Auf dem Boot.

Am Freitag waren mein Mann und ich mit einem befreundeten deutschen Ehepaar auf der 東京湾納涼船 (Tôkyô-wan Nôryô-sen; Tokyo-Bucht Abendkühle-Schiff). Anfang des Monats hatte ich im Internet reserviert und die Tickets im Conbini bezahlt, 2,600Yen (19€) pro Person, bekam aber vorerst nur 引換券 (Hikikaeken; Umtauschtickets).

10616240_708237719247809_6760387543779451778_n

Das Foto hat der Ehemann meiner Freundin geschossen. 🙂

Direkt nach der Arbeit machte ich mich mit einem Koffer bewaffnet zur Wohnung meiner Freundin auf, wo wir uns dann in Yukata umzogen, schminkten und die Haare hochsteckten. Mein Make-Up und meine Schuhe (!) habe ich natürlich gleich mal dort vergessen…

So fantastisch vorbereitet liefen wir dann, zusammen mit den Ehemännern, zum 竹芝客船ターミナル (Takeshiba Kyaku-sen-Terminal; Takeshiba-Passagierboot-Terminal), tauschten die Tickets, die ich im Conbini bekommen hatte, in echte um, kauften Essensmarken* und stellten uns an.

* Auf dem Schiff wird mit wahrscheinlich gutem Grund kein Bargeld angenommen.

20140829_192810

Foto mit Handy bei Nacht.

Im Durchschnitt sind wohl pro Tag um die 1500 Menschen auf dem Schiff, das einmal aus dem Hafen in die Bucht und wieder zurück fährt. Vom Schiff aus sehen kann man die Rainbow Bridge, die Tokyo Gate Bridge, den Tokyo Tower, Odaiba, Disney Land und ganz viele Hochhäuser. Tokyo bei Nacht liebe ich sowieso, das vom Schiff aus zu sehen war schön. 🙂

Nun ist es aber nicht einfach irgendein gemütliches Schiff, das durch die Gegend schippert, sondern ein Partyschiff mit 飲み放題 (Nomihôdai; All-You-Can-Drink). Japaner sind zum Glück selten agressive Betrunkene, aber einige Leute wankten gefährlich durch die Gegend und die Toilette auf den oberen Decks stank nach Erbrochenem. Wir hatten trotzdem viel Spaß, aber es war keine gediegene Veranstaltung.

20140829_192054Was meinem Mann am lustigsten fand, war das ständige ナンパ (Nanpa; Aufreisserei). Schon bevor das Schiff überhaupt abgelegt hatte, begaben sich unsere Männer auf das Abenteuer Essensbeschaffung, wir standen also zu zweit auf dem oberen Deck – und wurden gleich zweimal angemacht. Normalerweise bin ich vor Nanpa gefeit, mich hat in Tokyo seit Jahren niemand mehr angesprochen. Es steigen eben auch immer Gruppen von meist jüngeren Männern aufs Schiff, die nur mit dem Ziel eine Frau aufzureißen da sind. Als ich meinem Mann erzählte, dass jemand versucht hätte uns abzuschleppen, war er höchst amüsiert und beobachtete die verzweifelten Männer auf Beutefang.

20140829_210731Nach zwei Stunden war die Fahrt beendet und wir schauten noch bei einem nahen 夏祭り(Natsumatsuri; Sommerfest) vorbei. Dort bekam ich dann auch endlich mal einen 盆踊り (Bon-Odori; Bon-Tanz) zu sehen. 🙂

Was ich nicht wusste – mein Mann hat im Kindergarten und in der Grundschule Bon-Odori getanzt, und fing spontan an mitzutanzen**. Nach Brezeln in einem deutschen Restaurant und Gesprächen über die wirklich wichtigen Themen – welches Pokémon-Spiel kam wann, und ist es legitim Würstchen nach Japan zu schmuggeln – ging es dann langsam gen heim, wo wir erschöpft aber glücklich in die Betten fielen.

** Er war schon ziemlich betrunken.

Die Fahrt durch den Hafen kann man absolut mitmachen, für weniger als 20€ ist es fast geschenkt. Man muss sich nur vorher überlegen wie man zu angeheiterten Menschenmassen steht. 😉 Wir bedanken uns auf jeden Fall für den schönen Abend.

Begrüßungsgeschenke.

Den Namen habe ich wegzensiert.

Den Namen habe ich wegzensiert.

Letzte Woche klingelte es nachmittags, und durch die Gegensprechanlage hörte ich

„Mein Name ist Tanaka, wir sind in die Wohnung 201* gezogen! Ich möchte uns vorstellen!“

Auf der Treppe ins Erdgeschoss überlegte ich noch, ob das vielleicht ein neuer Trick von Zeitungsverkäufern/der NHK, der japanischen GEZ/den Zeugen Jehovas/Massenmördern sei, aber immerhin wurde tatsächlich vor kurzem die Wohnung 201 neu vermietet. Ich würde es also vielleicht überleben.

Vor der Tür stand dann tatsächlich ein Ehepaar, etwas älter als wir, und der Mann hielt mir ein Begrüßungsgeschenk entgegen.

Das ist in Japan üblich, wir haben uns damals auch vorgestellt und 500-Yen-Gutscheine** verschenkt. Man erkauft sich damit natürlich den guten Willen der Nachbarn, außerdem weiß man wer um einem herum so wohnt. In einem riesigen Wohnhaus reicht es höchstwahrscheinlich aus, sich den Leuten auf der eigenen Etage vorzustellen.

In der Schachtel war übrigens ein kleines Handtuch. 🙂

Scheinbar keine Massenmörder.

* Die Zimmernummer ist meist dreistellig. Die erste Ziffer zeigt das Stockwerk an, danach wird durchgezählt. 102 (übrigens ichi-maru-ni gelesen, als eins-Kreis-zwei) ist also die zweite Wohnung im Erdgeschoss.

** 商品券 (Shôhin-ken; Warentickets) kann man an unglaublich vielen Orten einlösen und es wirkt besser, als einfach Geld zu verschenken.

Filmzeit: Wie eine Prostutierte mein Leben veränderte.

Auf meinem Streifzug durch Tsutaya, unseren nächsten DVD-Verleih, stieß ich auf eine DVD, die allein durch den Titel besticht: 風俗に行ったら人生変わったwww (Fûzoku ni ittara Jinsei kawatta www*; Mein Leben hat sich komplett verändert, nachdem ich zu einer Prostituierten ging lololol). Außerdem war der Film in der Top 10 der im ersten Halbjahr am meisten ausgeliehenen Filme. Im Nachhinein lag wohl auch das einzig und allein am Titel…

* w ist Internet-Japanisch für lol. Die Erklärung ist recht simpel, 笑い (warai) heißt Lachen und w ist schneller zu tippen.

 

59b7e_1328_53a3f699_d8cd7b85

©セディック・電通

風俗に行ったら人生変わったwww Fûzoku ni ittara Jinsei kawatta www (2013) (Trailer)

 

Regisseur: Iidsuka Ken

Darsteller: Mitsushima Shinnosuke, Sasaki Nozomi

Ryôtarô ist 29 Jahre alt, Jungfrau und sein persönlicher Rekord im Schweigen ist zwei Monate. Er möchte sein Leben umkrempeln und beschließt bei seiner Jungfräulichkeit zu beginnen – er geht zu einer Prostutierten. Bei ihr hyperventiliert er vor lauter Aufregung aber, und auch bei seinen späteren Besuchen reden die beiden nur. Zwischen ihnen entspinnt sich eine Freundschaft, doch dann reagiert sie plötzlich nicht mehr auf seine Anrufe…

Persönliche Meinung: Der Film wurde parallel im Kino und im Internet veröffentlicht, und leider bestätigen sich sämtliche böse Vorahnungen, die man haben könnte: Der Film wirkt billig produziert und schlecht durchdacht. Bis auf Kayo, die Prostituierte, gab es keine sympathischen Charaktere, unter anderem weil der Hauptcharakter dermaßen sozial inkompatibel mit der Außenwelt ist, dass es beim Zusehen wehtut. Nicht zu empfehlen, außer ihr mögt Sasaki Nozomi – allerdings findet man über eine einfache Google-Bildersuche Fotos auf denen sie leichter bekleidet ist als im ganzen Film. Das war ganz eindeutig verschwendetes Geld…

Mädchenkrams: Japanische Frauenärzte.

Als Faultier in menschlicher Hülle halte ich mich nicht immer so ganz genau an die Empfehlungen für Routineuntersuchungen. „Wird schon nichts passieren“ ist meine Devise, nur beim Gynäkologen mache ich mir Sorgen.

Als ich 2011 nach Japan zog, bekam ich meine Pille weiterhin aus Deutschland. Die beste Gynäkologin der Welt (oder zumindest Berlins) verschrieb sie mir weiter und so konnte ich den Besuch bei einem japanischen Frauenarzt weiter vor mich hin schieben. Schließlich hatte ich auch eigenartige Geschichten von Freundinnen gehört, die meine Motivation gehörig sinken ließen.

Da ich aber eigentlich plane hier zu bleiben, bezwang ich irgendwann den Schweinehund und machte mich auf die Suche. Problem Nummer eins: Eine Ärztin finden.

Die meisten Ärzte in Japan sind Männer, das ist auch bei Gynäkologen nicht anders. Bei Magenproblemen und Halsschmerzen kann das gern ein Mann diagnostizieren, wenn es um meine Geschlechtsteile geht lieber nicht. Es ist mir einfach unangenehm, egal wie egal dem jeweiligen Arzt meine Vagina ist und wie viele er am Tag sieht. Ich mag es nicht.

Also suchte ich im Internet nach „〇〇市 婦人科 女医“ (〇〇-shi Fujinka Joi; XYZ*-Stadt Gynäkologie Ärztin). Ein paar Treffer gab es, und so setzte ich mich in die Bahn, fuhr eine Station, ging zur Klinik – und wurde von einem Mann untersucht. Die Ärztin kommt nur an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten, die absolut nicht mit meinem Kalender kompatibel sind. Leider passiert sowas immer wieder, nicht nur bei Gynäkologen.

* 〇〇 ist im Japanischen was in Deutschland der XYZ-Platzhalter, oder die ***-Sternchen sind.

Jetzt bin ich bei einer Ärztin eine Stadt weiter. In der gesamten Klink arbeiten nur Frauen, die Ärztin ist nett aber bestimmt**. Bei meinem ersten Besuch wurde alles mögliche abgefragt, ich zeigte die Packung meiner deutschen Anti-Baby-Pille und bekam eine ähnliche, nur mit Phasen, verschrieben. Die Minipille wird in Japan übrigens nicht von der Krankenversicherung teilfinanziert und je nach Produkt schwanken die Preise erheblich. Ich habe die アンジュ21 (Anju 21) und zahle für drei Monate 7,128Yen (ca. 52€).

** Ich mag es lieber wenn mir klipp und klar gesagt wird was Sache ist, als wenn, wie bei vielen anderen Ärzten, ewig um den heißen Brei herumgeredet wird.

Die Pille ist in Japan auch absolut nicht verbreitet und kaum jemand geht damit so enspannt um wie in Deutschland üblich. Kommentare von Japanerinnen, wenn ich erzählt habe, dass ich die Pille nehme:

„Warum?!“ (Weil ich nicht schwanger werden möchte.)

„Für die Haut?“ (Nein.)

„Hast du medizinische Probleme, dass du sie nehmen musst?“ (Nein.)

„Kannst du dann später noch Kinder kriegen?“ (Ja.)

„Wird dir davon nicht schwummrig und schlecht?“ (Nein.)

„Ist das nicht total schlecht für deinen Körper?“ (Sicher nicht ideal, aber weniger anstrengend als eine Schwangerschaft.)

Mein Mann hatte anfangs auch große Bedenken. Warum das so ist? Weil die Pille zur Verhütung erst seit 1998 zugelassen ist, zur Regulierung der Periode erst seit 2010. Die 日本医師会 (Nihon Ishi-kai; Japanische Ärzte-Gesellschaft) hatte sich davor 40 Jahre lang gegen eine Zulassung gesperrt, weil man die Langzeiteffekte nicht einschätzen könne und es zu einer geringeren Verbreitung von Kondomen führe (und der moralische Verfall erst…). Vierzig Jahre! Wenn es um Medizin geht, lebt man in Japan teils in der Vergangenheit.

Aber zurück zum Frauenarzt. Was für viele am mysteriösesten ist, ist der Vorhang zwischen Arzt und Patient bei Unterleibsuntersuchungen. Japanerinnen scheinen damit keine Probleme zu haben, vielleicht ist es ihnen peinlich zu sehen, wie jemand an ihren Genitalien hantiert. Ausländerinnen haben oft lieber die Übersicht darüber, was jemand an ihren Genitalien macht. Ich persönlich frage einfach immer, ob man den Vorhang nicht offen lassen könne.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Untersuchungen in Japan nicht so ausführlich sind wie in Deutschland. Hier wird einiges erst untersucht, wenn man älter wird, während es in Deutschland standardmäßig dazu gehört. Ultraschall von innen hatte ich zum Beispiel hier noch nicht. Den Test für Gebärmutterhalskrebs (子宮頸癌 shikyûkeigan) musste ich extra erfragen, im kostenlosen Testpaket für unsere Stadt*** ist er erst, wenn man älter wird. Mir wurde auch mehrmals erzählt, dass ich viel zu jung für Krebs sei. Dummerweise scheint sich der Krebs nicht darum zu scheren und eine Freundin von mir hatte letztes Jahr Gebärmutterhalskrebs im Frühstadium…

*** Wir bekommen einmal im Jahr einen Zettel, auf dem steht, welche Krebsvorsorgeuntersuchungen wir kostenlos machen lassen können. Wie ich das verstanden habe bedeutet das leider auch, dass ich den Test nur bei einem Arzt in meiner Stadt machen lassen kann – meine Ärztin ist aber eine Stadt weiter.

Als ich Brustschmerzen hatte und wegen Brustkrebs anfragte, wurde mir gesagt, dass man das nicht beim Gynäkologen machen lassen würde, da müsste ich zu einem anderen Arzt gehen, der das anbietet. Meine Ärztin in Deutschland hat jedes Mal meine Brüste abgetastet, mehr erwartete ich gar nicht – und bekam eine Mammographie und Ultraschall. Nun ja, wieder was gelernt.

Bei einer Klinik, die auf Ausländer eingestellt ist, mag das alles etwas anders aussehen, aber die gibt es in meiner Ecke nicht und so lerne ich weitere wichtige Vokabeln. 😉

Honig mit Winnie Pooh.

Letztens traf ich mich mit Anika von Ginkgoleafs um ihr Bücher zu geben, die ich ausgelesen hatte, und sie überraschte mich mit Tickets für die Winnie Pooh-Ausstellung im 松屋銀座 (Matsuya Ginza*), wo wir uns auch schon die Disney-Ausstellung angesehen hatten.

* Der Gyûdon-Laden Matsuya und das Kaufhaus Matsuya haben nichts miteinander zu tun.

Am Dienstag machte ich mich also mit einer Freundin auf zur くまのプーさん展 (Kuma no Pû-san Ten; Winnie-the-Pooh-Ausstellung). Leider durfte man mal wieder keine Fotos machen und mal wieder stand man eigentlich in einer Schlange, die an allen Ausstellungsstücken vorbeiführte. Wir beschlossen aber ein wenig zu rebellieren und uns frei durch die Ausstellungsräume zu bewegen. Deutsche sind ins Schlangestehen eben nicht so vernarrt wie Japaner.** 😉

** Japaner mögen es natürlich auch nicht ewig anstehen zu müssen, aber sie machen es trotzdem. Wenn in einem Restaurant in Deutschland kein Platz frei ist, geht man woanders hin. In Japan wartet man.

20140819_170022Zu sehen waren die Plüschtiere, die als Inspiration dienten, Illustrationen aus der Zeit vor den Kurzfilmen, sowie Zeichnungen und Cels zu den verschiedenen Pooh-Filmen. Außerdem Sammlerstücke und Bücher aus aller Welt. 🙂 Von den klassischen Pooh-Zeichnungen kannte ich eigentlich nur Pooh und Piglet (Ferkel), weswegen es mich ziemlich überrascht hat, wie sehr sich die anderen Charaktere im Laufe der Zeit verändert haben.

Pooh ist einer meiner liebsten Disney-Charaktere, wenn nicht gar mein liebster, weswegen die Ausstellung für mich natürlich toll war. Einige schreiende Kinder konnten der ganzen Sache scheinbar nicht so viel abgewinnen… 😉

Natürlich befand sich direkt am Ausgang ein riesiger Pooh-Shop, wo ich mir aber ganz zurückhaltend nur ein Notizbuch kaufte. Egal wie süß ich ihn finde, Plüschtiere brauche ich dann doch nicht. Zudem ich wahrscheinlich demnächst sowieso wieder im Disney Land sein werde, wo’s den ganzen Kram auch gibt.

Vielen Dank auf jeden Fall an Anika für die Tickets, ich hätte mal wieder gar nicht mitbekommen, dass so eine Ausstellung stattfindet. 🙂