken; der Präfektur Fukuoka) nicht wirklich viel gesehen. Wären wir weiter raus gefahren, hätte es noch einige interessante Orte gegeben, aber dazu hatten wir weder genug Zeit noch Energie. Das Essen, die Leute und die Stadt Fukuoka selbst sind wirklich nett, aber touristisch ist woanders mehr los.

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Nach woanders ging es dann auch, mit dem ゆふいんの森 (Yufuin no Mori; Wald von Yufuin), einem Sonderzug nach 大分県 (Ôita-ken; Präfektur Oita). Warum sich die Zugfahrt absolut lohnt und was wir in Oita gemacht haben lest ihr im nächsten Eintrag! 😀

Kyushu, Teil 1½: Mehr Nagasaki.

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九州 (Kyûshû) war übrigens viel kälter, als wir angenommen hatten. Es lag scheinbar nicht einmal an unserer Wahrnehmung, ein Taxifahrer erzählte uns, dass eine Woche vor unserer Reise schon Kurzärmelwetter geherrscht hatte… Um uns nicht zu erkälten kauften wir tatsächlich Wärmepads (カイロ Kairo). Zum Glück kosten die im März selbst für eine recht große Packung nur um die 200Yen (ca. 1,60€).

Wir wollten den Abend nämlich weder im Hotel noch vor Kälte bibbernd verbringen. Stattdessen war der Plan die Stadt bei Nacht von oben zu sehen. Laut einer Umfrage unter japanischen 夜景鑑賞士 (Yakei-Kanshô-shi; Nachtlandschafts-Wertschätzungs-Meister?! Es gibt tatsächlich einen Test dafür…) aus dem Jahr 2012 ist Nagasaki bei Nacht nämlich unter den Top 3 Nachtlandschaften der Welt. Fragt nicht.

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Mit dem Bus ging es bis zur Seilbahnstation um zur 稲佐山公園展望台 (Inasayama-Kôen-Tenbôdai; Inasa-Berg-Park-Aussichtsplattform) zu gelangen. Tatsächlich muss man die Seilbahn übrigens nicht unbedingt nehmen, es geht auch mit dem Auto bis nach oben. Dauert nur wahrscheinlich etwas länger. Auf die Aussichtsplattform selbst kommt man kostenlos, Hin- und Rückfahrt mit der Seilbahn kosten pro Person 1,230Yen (ca. 9,75€).* Nicht gerade günstig, aber die Aussicht ist wunderschön. 🙂 Natürlich konnte weder mein Handy noch meine Kamera das so richtig festhalten, aber vielleicht ist ja doch etwas dran an diesen Nachtlandschatswertschätzungsmeistern – es war wirklich schön. 🙂

* Hier findet ihr einen Rabattcoupon. Einfach auf 印刷 (Insatsu; Drucken) drücken und vorzeigen. (大人 Otona; Erwachsener / 中人(中高生)Chûnin (Chûkôsei); Mittel- und Oberschüler (12-18) / 小児 Shôni; junges Kind)

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Am nächsten Morgen ging es an der 大浦天主堂 (Ôura-Tenshudô; Oura-Kirche) und einigen noch geschlossenen Läden vorbei zum グラバー園 (Gurabâ-en; Glover-Garten). Die Kirche gilt übrigens als älteste des Landes, und Nagasaki ist die Stadt mit der anteilig größten christlichen Gemeinde Japans. Schließlich war das sich ausbreitende Christentum einer der Gründe, warum Japan sich über 200 Jahre lang verbarrikadierte und niemanden ins Land ließ – und die ersten Ausländer, die das Christentum mitbrachten, Portugiesen, waren in Kyushu an Land gegangen.

Unser eigentliches Ziel, der Glover-Garten, ist ein – Überraschung – Garten mit einigen Häusern. Dort lebte unter anderem Thomas Glover, ein Schotte. Während er erst Teeeinkäufer war, half er später beim Sturz der Regierung, brachte die erste Dampflok nach Japan, eröffnette die erste Kohlenzeche, baute Schiffe für die kaiserliche Marine, legte den Grundstein für die Bierfirma Kirin, und rettete wahrscheinlich in seiner Freizeit Kätzchen von Bäumen.

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Das Haus Glovers und andere kann man für 610Yen (ca. 4,85€) besichtigen. Leider hat das Wetter nicht so ganz mitgespielt, aber schön war es trotzdem. Die Häuser sind wieder im westlichen Stil mit japanischen Dächern gebaut. Was uns vor allem aufgefallen ist, ist, wie hoch die Decken in diesen alten Häusern sind. Wie in Deutschland im Altbau. 😉 In einigen Häusern wird gezeigt, wie die Menschen damals lebten, in anderen gibt es Ausstellungen zu verschiedenen Themen.

Außerdem hat man vom Garten aus eine fantastische Aussicht auf den Hafen, auch Abends soll es sehr schön sein. Ihr braucht nicht einmal Angst davor haben, dass euch der Aufstieg auf den Berg zu sehr enstrengt – es gibt Rollsteige (Rolltreppen ohne Stufen). Sogar mit kitschiger Hintergrundmusik! 😀

Aber genug von Ausländern in Japan.

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坂本龍馬 (Sakamoto Ryôma) ist eine bei der japanischen Bevölkerung beliebte historische Figur, wahrscheinlich nicht zuletzt dank zahlreicher Fernsehserien über sein Leben. In eine rangniedere Samuraifamilie geboren, wollte er sein Land grundlegend verändern (Yes we can!). Er wollte Japan als eingeständiges, stolzes Land sehen, das auf Augenhöhe mit anderen Ländern verhandeln kann. Um das zu realisieren mussten verfeindete Lager zu Allianzen geformt und eine Marine aufgebaut werden – schließlich wollte man nicht weniger als die Regierung zu stürzen. Zwar wurden seine Ziele letztendlich erreicht, doch bevor er die Ergebnisse seiner Arbeit erleben konnte, wurde er im Alter von nur 31 Jahren ermordet.

Da er in Nagasaki einige Zeit verbrachte, findet man heute auf dem 風頭 (Kazagashira), einem Berg/Hügel, Statuen, eine Straße (龍馬通り Ryôma-dôri; Ryôma-Straße), die er wohl entlanglief und das 亀山社中記念館 (Kameyama Shachû Kinenkan), wo er Zeit verbrachte, und das heute ein kleines Museum ist.

Ich würde jedem raten mit dem Bus nach oben auf den Berg zu fahren – hochlaufen möchte ich da nicht. Vom Bahnhof Nagasaki aus fährt ein Bus zum Kazagashira. Den Weg zurück zum Bahnhof sind wir gelaufen, aber es war ziemlich weit.

Am Bahnhof hatten wir ganze fünf Minuten um Tickets zu kaufen und in unseren Zug nach 福岡 (Fukuoka) zu springen. Zwar hatte ich in der Planungsphase geschrieben, dass wir auch 佐賀県 (Saga-ken; die Präfektur Saga) besuchen würden, aus Zeit- und Erschöpfungsgründen haben wir es aber ausfallen lassen. Ein andern Mal. Auch Nagasaki werden wir noch einmal besuchen müssen, wir haben nämlich noch längst nicht alles gesehen.

Was wir in Fukuoka gemacht haben, lest ihr im nächsten Eintrag. 🙂