Auf ins Grüne!

IMGP2615Am Sonntag war es unerwartet sonnig. Generell ist es das in letzter Zeit viel, dabei haben wir eigentlich 梅雨 (Tsuyu; Regenzeit). Bei Sonne kann ich nicht einfach zuhause sitzen bleiben, und mein Mann, derzeit auch an Wochentagen je mindestens drei Stunden über seine Lehrbücher gebeugt, brauchte dringend einen Tapetenwechsel.

Also setzten wir uns in den Expresszug und fuhren nach 佐倉 (Sakura), den meisten Japanurlaubern wahrscheinlich nur von ihrem Weg vom Flughafen nach Tokyo bekannt. 😉 Sakura hat etwa 170,000 Einwohner, von denen 20% jeden Tag nach Tokyo hineinfahren.

Kommentar Mann: Wegen denen ist die Bahn also immer so voll…

In Sakura angekommen setzten wir uns in den Bus in Richtung 国立歴史民俗博物館 (Koku-ritsu Rekishi-Minzoku-Hakubutsukan; Nationales Museum für japanische Geschichte). Es liegt auf dem Gebiet des ehemaligen 佐倉城 (Sakura-jô; Schloss Sakura), von dem leider nicht mehr viel zu sehen ist.

IMGP2582Dafür gibt es so viel Grün auf einem Haufen, dass man angehalten ist einmal tief Luft zu holen. Ausladende Wiesen mit sanften Hügeln laden zum Picknicken ein, und mitten im Park steht ein adrettes Teehäuschen.

Obwohl es Sonntag ist, ist der Park nicht überlaufen. Es führt nicht nur ein Weg hindurch, neben der Parkanlage und Erklärungen zur Geschichte des nicht mehr stehenden Schlosses gibt es auch einen botanischen Garten und einen großen Teich mit Indischen Lotosblumen (ハス hasu) und Schildkröten.

Dank dunkler Ecken und schmaler, langer Treppen wirkt der Park dennoch sehr organisch, und weckt den Entdeckerdrang. 🙂

IMGP2600Für uns sollte es nicht nur beim Schlosspark bleiben, wir wollten an ein paar alten Samuraihäusern zurück zum Bahnhof laufen. Wir machten uns leicht schnaufend auf den Weg.

IMGP2635Vorbei an Libellen, und durch einen Bambuswald, der sicher eine wunderbare Filmkulisse für einen historischen Schinken abgeben würde. Dass es soetwas überhaupt in der 千葉県 (Chiba-ken; Präfektur Chiba) gibt…

Teils fühlten wir uns wirklich nicht, als wären wir in Sakura in unserer bescheidenen Präfektur, sondern entweder im Norden des Landes oder gleich in 京都 (Kyôto). Wir sind komplett ohne Erwartungen nach Sakura gefahren und waren positiv überrascht.

Vielleicht sollten wir auch einmal andere Gebiete besuchen, die wir bisher sträflich vernachlässigt haben. 😀

IMGP2640Die 武家屋敷 (Buke-Yashiki; Samurai-Residenzen) rissen mich dann leider nicht mehr komplett vom Hocker, aber das tun sie um ehrlich zu sein selten. Es sind schöne Häuser, aber für mich ist es schwer, sich vorzustellen, wie dort gelebt wurde. Vielleicht, weil ich einfach keine Ahnung davon habe, vielleicht, weil es sich meist um recht leere Räume handelt. Mein Mann schaut sich immer die Decken an, das ist seine 職業病 (Shokugyôbyô; Berufskrankheit). 😉

Auf dem Weg zurück zum Bahnhof gab es absolut nichts mehr zu sehen, aber von der ganzen Lauferei waren wir sowieso ziemlich fertig.

Letztendlich ist Sakura sicher kein Top-Ausflugsziel, vor allem wenn man nur kurz in Japan ist, aber für uns war es wunderbar um einfach von allem einmal wegzukommen. Fast allein durchs Grün zu laufen, dem Vogelgezwitscher zuzuhören und dem Rauschen der Bäume zu lauschen lädt die Batterien gleich wieder auf. 🙂

Update in Sachen Arbeit und Zukunft.

Im Zweifelsfall kann man mit Kirschblüten jeden Eintrag illustrieren.

Im Zweifelsfall kann man mit Kirschblüten jeden Eintrag illustrieren.

Weil im Moment nicht wirklich viel los ist, dachte ich mir, dass ich euch mal auf den neusten Stand in Sachen Arbeit und Zukunft bringe.

Ihr erinnert euch vielleicht, ich bin Assistentin in der IT-Abteilung in einem Büro mit einer wunderbaren Aussicht über die Stadt. 🙂 Letzte Woche bekam ich meinen dritten Vertrag. Es sind leider alles Kurzzeitverträge über zwei Monate, aber ich glaube meinem direkten Chef, wenn er sagt, dass sie einfach so lange verlängern werden, bis ich die Schnauze voll habe. Genau so lange habe ich vor, dort zu bleiben.

Meine Schwiegermutter war auch einige Zeit bei einer Zeitarbeitsfirma und hat absichtlich immer wieder die Firma gewechselt um neue Erfahrungen zu sammeln, ich bleibe ganz gern dort, wo ich bin. Nicht nur, weil ich Vorstellungsgespräche hasse, auch, weil es mir derzeit ganz gut in den Kram passt.

Es wird langsam aber sicher etwas weniger langweilig, das Team merkt, dass ich da bin um ihnen nervige Arbeiten abzunehmen: Bestellungen aufgeben, Erstattung von Beträgen beantragen, Reisen buchen, über SAP-Produkte aufregen… Selbst wenn der Tag mir manchmal sehr lang vorkommt, zurück in den Kindergarten möchte ich nicht.

Dafür haben wir (schon vor einiger Zeit) unseren Kinderplan konkretisiert, und mein Mann arbeitet mit Vollkraft daran in den öffentlichen Dienst zu wechseln um vielleicht sogar ein klitzekleines Bisschen Vaterschaftsurlaub abzubekommen. Um das zu erreichen ist er ziemlich am Büffeln: Nächste Woche ist der erste Teil des 2級建築士 (Ni-kyû Kenchiku-shi; eine Qualifikation für Architekten und Bauingenieure) dran, im September folgt der zweite Teil und die Prüfung für den öffentlichen Dienst.

Natürlich weiß ich, dass er das alles für unsere Familie tut und unterstütze ihn wo ich kann, aber manchmal wird es ziemlich einsam. 😦 Deswegen werde ich versuchen wieder mehr zu Meetups zu gehen. Falls einer von euch Tokyotern irgendwelche Empfehlungen hat – gern her damit.

Projekt Haus ist liegt leider auf Eis. Nach erneutem Durchrechnen können wir es uns nicht leisten das jetzige Haus der Schwiegereltern abzureißen und ein neues draufzusetzen, auch weil es sich bei dem Grundstück um Pachtland handelt. Sobald mein Mann mit seinen ganzen Prüfungen durch ist, werden wir uns also verschiedene Umbau-Firmen anschauen, die uns dann zeigen dürfen, was man aus dem Haus der Schwiegereltern noch herausbekommt. Wenn das Kind dann in zwei Jahren da ist, wollen wir eigentlich nicht mehr zur Miete wohnen.

Und so schaut’s aus.

Filmzeit: Schwerkraft nicht nur für Clowns.

Diese Woche war mein Mann mit einem Studienkollegen trinken, und ich habe das einzige Vernünftige getan: Donuts gekauft und DVDs ausgeliehen. 😀

(c)「重力ピエロ」製作委員会

(c)「重力ピエロ」製作委員会

重力ピエロ Jûryoku Piero (2009) (Trailer)

Regisseur: Mori Jun’ichi

Darsteller: Kase Ryô, Okada Masaki, Kohinata Fumiyo

Izumi und Haru sind ungleiche Brüder. Der eine studiert Biologie im Master, der andere reinigt von Graffiti verunstaltete Häuser. Auch charakterlich sind sie verschieden: Izumi ist zurückhaltend, Haru aufbrausend und voller Energie. Als in der Stadt (Sendai) immer wieder Feuer gelegt werden, stellen sie fest, dass Haru jedes Mal vor der Tat ein Graffiti in der Nähe entfernt hatte. Sie machen sich auf um das Rätsel zu lösen, und finden die Antwort in ihrer Vergangenheit.

Persönliche Meinung: Das Buch, auf dem der Film basiert, stammt von 伊坂幸太郎 (Isaka Kôtaro), der auch アヒルと鴨のコインロッカー (Ahiru to Kamo no Coinlocker) geschrieben hat. Die Geschichte um die beiden Brüder und die Frage, wie viel Charakter von unseren Genen kommt, ist durchaus spannend erzählt, auch wenn ich mich manchmal etwas sehr an die Hand genommen gefühlt habe. Ich mag Filme, bei denen ich mitdenken muss, der Plot Twist von Jûryoku Piero war nach dem ersten Akt eigentlich offensichtlich. Trotzdem sehenswert.

Die DVD hat englische Untertitel.

Über Schuluniformen.

Auch wenn ich außerhalb von Hardcore Harry-Potter-Fans kaum einmal jemanden gesehen habe, der britische (oder australische) Schuluniformen toll findet, hat die japanische Schuluniform viele Fans.

Manche Kinder beginnen Uniformen zu tragen, bevor sie ihren eigenen Namen schreiben können – im Kindergarten. Die Uniform ist dort vor allem ein Zeichen von Status: Fast ausschließlich private und damit teurere Kindergärten haben Uniformen. Dabei gibt es große Unterschiede: Mini-Schuluniformen mit Hose/Rock und Blazer, einfache Überjacken, Schürzen oder einfach nur besonders hübsche Hüte. Alle Kindergärten haben natürlich Mützen, nicht nur um vor der aggressiven japanischen Sonne zu schützen sondern auch weil es den Erzieherinnen das zählen der Rasselbande ungemein erleichtert. Die ganz hübschen Uniformen werden, sobald die Kinder im Kindergarten angekommen sind, meist gegen simple Sportuniformen ausgetauscht. In denen kann man sich besser bewegen und es ist nicht so schlimm, wenn sie dreckig werden.

Auch viele Grundschulkinder haben, abgesehen von einer Mütze und den recht einheitlichen japanischen Schulranzen, keine Uniform. Wie auch im Kindergarten geht hier die Trennung über die Frage, ob die Schule öffentlich oder privat ist.

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Sailor Fuku auf dem Skytree

Ab der Oberschule, also ab der siebten Klasse, tragen fast* alle Schüler in Japan jeden Tag Uniform. In der Universität dürfen dann die meisten wieder tragen was sie wollen – was Japaner auch schamlos ausnutzen. 😉 Vielleicht sind Japaner ja nur so stylisch, um den Uniformzwang auszugleichen? Wer weiß.

* Die großen Ausnahmen von denen ich weiß sind internationale Schulen.

Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Schuluniformtypen, die weit verbreitet sind: Sailor Fuku (セーラー服)  für die Mädchen und Gakuran (学ラン) für die Jungen; und die Uniform mit Blazer. Sailor Fuku und Gakuran gibt es eigentlich nur im Set – außer bei meinem Mann, da durften die Mädchen ab der 10. Klasse Blazer tragen, die Jungs waren aber in ihren Gakuran gefangen. Mein Mann sieht im Gakuran schrecklich aus. 😛

Die Uniformen mit Blazer sind aus europäischer Sicht etwas langweilig, es sind halt Röcke oder Hosen mit Hemd und Blazer.

Schuluniformen bekommt man leider nicht einfach so im Paket mit den restlichen Schulkosten – die kosten noch einmal richtig Geld. Viele Schulen haben ihre ganz eigenen Uniformen, mit festgelegten Farben, Schnitten und vielleicht irgendwo einem Logo. Eine Schule in meiner Nähe hat die schönen Farben Grün und Braun. Schwarze Socken dürfen die Schülerinnen, es ist eine Mädchenschule, dort auch nicht tragen, die langen müssen Braun sein. Ich habe die Schülerinnen dieser Mädchenschule auch noch nie mit gekürzten Röcken gesehen, die Regeln sind scheinbar recht streng. Solche Schnarchnasen. 😉 Kommen aber wahrscheinlich auf eine gute Uni.

ビリギャル (Birigyaru) verkörpert, wie eine schlechte Schülerin aussieht. Wenn nur alle schlechte Schülerinnen 有村架純 (Arimura Kasumi) wären...

ビリギャル (Birigyaru) verkörpert, wie eine schlechte Schülerin aussieht. Wenn nur alle schlechte Schülerinnen 有村架純 (Arimura Kasumi) wären… ©東宝

Die „Qualität“ der Schule erkennt man nämlich häufig daran, wie korrekt die Schüler angezogen sind. Kurze Röcke, gefärbte Haare**, tief im Schritt hängende Hosen? Wahrscheinlich Schule XYZ, auf die eh nur Idioten gehen. Gute Schüler tragen nämlich kein Make-Up, haben mindestens knielange Röcke und die Jungs tragen ihren Gürtel schön auf der Taille. Dem rebellischen Teenager in mir stellen sich die Nackenhaare auf.

** Was gefärbte Haare mit Lernfähigkeit zu tun haben, muss mir auch noch jemand erklären.

Zumindest während meiner Schulzeit wurde viel diskutiert, ob man auch in Deutschland Schuluniformen einführen sollte, um Mobbing vorzubeugen. Mobbing gibt es natürlich auch in Japan- Kinder und Jugendliche werden immer etwas finden, was ihnen am Gegenüber nicht passt, ob es nun die Klamotten sind oder der Haarschnitt. Schuluniformen helfen da nicht wirklich weiter.

Wenn ich Freunde frage, was sie an ihrer Uniform mochten, ist die Antwort meist: „Ich musste mir nicht jeden Morgen überlegen, was ich anziehen soll.“

Na immerhin etwas. Niedlich sind sie trotzdem. 🙂

Woher kommen die Erdbeben?

IMG_2095Überall im Land findet man Schilder wie das oben. Es bezeichnet eine 緊急交通路 (Kinkyû Kôtsû-ro; Notfallstraße), die im Fall einer Naturkatastrophe gesperrt wird, damit Rettungskräfte effektiv arbeiten können.

Aber was macht der glückliche Fisch mit dem lustigen Bart dort? Das ist ein ナマズ (Namazu; Amur-Wels).

Nach einer alten Legende leben unter Japan riesige Welse. Wenn die anfangen zu wüten, wackelt die Erde. Die Fische sind tatsächlich extrem empfindlich für Spannungsänderungen, sie wissen also, wenn ein Erdbeben kurz bevorsteht und bewegen sich panisch – damals hat man das einfach falsch herum gehabt.

Obwohl inzwischen natürlich jeder weiß, wie Erdbeben wirklich entstehen, kennt fast jeder die Geschichte von den Welsen. 🙂 Ist ja auch ein putzigeres Maskottchen für Notfallstraßen als — ich weiß nicht.

Wie würdet ihr Erdbeben grafisch darstellen?