Hokuriku Tag 1: Gifu und Kanazawa.

Am ersten Tag unseres Urlaubs ging es Morgens um fünf zum Flughafen, weil der Göttergatte dringend Zeit in der ANA-Lounge verbringen wollte und wir daher unglaublich früh in Haneda ankommen mussten. Ist halt wichtig.

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Nach einer Stunde Flug erreichten wir Komatsu (小松), holten unseren fahrbaren Untersatz ab, und machten uns auf den Weg nach Toyama (富山県) um die reetgedeckten Häuser in der Region Gokayama (五箇山) zu sehen. Die Region bekommt viel Schnee ab, weswegen die Häuser dort traditionell sehr steil gewinkelt sind. Das nennt sich Gasshōzukuri (合掌造り) und ist Weltkulturerbe. Gasshō sind übrigens gefaltete Hände.

Wir waren in Ainokura Gasshōzukuri Shūraku (相倉合掌造り集落) und Suganuma Gasshōzukuri Shūraku (菅沼合掌造り集落), beide sind gut mit dem Auto zu erreichen, aber während in Ainokura 23 Häuser stehen, sind es in Suganuma nur neun. Bei beiden Dörfern zahlt man fürs Parken 500Yen. Wie vieles in Hokuriku lohnt sich die Fahrt aber nur bei gutem Wetter, dafür dann aber richtig.

IMGP3729In Kanazawa (金沢) in der Präfektur Ishikawa (石川県), hatten wir uns für die Tour des Myōryū-Tempels (妙立寺), auch Ninjatempel (忍者寺) genannt, angemeldet, und deswegen mussten wir schnell weiter. Bei der Einleitung zur Führung ging zwar ein wenig die Begeisterung flöten, als gesagt wurde, dass der Tempel absolut nichts mit Ninjas zu tun hat, spannend war es letztendlich aber trotzdem. Der Tempel war eher eine Fassade für einen Militärposten für den General Maeda Toshīe, deswegen hat er so schöne Dinge wie geheime Türen, versteckte Treppen, Falltüren und Fluchtwege. Angeblich führt ein unterirdischer Weg vom Tempel direkt in das Kanazawa Schloss, aber dieser Weg müssten unter einem Fluss hindurchführen, und die Existenz konnte noch nicht bestätigt werden.

Der Tempel ist riesig, denn während damals eigentlich eine Beschränkung auf zwei Geschosse durchgesetzt wurde, hat der Ninjatempel durch einige Kniffe gleich vier Geschosse, die von außen nicht zu erkennen sind. Das alles zu sehen ist sehr spannend und wird auf Japanisch gut erklärt, für englischsprachige Menschen gibt es auch einen Hefter, in dem alles wichtige aufgeführt ist. Fotos der Innenräume zu schießen ist verboten und für die Führung muss man sich telefonisch anmelden. Der Parkplatz ist unglaublich schwer zu finden und dann auch noch zu erreichen, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, es am besten in der Nähe irgendwo abstellen, statt auf Biegen und Brechen die kostenlose Abstellmöglichkeit zu nutzen. Mein Mann hat nach 20 Minuten endlich aufgegeben.

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Unser letzter Programmpunkt für den Tag war die Nishi-Chaya-Gai (西茶屋街; westliche Teeladenstraße), deren Läden sind aber meist als Besucher nicht zu betreten. Generell gilt: Wenn vorm Laden kein Menü ausliegt, kommt man ohne Einladung nicht hinein. Die Straße an sich ist natürlich sehr hübsch, aber viel kleiner und unspektakulärer als ich dachte.

Es gibt ein Gebäude, in dem man sich ein restauriertes klassisches Establisment ansehen kann, natürlich ohne Geishas, aber sonst ganz nett. Zum Abendessen ging es zu einem ganz gewöhnlichen Kaitenzushi-Laden, wo mein Mann sich den Bauch vollschlug. Auf vollen Magen schläft es sich ganz gut, und Schlaf war auch bitter nötig, denn am nächsten Tag ging es wieder sehr viel zu früh aus den Federn…
(Hokuriku (北陸, wörtl. Nordküste) bezeichnet meist die Präfekturen Toyama, Ishikawa und Fukui. Wir waren in allen drei Präfekturen.)

Keine Handy-Notfälle mehr.

Smartphones fressen Strom. Mein Samsung Galaxy S muss ich jeden Tag aufladen, weil ich damit in der Bahn quasi ständig im Internet bin. Wenn mein Tag mal etwas länger ist, gelangt die Batterie in gefährliches Gebiet. Doch! Wenn ich wirklich Saft im Handy brauche, habe ich in Japan eine Möglichkeit den Untergang der Welt das Sterben der Batterie zu verhindern.

Dies ist ein Ladegerät, wie man es in jedem Conbini (24h-Laden) findet, für verschiedene Modelle und mit austauschbaren Batterien. Das Modell im Foto kostet 998Yen (fast 10€) und ungefähr die Hälfte des Handyakkus bekommt man damit aufgeladen. Die Batterien sind austauschbar, aber ganz im Ernst: Wenn ich das Gerät brauche bin ich unterwegs, und habe nicht zufällig eins mit aufgeladenen Batterien in meiner Tasche. Also habe ich inzwischen circa fünf dieser Ladegeräte zuhause…

Praktisch sind sie trotzdem!

(Einträge über unseren Urlaub folgen, sobald ich mehr Zeit habe.)

105 Yen.

Einige Dinge sind in Japan doch besser als in Deutschland. 100-Yen-Läden zum Beispiel sind besser als 1€-Läden. Während 1€-Läden meist sehr ramschig sind und nichts verkaufen, was man brauchen könnte, gibt es in Japan Daiso.

Daiso hat alles. Geschirr, Reinigungsmittel, Kosmetik, Schreibwaren, Unterwäsche, Essen, Gartengeräte und einiges mehr. Die Qualität ist natürlich dem Preis entsprechend, falsche Wimpern würde ich mir dort nicht kaufen, aber für den normalen Bedarf und Kleinkrams ist es absolut zu gebrauchen.

Auch wenn Daiso sich selbst 100-Yen-Shop nennt, kosten alle Artikel* 105 Yen. Bei den fünf Yen handelt es sich um die Mehrwertsteuer von 5%, soll aber demnächst angehoben werden. Diese 5% sind auch ein Grund, warum sich Duty Free Shopping in Japan nicht lohnt.

In Japan ist nicht alles direkt und groß mit der Mehrwertsteuer ausgezeichnet. Es gibt einige Restaurantmenüs, auf denen der Preis ohne Steuern (税別, zeibetsu) groß angepriesen wird, während der Preis mit Steuern (税込, zeikomi) sich ganz klein irgendwo versteckt. Das ist manchmal für eine böse Überraschung gut.

Die 5 Yen bei Daiso tun aber sicher niemandem weh. 😉

* Außer denen, die anders gekennzeichnet sind.

Mit den ersten für japanische Verhältnisse wirklich kalten Tagen kam natürlich auch mein Erzfeind wieder aus seinem Versteck: Die Erkältung. Anfangs nur mit Halsschmerzen, dann mit Schnüffelnase, schließlich waren die Ohren auch nicht mehr zu gebrauchen. Eine Erkältung ist nun aber nichts, wofür man zum Arzt müsste. Übers Wochenende zuhause bleiben, rezeptfreie Medizin nehmen, viel trinken, und alles sollte wieder gut sein.

Der Mann sieht das natürlich anders. Man kann ja nie wissen, ob ich nicht doch lebensgefährlich erkrankt bin.

Er: Geh zum Arzt!

Ich: Für eine Erkältung? Das ist doch totale Zeitverschwendung.

Er: Als hättest du sonst etwas zu tun.

Ich: Ich müsste mich umziehen.

Er: Geh zum Arzt, oder ich nehme nächste Woche jemanden anders mit nach Kanazawa!

Das wäre quasi nicht auszuhalten, al so begab ich mich zum Arzt. Am Samstag Morgen. Zum Glück war es nicht halb so voll wie erwartet und nach zwanzig Minuten war ich mit neuer Medizin in den Armen schon wieder draußen. 1200Yen habe ich für die Medizin bezahlt, auf dem Rückweg wurden noch Donuts gekauft und das Wochenende fand im Schlafanzug statt.

Eine Kollegin wünschte mir auf Facebook alles Gute und überlegte, ob ich nicht vielleicht die Kinder angesteckt haben könnte – ich hoffe doch!

Schreiben.

(Der Inhalt dieses Eintrags ist den meisten Lesern dieses Blogs sicher nicht neu, aber.)

Japanisch ist ziemlich leicht und gleichzeitig ziemlich schwierig zu lernen. Sprechen ist nicht zu schwer, lesen und schreiben dafür sehr.

Das fängt damit an, dass es zwei Silbenalphabete gibt. Das Silbenalphabet nennt sich 五十音 (Gojûon), 50 Töne. In Wirklichkeit sind 49 Silbenzeichen in täglichem Gebrauch. Nun haben wir aber zwei davon, eins hauptsächlich für japanische Worte (Hiragana) und eines hauptsächlich für Worte, die aus dem Ausland gekommen sind (Katakana). Das macht 98 Silben, die gelesen und geschrieben werden wollen. Hört sich erst mal viel an, ist aber mit viel Übung zu machen.

Auf der linken Seite sieht man die Silbe „Shi“ einmal in Hiragana, schön, ein Haken; einmal in Katakana, oh, drei Striche, und dann in Kanji, das sieht aus wie – WAS? Kanji, meine Feinde! Es gibt leider pro Silbe nicht nur ein Kanji, sondern geschätzte 5 800. Also, so fühlt es sich an. Es gibt Worte, die an sich von der Lesung her gleich sind, und nur durch die Kanji voneinander zu unterscheiden sind. Beispiel: 防止 und 帽子, beides Bôshi gelesen, heißt einmal „Vorsorge“ und einmal „Mütze“. Für so etwas sind Kanji nützlich.

Weil sie ihr ganzes diabolisches Potential aber noch nicht entfaltet haben, haben Kanji in sich auch verschiedene Lesungen. Nehmen wir einfach止, was oben im Wort für Vorsorge vorkam. Im Verb „(etwas) anhalten“, 止める (tomeru), wird es „to“ gelesen. Im Verb „aufhören“, 止む (yamu), wird es „ya“ gelesen. In Verbindung mit anderen Kanji, wie z.B. bei „Vorsorge“ oder auch „Verbot“, 禁止 (kinshi), wird es „shi“ gelesen. Dabei ist es noch keines der gemeinen Kanji, die wirklich viele Lesungen haben. Die Lesung in Verbindung mit anderen Kanji ist meist die sino-japanische On-Lesung, die in Verbindung mit Silben die urjapanische Kun-Lesung.

Warum ist es aber nun wichtig, die blöden Teile trotzdem zu lernen?

In japanischen Texten gibt es keine Leerzeichen. Derzeit lese ich ein Buch aus der Mumin-Reihe, das, um es für jüngere Leser lesbar zu machen, auf viele Kanji verzichtet. Ich erkenne aber nicht alle Worte auf Anhieb, weswegen es mir manchmal schwer fällt, die Worte auseinander zu halten. Man kann für gewöhnlich davon ausgehen, dass ein neues Wort beginnt, wenn nach einer Anordnung von Silben ein Kanji kommt. Es ist für die Leserlichkeit ein großer Unterschied, ob man 昨日の夜に私が豆腐を食べました。 oder きのうのよるにわたしがとうふをたべました。(Gestern Abend habe ich Tofu gegessen.) schreibt.

Wie oben erwähnt gibt es auch einfach viele Worte, die gleich klingen, und nur durch die Kanji auseinanderzuhalten sind. Außerdem erschließen sich einem Worte auch durch Kanji. Ein ganz einfaches Beispiel, 防水 (bôsui). Das erste Kanji (防; bô) kommt auch in 防ぐ (fusegu) zur Verwendung. 防ぐ heißt „abwehren“. Das zweite Kanji (水; in dem Fall sui), wird alleinstehend mizu gelesen und heißt einfach „Wasser“. Wenn ich das weiß, weiß ich auch, das 防水 (bôsui) „wasserabweisend“ heißt. Wenn man einige Kanji kennt versteht man auch Worte, die man noch nie gelesen hat.

Aber warum sind die Silben überhaupt wichtig? Ich will ja nur sprechen können!

Eine Mitarbeiterin von mir lebt seit drei Jahren in Japan und hat sich bisher noch nicht die Mühe gemacht die Silben zu lernen. Wenn auf den Sachen der Kinder die Namen auf Japanisch geschrieben sind (in Silben), kann sie das nicht lesen. Wenn etwas nicht mit lateinischen Buchstaben geschrieben ist, kann sie es nicht lesen, auch wenn es wirklich wichtig ist. Außerdem erschließen sich ihr viele grammatikalische Dinge nicht, wodurch sich Fehler einschleichen und sie teils unverständlich machen. Nur nach Gehör eine Sprache zu lernen ist sicher toll, wenn man es denn wirklich kann, aber Menschen sprechen leider oft nicht deutlich, wodurch man Worte leicht falsch aufnimmt. So wird bei meiner Mitarbeiterin 強い (tsuyoi, stark) zu ちよい (chiyoi), und wenn keiner sie darauf hinweist, bleibt es das für die nächsten drei Jahre, weil sie es nirgends anders lesen kann.

Meine Mitarbeiterin kann dafür, dass sie kein Japanisch lesen kann, toll Japanisch sprechen, keine Frage. Allerdings ist es an sich keine Unmenge an Energie, die man ins Silbenlernen stecken muss und ein Ende ist absehbar – anders als bei Kanji. Ich tröste mich damit, dass auch nicht alle Japaner die fast 2000 Kanji die in Zeitschriften vorkommen lesen können…