Fastfood: Matsuya.

Im letzten Monat haben wir unser Budget für auswärtiges Essen drastisch nach unten korrigiert. Jede Woche mindestens einmal für leicht unter 10,000Yen (ca. 73€) essen zu gehen ist dann doch auf Dauer nicht finanzierbar.

20140816_125155Als am Samstag in der Nähe des Bahnhofs Tokyo zur Mittagszeit mysteriöserweise unsere Mägen anfingen zu knurren, beschlossen wir günstig essen zu gehen. Zum Glück gibt es überall 牛丼 (Gyûdon), hier ein Rezept zum Selberkochen. 松屋 (Matsuya) ist unser Lieblings-Gyûdon-Laden, andere Ketten sind 吉野家 (Yoshinoya) und すき屋 (Sukiya).

Gyûdon ist ein typisches Gericht, das schnell in der Mittagspause verputzt wird, es kommt also auf Geschwindigkeit an. Deswegen und damit hinter der Theke nicht mit Geld herumhantiert werden muss, kauft man sich an einem Automaten erst einmal Essenstickets.

Auch ohne Japanischkenntnisse kann man sehr einfach bestellen, weil alles auch auf Englisch beschriftet ist. Mit den Tickets bewaffnet setzt man sich dann auf einen der Stühle und überreicht sie entweder an den Angestellten oder legt sie einfach in ihrer Reichweite ab, falls grade keiner in der Nähe ist.

20140816_125447Wenn man keine Lust hat im Laden zu essen, kann man die meisten Gerichte auch zum Mitnehmen bestellen. 🙂

Ich habe プレミアム牛めし (Premium Gyû-Meshi; Premium Rind-Reis) und ein rohes Ei bestellt, die Miso-Suppe war im Set enthalten. Für 440Yen (3,20€) gar nicht schlecht. 🙂

Das Premium-Gyûdon gibt es (zumindest derzeit) in einigen Läden in Kantô (Präfekturen Chiba, Tokyo, Saitama, Kanagawa, Ibaraki, Gunma und Tochigi) und den Präfekturen Shizuoka, Ôsaka und Aichi, dafür aber kein normales. Das Standardgyûdon ist noch etwas günstiger, 240Yen (ca. 1,75€) statt 360Yen (ca. 2,60€) und damit sicher eines der günstigsten Essen, die man in Japan genießen kann.

Kann man sich auf jeden Fall antun, auch wenn man nicht versucht zu sparen.

Laternen den Fluss herunterschicken in Asakusa.

Am Samstag fand in Asakusa das Sumidagawa Tōro-Nagashi (隅田川とうろう流し; Sumida-Fluss Laternen-Fließen*) statt, und ich machte mich mit Freundinnen im Yukata auf den Weg nach Asakusa. 🙂

IMGP1324Das Laternen-Fest hat etwas mit Obon (お盆), dem japanischen Totenfest, zu tun. Während des Totenfests kommen die Seelen der Verstorbenen wieder in die Welt der Lebenden zurück, das Licht der Laternen soll ihnen am Ende des Fests den Weg zurück ins Jenseits leiten.

* 流す heißt „fließen lassen“ oder „vergießen“.

Pro Laterne bezahlten wir 1,500Yen (ca. 11€) an den Veranstalter, und auch viele Touristen kauften spontan eine und nahmen am Fest teil. 🙂 Gleich am Veranstaltungsort waren Tische aufgestellt worden, damit man die Laternen zusammenbasteln und Wünsche oder Nachrichten an verstorbene Familienmitglieder draufschreiben konnte. Wegen der vielen Besucher musste man ziemlich lange auf einen freien Tisch warten, aber die Helfer haben einem bei der Suche und dem Basteln geholfen und auf den Tischen waren Stifte verteilt, die man benutzen konnte.

Ab halb sieben ging es dann los, schon vorher hatte sich vor der Laternenrutsche eine sehr lange Schlange gebildet. Ab der Hälfte gab es aber mysteriöserweise eine zweite Schlange für „Leute, die es eilig haben“ und so ging es dann doch recht zügig.

Wie die Laternen auf dem Fluss schwammen war sehr schön anzusehen, es war aber leider so voll, dass man es sich nicht wirklich entspannt ansehen konnte. So ist das eben bei den ganzen schönen Festen – sie sind keine Geheimtipps.

IMGP1330Zum Schluss liefen wir über eine Brücke auf die andere Seite des Flusses, wo Essensstände aufgebaut waren.

Also teilten wir uns Ōsaka-Yaki (大阪焼き), ähnlich wie ein kleines Okonomiyaki (お好み焼き), das in Ōsaka nicht so heißt, setzten uns auf die Stufen am Flussufer und ließen den Tag auslaufen.

Ich hoffe die ganzen Seelen haben den Weg zurück gefunden. 🙂

Als Ausländer Yukata tragen.

Letztens war ich mit einer Freundin einen 浴衣 (Yukata) kaufen. Erst sträubte sie sich etwas, weil sie sich nicht sicher war, ob es als Nicht-Japanerin angemessen sei. Als Deutscher kennt man sicher die Bilder von Nicht-Europäern in Lederhosen oder Dirndl und überlegt, ob man selbst im Yukata nicht genauso fehl am Platze aussehen würde. Mir persönlich ist es egal wer wie Dirndl oder Lederhosen trägt, ich meine das Bild, dass man normalerweise im Kopf hat.

Japaner freuen sich für gewöhnlich riesig, wenn Ausländer ihre Kultur so sehr mögen, dass sie Yukata tragen. 🙂 Man mag manchmal angestarrt werden, aber das ist eigentlich nie böse gemeint.

Hier ein paar anonyme Kommentare aus dem Internet. Die Frage war, ob es unhöflich wäre als Ausländer Yukata zu tragen.

„むしろ着せたがりますがな “ (Im Gegenteil möchte ich, dass Ausländer Yukata tragen)

„嬉しいことだろ 自分たちの文化歴史を受け入れたり経験してみようとしてくれてることは“ (Dass jemand unsere Kultur und Geschichte akzeptiert und versucht zu erleben ist doch etwas Erfreuliches!)

„外国人だからと気にする必要は全くないよね
日本人以上に似合ってる人いるし
指摘されてるけどへんてこな着方しなければむしろ日本人からも喜ばれる“ (Nur weil man Ausländer ist, muss man sich da absolut keine Gedanken machen. Es gibt Ausländer, denen Yukata besser stehen als Japanern! Es wurde zwar schon gesagt, aber solang der Yukata nicht komisch getragen wird, freuen sich Japaner.)

Yukata sind ursprünglich keine besondere Kleidung. Damals wurden sie nach dem Baden und zum Schlafen angezogen, draußen trägt man sie erst seit der 江戸時代 (Edojidai; Edo-Zeit, 1603 – 1868).

20140719_200854Während das Anziehen wenn man ungeübt ist etwas anstrengend sein kann, gibt es immerhin nicht viel falsch zu machen. 🙂 Immer dran denken: Die linke Seite des Stoffs des Yukata sollte oben sein, so dass man seine rechte Hand reinstecken kann; Von der Länge her sollte der Stoff irgendwo zwischen dem Fußrücken und der Oberseite des Knöchels ankommen; Zwischen Kragen und Nacken sollte eine Faust passen. Eine von mir kläglich übersetzte Anleitung findet ihr hier.

Mit dem Hund der Schwiegereltern.

Mit dem Hund der Schwiegereltern.

Jeder kann alle Muster tragen, nur der 帯 (Obi; Gürtel) sollte farblich möglichst herausstechen, also vielleicht nicht helles Rot mit dunklem Orange. 😉 Das Muster der 下駄 (Geta; Holzschuhe) ist auch egal. Es braucht sich niemand einen Kopf machen!

Sets bekommt man in Japan teils ab 3,000Yen (ca. 22€)! Der Preis ist natürlich nach oben offen. Mein blauer Yukata kostete mit 作り帯 (Tsukuri-Obi; fertigem Obi, den man nicht selbst binden muss) ca. 13,000Yen (ca. 95€), der neue violette kostete zusammen mit dem (normalen) Obi fast 20,000Yen (ca. 146€).

Sommer ist Yukata-Zeit, lasst es euch nicht entgehen. 🙂

Wie ich Japanisch gelernt habe.

Um diesen Eintrag funktionieren zu lassen, behaupte ich jetzt einfach, dass ich ganz anständiges Japanisch spreche, und ihr müsst es mir abnehmen. 😉 Ich habe zwar den JLPT N1 im Winter 2011 bestanden, aber das heißt nicht viel, weil es letztendlich nur Multiple Choice-Fragen sind. Die Sprachfähigkeit wird nicht getestet.

Mein arg vernachlässigtes Bussiness-Japanisch-Buch.

Mein arg vernachlässigtes Bussiness-Japanisch-Buch.

Natürlich mache ich manchmal Fehler, mein Wortschatz ist nicht halb so groß, wie ich ihn gern hätte, und zu vielen Kanji kenne ich nicht alle benötigten Lesungen, aber im Alltag habe ich keine Probleme. Ich kann sogar Bücher lesen. 😉 Oder, mit den Worten meines Mannes, der natürlich voreingenommen ist:

„Du sprichst so gut Japanisch, fast wie ein Muttersprachler, dir fehlt nur Keigo* und das lernst du nicht, weil du so unglaublich faul bist!“

Hmpf. Wahre Liebe ist eben ehrlich?

* 敬語 (Keigo) ist ein Überbegriff für die Höflichkeitsformen. Von den drei Untergruppen kann ich zwei, 謙譲語 (Kenjôgo) und 尊敬語 (Sonkeigo), außerhalb von Phrasen nicht fehlerfrei verwenden. Ich weiß, ich sollte etwas dran ändern…

Wenn man in Japan ein paar Ausländer kennenlernt, trifft man oft auf das gesamte Spektrum der Japanischfähigkeiten: Von denen, bei denen man sich fragt, ob sie nicht doch in Japan geboren wurden, zu denen, die seit Jahren hier sind, aber keinen geraden Satz herausbringen. Dazwischen gibt es zahllose Abstufungen, letztens half ich im Reisebüro einer Russin, die sich kein Warteticket holen konnte, weil sie keine Kanji lesen kann, sprechen konnte sie aber gut.

Dass ich relativ gutes Japanisch spreche hat mal wieder mehr mit dem Zufall als mit meinen schier unglaublichen mentalen Fähigkeiten zu tun.

Tatsächlich habe ich Japanisch anfangs an der Volkshochschule** gelernt, ganz von vorne, Stufe A1.1, mit „Japanisch im Sauseschritt“, dem Lehrbuch, das sicher einigen bekannt ist. 😉 Damals war ich 14 oder 15 Jahre alt und wenn ich mich recht entsinne, war ich zwei Kurse lang dabei. Dummerweise ging es mir vom Tempo her zu langsam vorwärts.

Nachdem ich bei der VHS aufgehört hatte, lernte ich selbst weiter. Mit 17 oder 18 Jahren ging ich wieder für einen Kurs an die VHS, weil eine Freundin und ihr damaliger Freund dort anfingen Japanisch zu lernen.

** Ich wünschte es gäbe so etwas in Japan. Gibt es so etwas in Japan? Erleuchtet mich!

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JLPT Anmeldematerialien

Mit 18 stand fest, dass ich für ein Jahr nach Japan gehen würde, weswegen ich mich für den JLPT 4 (jetzt N5) anmeldete. Den bestand ich auch prompt, mit zwei Punkten über dem Minimum. Die drei bis vier Jahre Japanischlernen hatten sich eindeutig gelohnt. 😉

Innerhalb meines ersten halben Jahres in Japan wurde mein Japanisch zwar langsam besser, aber wirklich eher in Schneckengeschwindigkeit. Dass ich hauptsächlich mit anderen Ausländern rumhing und in einem deutschen Restaurant arbeitete, hatte sicher seinen Anteil daran. Klassische Anfängerfehler.

Dann lernte ich meinen Mann kennen und die Lernkurve stieg rapide an. Plötzlich hatte ich jemanden, mit dem ich ausschließlich auf Japanisch reden konnte und mit dem ich mich unbedingt unterhalten wollte. Letztendlich ist für die meisten Leute der Wille und die Motivation entscheidend, und Sprachen lernt man am besten indem man sie anwendet.

Als ich nach sechs Monaten dieses qualitativ hochwertigen Sprachtrainings wieder zurück nach Deutschland ging, besorgte ich mir einen Twitter-Account, auf dem ich auf Japanisch schrieb, las japanische Blogs so gut es ging und blieb natürlich auf Japanisch mit meinem Mann in Kontakt. So ging es nach dem Aufenthalt nicht etwa abwärts, sondern mein Japanisch verbesserte sich weiter. Nicht mehr so schnell wie anfangs, aber immerhin. 🙂

Für den N1 habe ich mir ein ein Zertifikat besorgt...

Für den N1 habe ich mir ein nie ein Zertifikat besorgt…

Noch in Japan kaufte ich mir Lehrbücher für den JLPT N2, die zweitschwerste Stufe, und im Dezember 2009 legte ich die Prüfung in Berlin ab. Wundersamerweise bestand ich wieder. Nur knapp, aber bestanden ist bestanden. 😉 Innerhalb von zwei Jahren hatte ich mich also von „Kann grundlegendes Japanisch bis zu einem bestimmten Grad verstehen“ zu „Versteht alltägliches Japanisch und Japanisch, dass in verschiedenen Situationen verwendet wird bis zu einem bestimmten Grad“ verbessert. JLPT N1 („Versteht Japanisch in einer Vielfalt von Situationen“) war danach kein allzu großer Sprung mehr, auch wenn ich mehr lernen musste weil Dinge abgefragt werden, die man nie nie nie nie niemals nie brauchen wird. Natürlich war es auch beim N1 wieder sehr knapp… 🙂

Mein Tipp an euch alle: Sucht euch einen japanischen Freund oder eine japanische Freundin! Mit der Kraft der Liebe usw. usf. 😉

Aber im Ernst, man sollte versuchen in der Sprache so viel Interaktion wie möglich zu haben. Durch das Internet geht das recht einfach, es gibt Internetseiten zum Sprachaustausch, und vor allem in Japan ist Twitter unglaublich beliebt. 🙂 So lernt man nicht nur, wie normale Japaner*** wirklich reden, wenn man irgendwo schreibt, dass man gern korrigiert wird, machen das manche sogar. Kostenloser Korrekturservice! Wenn man allein lernt und nicht in der Sprache interagiert schleichen sich schnell Fehler ein, man sollte also möglichst nicht im Vakuum lernen.

*** Und auch weniger normale Japaner, aber hey, Twitter!

Es bringt sowieso mehr Dinge zu lernen, die etwas mit dem eigenen Leben zu tun haben, als die Namen für verschiedene Fledermausnasenformen, oder auch die langweiligen Vokabellisten aus den Lehrbüchern, auswendig zu lernen. Für Koreanisch habe ich jede Woche per Hand einen kleinen Text über mein Leben geschrieben und Worte, die ich brauchte aber nicht kannte, erst einmal auf Japanisch**** hingeschrieben und dann später entweder selbst nachgeschlagen oder meine Lehrerin gefragt. Das ist dasselbe wie beim Lesen, wo man auch nicht jede Vokabel sofort nachschlagen soll, weil es den Fluss unterbricht.

**** Der Unterricht fand auf Japanisch statt.

Auf jeden Fall nie vergessen, warum man angefangen hat zu lernen. 🙂 Lernen ist immer gut und jeder Grund ist ein guter Grund! 😀

Und jetzt kaufe ich mir einen Beutel Selbstdisziplin und lerne. Vielleicht. Später.

Rakugo und Kimodameshi in Minami-Senju.

Dies ist der 500. Eintrag in diesem Blog! Vielen Dank an meine lieben Leser, ihr seid die beste Motivation! 😀 これからもよろしくお願いします!

Letzten Samstag richtete die NPO Japanize ein Event aus, das ich mir nicht entgehen lassen wollte: 落語 (Rakugo) und 肝試し (Kimodameshi)! 😀

Rakugo ist eine humoristische Kunstform. Der 落語家 (Rakugo-ka; Erzähler, auch 噺家 Hanashi-ka) erzählt im Sitzen und nur unterstützt von Gestik, Mimik, einem Fächer und einem Tuch eine dialogreiche Geschichte, die mit einer Pointe endet. Beim 古典落語 (Koten-Rakugo; klassischen Rakugo) sind die Geschichten meist Jahrhunderte alt und werden immer wieder erzählt, dennoch ist es je nach Erzähler etwas anders.

Wer sich das mal anschauen möchte, auf YouTube kann man sich bis es jemand merkt die Serie „Tiger & Dragon“ (タイガー&ドラゴン) mit englischen Untertiteln anschauen. 🙂 Dort beschließt ein Yakuza Rakugo-Ka zu werden. Jede Folge wird eine andere Geschichte erzählt. 🙂

Dieses Mal ging es aber um ein wenig gruselige Geschichten, denn diese Woche ist お盆 (Obon), das japanische Totenfest.* Japan ist eh etwas abergläubisch und so kommen in vielen Geschichten Geister, Monster und Götter vor.

* Eigentlich wollte ich unbedingt zu einem Event um 盆踊り (Bon-Tanz, hier ein YouTube-Video) zu lernen und zu sehen, aber am selben Tag fand hier das große Feuerwerk statt… 😦 Vielleicht nächstes Jahr.

Der Tempel ist der 金閣寺 (Kinkakuji; Kinkaku-Tempel) in Kyoto :)

Der Tempel ist der 金閣寺 (Kinkakuji; Kinkaku-Tempel) in Kyoto 🙂

Wir sahen uns in einem alten 銭湯 (Sentô; Badehaus), das jetzt für solche Events genutzt wird, „死神“ (Shinigami; Todesgott) und „お菊の皿“ (Okiku no Sara; Okikus Teller, am Ende des Eintrags schreibe ich eine Zusammenfassung) an. Erzählt wurden sie von zwei Studenten, die im Rakugo-Club ihrer Universität sind und auch in Altersheimen und Krankenhäusern erzählen.

Es war wirklich interessant, Rakugo einmal live zu sehen!

Nach dem Rakugo wurden wir für 肝試し (Kimodameshi; eine Mutprobe, bei der man gruselige Orte besucht) zu zwei Tempeln geführt, in denen angeblich Geister erscheinen.

Der erste war der 浄閑寺 (Jôkanji; Jôkan-Tempel), der im damaligen Vergnüngungsviertel 吉原遊郭 (Yoshiwara-Yûkaku; Yoshiwara-Rotlichtbezirk) liegt. Er ist dafür bekannt, dass dort, vor allem nach dem großen Ansei-Beben von 1955, viele Prostituierte begraben wurden. Die Toten, denen Gesetzesbruch vorgeworfen wurde, wurden vollkommen nackt in eine Strohdecke eingerollt, mit dem 戒名 (Kaimyô; der buddhistische Name, den man ins Jenseits mitnimmt) „売女“ (Baita; Hure) versehen und einfach im Tempel abgelegt.

In den Tempel selbst kam man zu so später Stunde nicht mehr, aber ich finde es immer faszinierend, was für durchaus auch dunkle Hintergrundgeschichten solche Orte haben können.

So auch der zweite Tempel, den wir besuchten. Der 延命寺 (Enmeiji; Enmei-Tempel oder Lebensverlängerungstempel) befindet sich auf dem Boden des 小塚原刑場 (Kodsukappara-Keijô; Kodsukappara-Exekutionsplatz), auf dem über 200.000 Menschen exekutiert wurden, unter anderem im Zuge der 安静の大獄 (Ansei no Daigoku; Ansei-Säuberung). Auch wurden die Exekutierten Ende des 18. Jahrhunderts für medizinische Lehrzwecke seziert. Ein unglaublich sympathischer Ort also, vor allem dank des 首切地蔵 (Kubikiri-Jizô; Enthauptungs-Jizô), der Seelen in die Unterwelt begleitet.

Richtig gruselig wurde es dank der netten Gesellschaft übrigens nicht, aber es war schon ziemlich interessant! 😀 Die japanische Geister- und Monsterwelt ist riesig, und alte Gruselgeschichten zu hören macht Spaß! Eventuell verirren sich mein Mann und ich demnächst noch einmal nach 浅草 (Asakusa) um Rakugo zu sehen. 😉

Als ich wieder nach Hause kam stand vor der Tür übrigens ein Teller mit Salz – damit die bösen Geister nicht mit reinkommen bestreut man die Schultern und den Kopf zum Beispiel nach Beerdigungen mit etwas Salz. Gruselige Tempel erschienen meinem Mann scheinbar auch gefährlich. 😉

Zum Schluss noch die Geschichte von Okiku und ihren Tellern.

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