Filmzeit: 超高速!参勤交代

Nach 清須会議 (Kiyosu Kaigi) ist 超高速!参勤交代 (Chô-Kôsoku! Sankin Koutai) erst der zweite historische Film, den ich im Kino gesehen habe. Diesmal hat mich mein Mann aber vorbereitet, damit ich nicht wieder im Film sitze und überhaupt keinen Plan habe, was warum geschieht.

Im Vornherein also eine kleine Erklärung für andere wie mich, die nie Japanologie studiert und keine Ahnung von japanischer Geschichte haben: Zur Edo-Zeit (江戸時代 Edo-jidai; 1603 bis 1868) war das Land in Han (藩, auf Deutsch wäre es wahrscheinlich ein Fürstentum) aufgeteilt, jeweils kontrolliert von einem Daimyô (大名) und der Zentralregierung in Edo (heute Tokyo) unterstellt. In der Zeitepoche zuvor, der Sengoku-Zeit (戦国時代 Sengoku-jidai), hatten diese Daimyô gegeneinander Krieg geführt, was man nun vermeiden wollte, indem man sie stärker kontrollierte.

Also mussten die Daimyô regelmäßig nach Edo reisen um Rechenschaft abzulegen. Weil man natürlich nicht einfach wie ein kleiner Lausbub ohne Geld in der Haupstadt aufkreuzen kann, wurde für diesen Zug nach Edo unglaublich viel Geld ausgegeben, eine weitere Kriegsvermeidungsstrategie. Ohne Geld kann man keinen Krieg führen. Dieses System nannte sich 参勤交代 (Sankin Kôtai).

(C) 2014「超高速!参勤交代」製作委員会

(C) 2014「超高速!参勤交代」製作委員会

超高速!参勤交代  Chô-Kôsoku! Sankin Kôtai (2014) (Trailer)

Regisseur: Motoki Katsuhide

Darsteller: Sasaki Kuronosuke, Fukada Kyôko, Ihara Tsuyoshi

Naitô Masaatsu, Daimyô der armen Provinz Yuganaya im heutigen Fukushima, ist gerade erst von seinem kostspieligen Sankin zurückgekehrt, als ihm befohlen wird, sich innerhalb von fünf Tagen erneut in Edo einzufinden. Dummerweise hat er weder Geld, noch Leute für ein pompöses Geleit, und eigentlich ist es komplett unmöglich Edo innerhalb von fünf Tagen zu erreichen. Es wird also ein abenteuerlicher Plan geschmiedet und los geht die Reise… Inklusive Ninjas mit schwankender Loyalität, hübschen Frauen, die gerettet werden müssen und Holzkatanas.

Persönliche Meinung: Wenn man kein großes Spektakel oder ein Gag-Feuerwerk erwartet, wird man mit einem unterhaltsamen Abenteuerfilm belohnt. Die Geschichte ist nicht so komplex, dass man seinen Kopf anstrengen müsste und neben Momenten zum Schmunzeln und übertriebenen Kampfszenen gibt es auch genug Herzerwärmendes. Sicher kein Film, der mir lange im Gedächtnis bleiben wird, aber gute Unterhaltung für zwischendurch. 🙂

Das einzige Problem war mal wieder mein Japanisch, genau wie schon bei 清須会議 (Kiyosu Kaigi) ging mir einiges dadurch verloren, dass ich vom alten Japanisch nicht alles verstehe und dann sprechen die auch noch teils mit Dialekt… Dummerweise übt sich so Samurai-Japanisch auch so schlecht im Alltag. 😉

Nachtrag zur Sonnenvermeidung.

Letztens schrieb ich darüber, wie und warum Japanerinnen die Sonne oder zumindest die Auswirkungen selbiger auf die Haut vermeiden. Ich erwähnte, dass es Sonnenschirme, Armstupeln und Hüte gibt um der Wut der Todeskugel am Himmelszelt zu entgehen.

Als ich mit einer Freundin unterwegs war, sahen wir aber etwas, was auch mit sehr viel gutem Willen nicht mehr als „gewöhnlicher Sonnenschutz“ angesehen werden kann.

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Wenn man damit in Berlin rumlaufen würde, wo eh jeden Tag die eine oder andere Demonstration stattfindet, würde man sicher sehr schnell nach seinen Personalien gefragt werden. Für den Fall der Fälle. 😉

(Als ich fünfzehn war, wurde ich mal am Alexanderplatz gestoppt, weil irgendwo eine Demo stattfand. Ich hatte noch keinen Perso und habe mich mit meiner Krankenkassenkarte ausgewiesen…)

Plitsche-Platsche Regentropfen.

Hier mal wieder eine kleine Erinnerung daran, dass Japan viel bequemer ist als Deutschland. 😉

20140624_200545An Regentagen findet man überall an den Eingängen von Einkaufszentren diese kleinen Stationen. In der Konstruktion rechts schüttelt man seinen nassen Schirm aus, und links kann man sich eine Plastiktüte für seinen Schirm abreißen.

Weil Japaner meist lange Schirme verwenden, die sind günstiger und hilfreicher bei dem teils recht starken Wind, findet man meist auch nur lange Tüten, manchmal gibt es aber auch welche für Faltschirme.

Mit einer Tüte überm Schirm muss man erstens nicht ständig aufpassen nicht doch noch Regenwasser abzubekommen, die Böden bleiben auch trockener. Allerdings ist es auch eine riesige Materialverschwendung… Aber das hat man in Japan ja öfter mal.

Kindernamen, Japan-Edition.

Japanische Namen sind komplett anders als Deutsche, unter anderem ist es manchmal schwer nur am Namen zu erraten, welchem Geschlecht jemand angehört, wenn man nicht ständig damit zu tun hat. Das ist für Japaner bei eher unbekannten europäischen Namen, bei denen ihnen kein Hollywood-Star einfällt, übrigens nicht anders.

Warum Yua ein Mädchen ist, Yūta aber ein Junge, möchte ich hier eigentlich nicht groß ausführen*, es wäre ein nie-endende Liste und dann kämen natürlich noch die Namen, die Mädchen sowie Jungen bekommen. Yūki oder Rion sind so ein Fall, und letztendlich gibt es auch Jungs mit Mädchennamen und Mädchen mit Jungsnamen.

* Man merkt es oft an den Endungen. -ta wird 太 („großartig“ aber auch „fett“ ;)) geschrieben, das wird ein Mädchen eher nicht im Namen haben. Gleichfalls findet man in Jungsnamen eher kein 子 (ko, Kind), 愛 (ai/a, Liebe), 美 (mi, Schönheit) oder 花・華 (hana/ka, Blume).

Und dann gibt es Namen, die schwer zu lesen sind. Kanji haben mehrere Lesungen, weswegen die Lesung eines Namens auf Dokumenten immer extra angegeben werden muss. Mein Mann hat zum Beispiel einen Namen, bei dem den meisten Leuten auf Anhieb eine andere, populärere Lesung der Kanji einfällt – und dann ist er plötzlich „Reito“. Warum hat seine Mutter ihm nicht einfach ein Kanji gegeben, was jeder auf Anhieb richtig liest?

Weil Kanji Bedeutung haben. Wenn man einen Namen für ein Kind überlegt, kann man also entweder vom gesprochenen Namen ausgehen und sich dazu schöne Kanji suchen, wenn man dabei nicht so sehr auf die Bedeutung achtet nennt sich das 当て字 (ateji), oder man hat schon Kanji, die man gern verwenden möchte und biegt die irgendwie hin. Ich zum Beispiel mag 咲 (saku/sa, blühen) für Mädchennamen total gern, habe aber keinen Favoritennamen mit „sa“.

Da hilft mir das japanische Familienregister-Gesetz (戸籍法 Koseki-Hō), es sagt nämlich, dass ich Kanji so lesen lassen kann wie ich will. Hätte ich also einen Sohn, könnte ich ihn 空 (sora, Himmel) schreiben und Hans (ハンス hansu) nennen lassen. Dieses Gesetz führt natürlich dazu, dass Kinder teils etwas eigenwillige Namen bekommen. In Amerika** verändert man die Schreibweise von Megan zu M’aghyyn, in Japan sucht man sich Kanji aus. Mir fällt auf Anhieb 雨色 („ame“ und „iro“, „Regen“ und „Farbe“, gelesen „Mero“) ein, mit seiner Schwester 心雨 („kokoro“ und „ame“, „Herz“ und „Regen“, gelesen „Koa“), deren Mutter das Kanji 水 (Wasser) in ihrem Nachnamen wohl sehr ernst nahm.

via Benesse

via Benesse, klicken um zu vergrößeren (die Namen stehen auch noch einmal am Ende des Eintrags)

Es gibt auch einige Namen, die nicht unbedingt japanischen Ursprungs sind. Es gibt Sarahs (Sara), Julias (Yuria) und Lisas (Risa) schon seit einiger Zeit, im Moment ist Noah (Noa) für Mädchen und Leo (Reo) für Jungs beliebt. Manchmal ist es etwas verwirrend, wie oben geschrieben gibt es sowohl Jungs als auch Mädchen mit dem Namen Leon (Rion) und ich habe auch schon Mädchen mit den Namen Rico (Riko), Mario und Lennon (Renon) getroffen.

** Wie ist’s in Deutschland?

Und dann gibt es Namen, die keine sind. Es ist zwar nicht unbedingt ein Trend, es gibt aber tatsächlich Kinder namens Lion (Raion), Heart (Hāto), Clear (Kuria), Rhythm (Rizumu) und Leaf (Rību).

Wir persönlich haben übrigens einfach deutsche Namenslisten durchforstet und geschaut, ob es Namen gibt, die in Japan einfach ausgesprochen werden können. Alexander (Arekkusandā?) fiel also komplett durch. Die Kanji für den derzeit favorisierten Jungennamen sind Ateji und damit relativ einfach zu lesen, die für’s Mädchen… nicht. Aber ich mag die Kanji einfach so sehr. Wenn man nach den Namen sucht, findet man übrigens immer mal wieder die Meinung, dass diese Namen wenn dann doch am ehesten für halbjapanische oder ausländische Kinder seien, japanische Kinder sollten gefälligst japanische Namen haben. Haha! Freiheit! 😀 (Wir machen sowieso was wir wollen. Und nein, ich bin nicht schwanger.)

(Populäre Babynamen 2013, Jungs: 1. Hiroto, 2. Ren, 3. Yūma, 4. Minato, 4. Haruto, 6. Shōta, 7. Yūto, 8. Haruto (mit anderen Kanji), 9. Sōma, 10. Sōta, 10. Hinata. Mädchen: 1. Yuina, 2. Hina, 3. Aoi, 4. Yua, 5. Yui, 6. Rin, 7. Airi, 8. Koharu, 9. Airi (andere Kanji), 10. Mei)

Ding Dong, the Witch is Dead.

Im Blog habt ihr es entweder gemerkt oder auch nicht so, aber ich bin im Moment ziemlich angespannt. Der Grund der Anspannung hat natürlich einen Namen, hier nenne ich ihn einfach Jeremy.

Jeremy ist Kanadier, lebt seit vier Jahren in Japan und war der Lehrer für die 4-bis-6-Jährigen* und durch eine unglückliche Folge von Geschehnissen auch Manager des Kindergartens in dem ich arbeite. „War“, weil er gefeuert wurde. Dazu muss man vielleicht wissen, dass meine Firma niemanden feuert. Ich arbeite seit vier Jahren dort und habe einige Lehrer gesehen, die wirklich mit Null Lust bei der Sache waren und nur Ärger verursacht haben, aber es wurde nie jemand gefeuert.

* Wir haben in der neuen Schule so wenige Kinder, dass diese eigentlich zwei Altersgruppen zusammen unterrichtet werden.

Letztendlich hat mich an Jeremy eigentlich alles aufgeregt, aber es fing damit an, dass er Manager wurde. Jeremy spricht kein Wort Japanisch, was sehr unpraktisch ist, wenn man japanische Mitarbeitern managen und außerdem auf die Probleme japanischer Eltern eingehen soll. Jeremy hat eine dermaßen herablassende und unfreundliche Art, dass er sehr schnell jeden vergraulte, der ihm hätte helfen können. Da fühlte er sich dann plötzlich betrogen, von der großen bösen Firma, die ihn quasi gezwungen hatte Manager zu werden, und von den bösen Mitarbeitern, die einfach nicht mithelfen wollten.

Als Manager komplett unbrauchbar hatte er aber ein riesiges Selbstbewusstsein, wenn es um den Englischunterricht ging. Da könne ihm keiner was, er wäre so toll, blablabla – die Kinder sprechen im Vergleich zu anderen Kindergärten derselben Kette weniger Englisch, halten sich nicht an Regeln und sind generell anstrengend. Sein großes ungerechtfertigtes Selbstbewusstsein ließ er natürlich bei jeder Gelegenheit raushängen, er sei schließlich ein total toller Hengst und wenn er nicht die Schule gerettet hätte…

Er fühlte sich also nicht genug gewertschätzt, was sich irgendwann darin ausdrückte, dass er einfach nicht zur Arbeit kam. Anfangs gab es noch eine halbherzige E-Mail, zum Schluss hin gar nichts mehr. Das fing letzten Monat an wirklich schlimm zu werden, als er zur Golden Week einfach zwei Tage nicht zur Arbeit kam um dann am dritten Tag ohne Erklärung oder Entschuldigung auftauchte. Wisst ihr was passiert, wenn ein Lehrer nicht kommt? Alle anderen müssen für ihn einspringen. Während Jeremy also zuhause faulenzt habe ich plötzlich zwei Klassen an der Backe und muss im Schulbus** mitfahren. Oftmals wurde ich auch Morgens angerufen, ob ich nicht früher zur Arbeit kommen könnte, weil ich am nächsten dran wohne. Wenn dann nicht einmal eine Entschuldigung oder irgendetwas kommt, ist das schon hart.

** Schulbusse für Kindergärten sind hier recht normal.

Im Mai hatte ich im Durchschnitt einmal die Woche das Vergnügen seine Kinder zu unterrichten, abgesehen davon, dass die lieber bei mir Unterricht hatten als bei ihm, war es einfach nur doof. Ich habe einen eigenen Lehrplan und Dinge die ich erledigen muss, es hat mir regelmäßig den Tag torpediert. Einen Freitag im Juni kam er dann mal wieder komplett ohne Anruf nicht zur Arbeit und als ich am nächsten Montag fragte, was da denn losgewesen sei kam nur „I had a bad day.“ – Schechte Tage habe ich auch, aber ohne anzurufen einfach freizunehmen geht gar nicht. Sagte ich ihm so, aber am Freitag ist Sportunterricht, deswegen „honestly, I don’t think it’s a big deal“. Am Freitag war er schon von der Firma gewarnt worden, dass er bei der nächsten Abwesenheit oder Verspätung gefeuert werden würde, und das geschah dann auch, zum Monatsende hin.

Nun kam er aber einige Male einfach nicht, weil er anscheinend unfähig ist Bewerbungsgespräche auf eine Uhrzeit nach der Arbeit zu legen. Diese Woche war er am Montag und Dienstag auf Arbeit, am Mittwoch dann nach einem Bewerbungsgespräch für drei Stunden, doch weder gestern noch heute schaffte er es in den Kindergarten. Gestern Nachmittag kam eine E-Mail, er habe hohes Fieber und hätte versucht um halb acht anzurufen, aber niemand sei rangegangen. Erstens können wir jeden eingegangenen Anruf im Nachhinein nachvollziehen und dort war kein verpasster Anruf verzeichnet und zweitens war ich an dem Tag ab sieben Uhr 20 auf Arbeit. Das Telefon hat an dem Morgen nicht ein einziges Mal geklingelt. Abgesehen davon sollte man vielleicht einfach noch einmal später anrufen, wenn’s das erste Mal nicht klappt.

So bekam er heute laut der Firma eine E-Mail, dass er bitte nicht mehr kommen solle. Wir haben einen neuen Lehrer, soweit scheint der wirklich gut zu sein, und eigentlich wollen alle nur mit dem Kapitel Jeremy abschließen. Ein bisschen Bammel habe ich, dass er am Montag vorbeischaut und so tut als wäre nichts gewesen, aber ich freue mich auch schon auf die Zeit ohne ihn. Sämtliche Änderungen hat er nämlich von vornherein torpediert nur um dann einfach selbst ohne Rücksprache Dinge zu ändern. Das wird jetzt anders werden und vielleicht können wir uns dann endlich mal zurücklehnen und einfach nur unterrichten…