Zu Besuch bei Glico.

Letzten Samstag machten wir uns auf den langen Weg zum Glicopia East, wo man etwas über die Firma Glico lernen und bei der Herstellung von Pretz und Pocky zusehen kann.

Ezaki Glico (江崎グリコ) ist die mit Abstand größte Süßigkeitenfirma Japans, mit fast 23% Marktanteil (Stand: Geschäftsjahr 2013).

Am Bekanntesten unter Japanliebhabern dürften Pocky sein. Was nicht jeder weiß: Die Süßigkeit Mikado, die es auch regulär in deutschen Supermärkten gibt, ist absolut dasselbe und wird auch von Glico hergestellt. 🙂 (Eine andere unerwartet japanische Süßgkeit sind die mit schokolade gefüllten Koalas.)

Die Führung dauert etwa 70 Minuten, und besteht aus fünf Teilen: Einer Einleitung zum Firmengründer Ezaki Ri’ichi (江崎利一), einem Video zur Schokoladenherstellung, der Führung durch die Produktionsstätten, einem Quiz und einem kleinen Museum. Fotografieren darf man nur im Museum. Die Reihenfolge der verschiedenen Teile ist je nach Gruppe, in die man eingeteilt wird, anders.

IMGP2499

Ein alter Karamell-Automat. Beim Kauf bekam man 20 Sekunden eines populären Films gezeigt.

Die Vorstellung des Firmengründers ist, wie auch schon im Cup Noodles Museum, etwas sehr gutwollend, aber nichtsdestotrotz spannend. Bilddokumente und Geschichten vom Ende des 19. Jahrhunderts finde ich durchaus sehr interessant. 🙂

Wie so gut wie immer handelt es sich bei der Führung natürlich um eine für Kinder, man sortierte aber freundlicherweise alle Besucher ohne Kinder in eine Gruppe*. In der Fabrik kann man zusehen, wie Pockys verpackt, und Pretz, bretzelteigige Sticks mit (meist) Gemüsegeschmack, hergestellt werden.

Das passiert natürlich vollautomatisch, die Menschen sind nur da um a) auszusortieren oder b) Rohmaterial nahzufüllen. Die ganze Fabrik duftet, wie erwartet, unglaublich gut!

* Die anderen Gruppen werden grob nach Alter der Kinder eingeteilt, was ich durchaus sinnvoll finde.

IMGP2507

Kleinere Kopien des berühmten Werbeschilds in Osaka.

Als nächstes geht es zu einem Quiz. Es ist an sich total nett aufgemacht, mit durchnummerierten Separées mit jeweils drei großen, leuchtenden Antwortknöpfen. Das Problem hier war natürlich, dass so gut wie jeder alle Antworten wusste, wir waren schließlich ausschließlich Erwachsene. Es kam also auf die Antwortgeschwindigkeit an. Der Gewinner bekommt eine Riesenpackung Pretz, ich war Dritte und bekam nichts. Das 3D-animierte Maskottchen der Anlage lädt übrigens zu Albträumen ein. Die hatte statt einem Mund ein Höllentor, was leider immer mal passiert, wenn man versucht Anime-Charaktere in 3D zu übersetzen. Gruselig.

Im letzten Teil, dem Museum, werden die Spielzeuge, die mit Glicos Karamell-Bonbons, dem ersten Produkt der Firma, auch heute noch verkauft werden, ausgestellt. Für meinen Mann war das eine Reise zurück in seine Kindheit. 🙂 Ich fand den alten Automaten besser: Wie wirtschaftlich schlau ist es, Kindern beim Kauf einer Süßigkeit 20 Sekunden ihres Lieblingsfilms zu zeigen? Beim nächsten Kauf konnte man dann übrigens die nächsten 20 Sekunden sehen und wenn man sechs Packungen kaufte, konnte man sich den Film bis zum Ende anschauen. So macht man Kohle. 😉

IMGP2510

Auch zu sehen sind Miniaturversionen des berühmten riesigen Werbeschildes in 大阪 (Ôsaka) aus verschiedenen Ären. Es zeigt das ursprüngliche Logo Glicos, einen ins Ziel einlaufenden Läufer, das auch heute noch auf den Karamell-Bonbons verwendet wird.

Vor einer riesigen Version davon kann man sich auch ablichten lassen, was wir natürlich in Anspruch nehmen mussten. Irgendein Erinnerungsfoto braucht man. 🙂

Kindergartenkinder ab zwei Jahren vor der Einschulung und Grundschulkinder können nach der Führung noch Riesenpocky dekorieren. Das Angebot ist kostenpflichtig, während die Führung selbst kostenlos ist.

Zum Schluss bekamen wir noch Besuchergeschenke: Eine Packung Pretz und aufblasbare Monsterpocky. Auf dem Gelände gibt es natürlich auch einen Glico-Shop in dem man alles, was es von Glico so gibt, kaufen kann. Wusstet ihr, dass Glico Curry herstellt? Ich zumindest nicht.

Für das Glicopia muss man sich im Voraus anmelden, das geht über die Website. Im Süden gibt es übrigens auch so eine Einrichtung, sie heißt Glicopia Kobe. Wer Süßigkeiten oder Maschinen mag, sollte auf jeden Fall mal vorbeischauen. 🙂

埼玉県北本市中丸9丁目55
Saitama, Kitamoto, Nakamaru 9-55

Tokyoter Berufsverkehr und das Märchen von der sich nie verspätenden Bahn.

Alle Fotos von meinem Vater.

Fotos von meinem Vater.

7:50, ich verlasse das Haus in Richtung Bahnhof. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern Raben krähen, und ich werde auch heute wieder erleben, wie wenig Platz und Abstand zu Anderen so ein Mensch eigentlich benötigt.

Oben auf dem Bahnsteig fährt die Bahn in Richtung Stadt ein. Eine Menge Menschen steigen aus, wir wohnen an einem Umsteigebahnhof, eine Menge Menschen steigen ein. Ich auch.

Direkt versuche ich einen der guten Plätze zu ergattern. Wer einfach einsteigt und in der Nähe der Türen stehenbleibt, hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn er zu Tode gequetscht wird.

Die besten Plätze sind natürlich sämtliche Sitzplätze. Danach kommen die Stehplätze direkt davor. Danach die Stehplätze in der Mitte, also quasi in zweiter Reihe zu den Stehplätzen vor den Sitzplätzen. Je weiter weg man von den Türen kommt, umso besser. Außer man muss natürlich irgendwo aussteigen, wo niemand anders aussteigt. 😉

In den nächsten Stationen steigen nur immer mehr Menschen zu, kaum jemand aus. Die Bahn hat Verspätung, weil die Leute nicht in der vorgesehenen Zeit einsteigen. Sie sind so eng gepackt, dass die Türen wieder aufgehen. Mehrmals. Oder die Bahn ist zu spät, weil sie zu nah an der Vorhergehenden fährt, welche wiederum verspätet ist. Im Berufsverkehr fährt diese Linie alle drei Minuten.

IMGP0480Wenn es wirklich voll wird, werden auch die auf den zweitbesten Plätzen, also vor den Sitzplätzen, dermaßen von hinten geschubst, dass sie beinahe auf die Sitzenden fallen. Zu irgendeiner Zeit hat man mit Sicherheit den Ellenbogen eines Mitfahrers entweder in der Seite oder im Rücken, oder den Arm im Gesicht. Es ist, wie bei einem riesigen Konzert in der ersten Reihe zu stehen – nur, dass es keine Stars gibt und der Boden wackelt. Außerdem fährt man eigentlich grade zur Arbeit.

In 秋葉原 (Akihabara) steigen haufenweise Leute aus, dann heißt es einmal tief Luftholen, denn es werden genauso viele Menschen wieder einsteigen, bis es sich, genau eine Station vor meiner, endlich wirklich leert.

Diese Bahn fährt derzeit mit fünf Minuten Verspätung, wir entschuldigen uns für die Unanehmlichkeiten.

Mein Umsteigeweg ist nervig lang, 250m vom Obergeschoss ins vierte Untergeschoss, mit ständigem Gegenverkehr. Die Bahn in die ich als nächstes steige ist nicht so voll, wie die erste, aber weg von der Tür komme ich nicht wirklich. Nach fünf Stationen steigt zum Glück der Großteil der Passagiere mit mir zusammen aus, ich muss mich also nur von den Menschenwogen leiten lassen – bis man dann für die Treppe anstehen muss.

Es ist zwischen 8:40 und neun Uhr.

Immerhin habe ich im Büro viel Platz um mich auszubreiten. 😀

Nach ‚Murica!

Erst zum zweiten Mal ging es für mich letzten Sonntag nach Amerika zu Costco.

Costco ist eine amerikanische Großhandelskette mit derzeit etwa 20 Filialen in Japan. Um hineinzukommen muss man Mitglied sein, und eine Mitgliedschaft kostet*, aber wenn man mal drin ist – ein Traum für alle, die auf Vorrat kaufen. Oder auf Käse und Wurst stehen. 😉

* Meine Schwiegereltern haben zwei Mitgliedschaften, weswegen sie meinen Mann und mich mitnehmen konnten.

IMG_1861Käse in Japan ist nämlich so eine Sache, es gibt nur Mozzarella oder den Fabriktoastkäse. Für richtigen Gouda oder Emmentaler muss man normalerweise ziemlich tief in die Tasche greifen.

Hinein geht es über das Obergeschoss, bewaffnet mit einem Einkaufswagen, der mindestens doppelt so groß ist wie ein regulärer deutscher, und damit geschätzt zehn Mal so groß wie ein japanischer. 😉 Aber da muss ja auch einiges reinpassen. Wie z.B. dieser Basketballkorb im Bild rechts. Oder ein aufblasbarer Pool. Oder Messersets. Oder Golfschlägersets. Oder eine riesige Gartenmöbelgarnitur. Aber eigentlich natürlich: Vorratspackungen. Vorratspackungen, soweit das Auge reicht. Meine Schwiegereltern haben drei Packungen mit je 6 gigantischen Küchenrollen in den Einkaufswagen gehievt.

Wir haben übrigens einen Jahresvorrat an Zahnbürsten und Zahnpasta für weniger als ein Drittel des regulären Preises mitgenommen. Die Großpackungen sind es nämlich, was die meisten Leute zieht. Toilettenpapier braucht man immer, und wenn man es im Großpack viel günstiger bekommt – wunderbar. 🙂 Nur leider haben wir keinen großen Stauraum.

IMG_1863Im Erdgeschoss befindet sich das Herz von Costco: Das Essen! Ganze Brathähnchen! Riesige Pizzen! Popcorntüten so groß wie mein Oberkörper! 3,5kg Popcornmais! Ein Schlaraffenland. 😉

Die amerikanischen Produkte sind einfach oftmals viel günstiger als die japanischen: 2,63L Smoothie für unter 1,000yen (ca. 7,40€). Ein riesiges Glas Pesto weit unter dem japanischen Ladenpreis. Und selbst japanische Produkte, die sonst vergleichsweise kostspielig sind, gibt es bei Costco viel günstiger, wir haben 450g Butter und 1,2kg Müsli mitgenommen.

Letztendlich war der Einkauf einfach durch die Masse nicht ganz günstig, aber hat sich für uns gelohnt. Einige Dinge sind in Japan einfach unglaublich viel teurer als in Deutschland (Obst- und Milchprodukte), sich da diesen Luxus einfach mal leisten zu können ist durchaus nett. 🙂

Für mich ist es einfach auch super witzig, was es in Amerika alles an Tiefkühlkost und Süßigkeiten gibt. Ich bin dann doch etwas aufgedreht durch die Gänge gelaufen. 😀 Wer weiß, wie das erst in einem echten Wallmart im echten Amerika wäre. Demnächst dann in der BILD: „In Japan lebende Deutsche in Amerika vor Aufregung explodiert“.

Aber es gibt bestimmt auch Wischmopps im Vorteilspack.

Japan hat einen neuen Feiertag.

Japan ist ein Land mit vielen Feiertagen. Mit derzeit 15 liegt es sogar vor dem deutschen Spitzenreiter Bayern. Die meisten dieser Feiertage sind nicht religiösen Ursprungs und nur an wenigen wird etwas Spezifisches unternommen. Um ehrlich zu sein weiß ich oft nicht, warum ich denn nun frei habe – ich erfreue mich einfach am zusätzlichen Tag.

Feiertag heißt in Japan übrigens nicht, dass man irgendetwas nicht unternehmen könnte. Büros, Kindergärten und Schulen haben zwar geschlossen, aber Läden, Supermärkte, Einkaufszentren, usw. sind natürlich geöffnet – wie auch jeden Sonntag. Es sind aus meiner Erfahrung aber eh eher die Büroarbeiter, die übermäßig lange Wochen haben, unendliche Überstunden vor sich herschieben und jedes Jahr wochenlangen Resturlaub auflaufen lassen*. Vor allem für sie sind die Feiertage Verschnaufpausen – oder sie bekommen zumindest einen Feiertagszuschlag, wenn sie doch arbeiten müssen. Wenn sie Glück haben.

* „Japaner arbeiten eben gerne“ ist eine faule Ausrede. Japanern wird oft eingetrichtert, dass alles zusammenfallen würde, wenn sie mal ein paar Tage nicht da sind. Da ist jeder, der sich eine Woche frei nimmt schon fast ein Verräter.

Auf jeden Fall haben wir einen neuen Feiertag! 山の日 (Yama no Hi; Bergtag). Ab nächstem Jahr wird er wohl am 11.8. begangen werden und passt damit hervorragend in den Zeitrahmen einer japanischen Tradition die aus unerfindlichen Gründen nicht ihre eigenen Feiertage hat: お盆 (Obon), das Totenfest.

Offiziell heißt es, dass man an diesem Tag Berge besteigen und ihnen danken soll. August, der achte Monat, weil 八 (hachi; acht) wie ein Berg aussieht. In Wirklichkeit hatte der August bisher einfach keinen Feiertag. Welch Glück, dass diese Schande endlich ausgemerzt wurde!

Der neue Bergtag ist übrigens nicht der einzige naturverbundene Feiertag Japans: Wir haben noch 春分の日 (Shunbun no Hi; Tag des Frühlingsanfangs), みどりの日 (Midori no Hi; Grüntag), 海の日 (Umi no Hi; Tag des Meeres) und 秋分の日 (Shûbun no Hi; Tag des Herbstanfangs). Zu Recht fragte sich ein Politiker in Opposition des neuen Feiertages, ob dann nicht bald auch Flusstag, Sonnentag, Erdtag, Waldtag, etc. eingeführt werden müssten.

Die Büroarbeiter würden es ihnen danken. 🙂

Katastrophenvorbereitung.

Japan hat es, was Naturkatastrophen angeht, nicht gut getroffen. Taifune, Erdbeben, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche – da fragt man sich, warum sich hier jemals Menschen angesiedelt haben. 😉

In der letzten Woche wurde die Gefahrenstufe für den 箱根山 (Hakone-yama; Hakone-Berg) in 神奈川県 (Kanagawa-ken; Präfektur Kanagawa) westlich von Tokyo heraufgesetzt. Er ist einer von über 113 aktiven Vulkanen im Land. Japan ist eines der vulkanreichsten Länder der Erde. Unser neues Weltkulturerbe, der 富士山 (Fuji-san; Berg Fuji), ist auch einer. Da fühlt man sich doch gleich viel sicherer. 😉

Wir sind natürlich auf alle Eventualitäten eingestellt, vor allem weil seit Jahren ein großes Beben in Tokyo vorhergesagt wird. Wir haben einen 災害用リュック (Saigai-yô Ryukku; Rucksack für Katastrophen*) mit allerlei praktischen Dingen, die wir im Fall einer Evakuierung brauchen könnten. Ich dachte, ich zeige euch mal was da alles drin ist. 🙂

* Es gibt auch die Bezeichnung 防災用リュック (Bôsai-yô Ryukku; Katastrophen-Präventions-Rucksack).

IMGP2492Im Uhrzeigersinn von oben links: Ein Stahlbecher, eine Taschenlampe, die man mit Schütteln aufladen kann, ein Seil, unsere Pässe, ein wenig Kleingeld, Klebeband, ein Marker, ein Taschenmesser, eine Trillerpfeife, Trockenshampoo, viele Reisgerichte, die man auch mit kaltem Wasser machen kann, gleich drei Beuteltoiletten, Müllsäcke, ein dank Chemie selbsterwärmender Beutel, eine Plastikplane, Feuchttücher, Wasser, ein Beutel um Wasser zu transportieren, eine Regenjacke, Frischhaltefolie, ein Wasserfilterstrohhalm, ein Buch zum Thema „Wie sterbe ich nicht im Freien“, ein Erste-Hilfe-Set (Desinfekionsflüssigkeit, Pflaster, Schmerzmittel, Q-Tips*), ein Dosenbrot, Tampons, ein Rescue Sheet um die Körpertemperatur zu halten, Wärmepads, Hausschuhe, ein handbetriebens Radio, eine Notfallkerze und gleich drei paar Handschuhe (zwei gewebte und eines aus Leder). Wir werden in naher Zukunft noch ein zweites Rescue Sheet und eine zweite Regenjacke kaufen.

* Japan liebt Q-Tips. Wirklich.

Wir haben außerdem Stadtpläne in denen die Wege eingezeichnet sind, die man im Falle eines Falles nehmen soll. Es kann schließlich gut sein, dass wir vom Büro nach Hause laufen müssen. 2011 ist mein Schwiegervater sechs Stunden vom Büro in Tokyo gelaufen, wir arbeiten noch ein ganzes Stück weiter weg.

Natürlich hoffen wir, dass wir von einem großen Erdbeben verschont bleiben, aber man sollte trotzdem vorbereitet sein. Das Leben ist eben kein Wunschkonzert. 🙂

Würdet ihr euch einen solchen Rucksack anschaffen, wenn ihr in Japan leben würdet? Und haben wir vielleicht etwas vergessen?