Disney im Doppelpack.

Gegen den Pre- und Post-Beerdigungs-Blues hilft Ablenkung. Bloß nicht Nachdenken, das Leben muss ja weitergehen. Was gibt es also besseres, als zum Tokyo Disneyland zu fahren? Zum Tokyo Disneyland und zum Tokyo Disney Sea zu fahren!

Wir wohnen nicht allzu weit entfernt von beiden Parks, auch wenn die Bahnverbindung etwas umständlich ist. Im Disneyland war ich das letzte Mal 2009 mit meiner Mutter und meiner Schwester, im Disney Sea noch gar nicht. Erstens ist es teuer und zweitens muss man schon ein wenig Zeit mitbringen, wenn man etwas sehen will.

Letzte Woche am Donnerstag kam mein Mann also auf die Idee, des Abends zum Disney Sea zu fahren. Mit dem After-6-Ticket kommt man stark vergünstigt (3,300Yen statt 6,200Yen) in den Park und hat trotzdem noch vier Stunden Zeit.

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Mein erster Eindruck: O my, ein Vulkan! Wir müssen da hin! Schnell, schnell!

Und so kamen wir in den Mystery Island-Teil des Parks. Im Vergleich zum 15 Jahre älteren Disneyland wirkt Disney Sea mehr auf Erwachsene ausgelegt. Insgesamt ist es etwas düsterer, versucht mehr den Geist vergangener Zeiten einzufangen und orientiert sich weniger an (neuen) Filmen, obwohl die Disney-Charaktere natürlich dennoch allgegenwärtig sind. Im Disney Sea ist es übrigens auch erlaubt Alkohol zu trinken, und er wird auch verkauft.

Wir waren durch das Abendticket etwas spät dran, und kamen nicht in die richtig guten Attraktionen ohne ewig in der Kälte zu warten. Deswegen waren wir weder im Vulkan (Journey to the Center of the Earth) noch in einer der anderen beliebteren Stationen. Das mag auch daran gelegen haben, dass wir etwas überrumpelt ob der Größe waren, und es sich tatsächlich auch lohnt im Disney Sea einfach herumzulaufen.

Nach dem Feuerwerk am Abend machten wir uns dann auf den Weg nach Hause, wo wir um elf erschöpft ankamen. Man sollte sich doch etwas mehr Zeit nehmen.

Das haben wir dann am Montag nachgeholt. Disneyland, volle Kanne!

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Als mein Mann noch klein war, ging es einmal im Jahr ins Land der Träume, dann seit vielen Jahren nicht mehr, was natürlich das Wiedersehen um so schöner machte. Wie ein kleiner Junge kurz vor Weihnachten wurde schon vorher die Route festgelegt („Wir müssen mit der Western River Railroad fahren! Mit der blauen! Das ist die beste!“), um dann doch von anderen Dingen abgelenkt zu werden. Natürlich gibt es Attraktionen mit kurzer Wartezeit (5 Minuten, erstaunlicherweise auch lange Zeit für Pirates of the Caribbean), und welche mit längerer (mehr als 50 Minuten, alles mit Mountain im Namen) und wir wussten nicht, dass die Fast Passes kostenlos sind. Die kann man Stunden im Voraus an einem Automaten neben einer der beliebten Attraktionen bekommen und zieht dann, in der auf dem Fast Pass angegebenen Zeit, an den wartenden Massen in der normalen Schlange vorbei und erspart sich viel Wartezeit.

Bis auf die eher langweiligen Attraktionen (viel in der Fantasy World) und die, die zu überfüllt waren (Monster’s Inc. Ride & Go Seek!) sind wir eigentlich mit allem gefahren, das ausgegebene Geld muss ja irgendwie in Spaß verwandelt werden.

Am besten fand ich übrigens, trotz der langen Wartezeit, Big Thunder Mountain und Space Mountain. Mein Magen verträgt Achterbahnen (auch wenn die nicht so lang sind) erstaunlich gut. Da hat mir Alice’s Tea Party mit den sich drehenden Tassen sehr viel mehr zugesetzt.

Auf jeden Fall, nächstes Mal: Fast Passes gleich am Morgen besorgen, später an allen vorbeiziehen, Spaß haben. Für Disney ist man glaube ich nie zu alt.

Kindermund.

Wir haben einen Jungen in der Gruppe, der seit über einem Monat bei uns ist, aber noch immer nach Mama ruft. Inzwischen hat sich das etwas gebessert, aber manchmal fängt er noch damit an: „Mama ist nicht hier!“, immer und immer wieder. Am besten beim Mittagessen. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er noch recht jung ist.

Junge: Mama ist nicht hier! Mama ist nicht hier!

Ich: Ja, ich weiß. Mama kommt, wenn du gegessen hast.

Junge: Mama ist nicht hier! Mama ist nicht hier! (Endlosschleife)

Mitarbeiterin: Ich habe deine Mama gegessen. Nomnomnom.

Der Junge verstummt.

Anderer Junge: Meine Mama ist viel zu groß, die passt gar nicht in deinen Bauch!

Recht hat er.

Tod in Tokyo.

Der Großvater väterlicherseits meines Mannes ist letzte Woche gestorben. Am Dienstag besuchten wir ihn noch im Krankenhaus, am Mittwoch ist er dann verstorben.

Am Samstag Abend begingen wir also den ersten Teil der Zeremonie, お通夜 (Otsûya, Totenwache). Dabei wird der Tote verabschiedet und ein Mönch beschreibt den Weg um ins Jenseits zu gelangen, so wurde es mir zumindest erklärt – den Großteil dessen, was der Mönch sagt, ist unverständlich. Statt Blumenkränzen werden Sträuße aufgestellt, jeweils mit einem Schild versehen, von wem sie gegeben wurden.

Am nächsten Tag fand ab Mittags die 告別式 (Kokubetsushiki, Bestattung) statt. Wieder mit dem Mönch. Wahrscheinlich sagte der Mönch etwas anderes, aber für mich, ohne Hintergrundwissen, war das nicht ersichtlich. Dann wurde der (Verbrenn-)Sarg geöffnet und Blumen wurden auf den Körper gelegt, so dass nur noch das Gesicht zu sehen war. Während vorher niemand geweint hatte, ließen dabei alle den Tränen freien Lauf, was mich mehr mitnahm als der eigentliche Tod des Großvaters, den ich vorher nur zweimal gesehen hatte.

Der Sarg wurde verschlossen und verladen, bevor er zum Friedhof gefahren wurde. Dort wurde der Leichnahm eingeäschert, während wir in einen anderen Teil des Gebäudes gingen, um zu Mittag zu essen und alte Fotos herumzuzeigen, die irgendjemand noch irgendwo aufgetrieben hatte: Die, vor 20 Jahren verstorbene, Großmutter als junge Frau, Bilder von der Hochzeit, Bilder mit den Enkelkindern.

Nach ca. einer Stunde wurden wir aufgerufen, und kamen in einen weiteren Raum, in den daraufhin ein Tisch mit den Knochen des Großvaters geschoben wurde. Nachdem einige wichtige Knochen von Mitarbeitern beseite gelegt wurden, wurden wir aufgefordert, uns in zwei Reihen aufzustellen und jeweils zu zweit mit Stäbchen einen Knochen in eine Urne befördern. Die restlichen Reste wurden von den Mitarbeiterin eingefüllt, und zum Schluss wurde aus den vorher aussortierten Knochen der Kopf quasi nachgebaut: Halswirbel, Unterkiefer, Oberkiefer, Schädel. Dann kam natürlich ein Deckel auf die Urne.

Diese Urne wird nun für 49 Tage im Haus der Schwiegereltern stehen, bevor sie auf den Friedhof kommt und dann ist der Großvater nur noch im Schrein für die Toten im Haus der Familie – zusammen mit der Großmutter. Eigentlich keine schlechte Vorstellung.

Was sich liebt, das neckt sich.

Situation: Mein Mann zieht einen Kapuzenpullover an, den ich vorher gewaschen habe.

Er: Der ist ganz schön eng.

Ich: Irgendwie schon, ja.

Er: Bestimmt beim Waschen eingelaufen.

Ich: Wir waschen hier kalt, da läuft nichts ein.*

Er: Aber du hast irgendwas gemacht!

Ich: Du bist einfach dick geworden.

Er: Niemals! Das sind alles Muskeln! Schau!

Ich: Jaja, klar.

Er (weinerlich): Ich bin nicht dick!

Er ist wirklich nicht dick, aber es macht einfach zu viel Spaß ihn zu ärgern. Den Kapuzenpullover hat er schon seit Ewigkeiten, aus Zeiten als er noch 60 Kilo wog. Dass der jetzt, mit ein paar Gesundheitskilos mehr, enger ist, ist klar. Aber wie gesagt, ich habe Spaß daran, ihn auch mal zu ärgern, und er zahlt mir das auch hundertfach heim.

* Unsere Maschine wäscht nur kalt. Eigentlich waschen alle Maschinen hier nur kalt. Bis er unsere Waschmaschine in Deutschland gesehen hatte, glaubte er nicht, dass wir in Deutschland auch heiß waschen.

Tokyo: Yanesen.

In Tokyo gibt es Yamanote (山の手) und Shitamachi (下町). Yamanote ist der höhergelegene Teil der Stadt, Shitamachi analog dazu der tiefgelegene Teil. Shitamachi hat viele alte Gegenden, mit alten Häusern, kleinen Läden und schönen Tempeln, zu denen man als Tourist eher nicht geht, denn in Tokyo gibt es größere, interessantere und durchaus auch bekanntere Orte.

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Wir waren in Yanesen (谷根千), zusammengesetzt aus Yanaka (谷中), Nezu (根津) und Sendagi (千駄木). Dieser Bereich der Stadt wurde von der Zerstörung im Krieg weitgehend verschont, weswegen die alten Gebäude und Straßen großteils noch erhalten sind. Teilweise kann man alte Häuser auch besichtigen und sich anschauen, wie die Menschen vor dem Krieg gelebt haben. Sehr interessant auf jeden Fall, nur im Winter wird es zu einer Zitterpartie.

Am schönsten fand ich dennoch den Nezu-Schrein (根津神社). Der ist recht groß, hat viele rote Tori (Bögen), Fuchsstatuen und wird wirklich gut erhalten.

Wer also schon alle Touristenziele in Tokyo abgeklappert hat, kann sich hier ganz entspannt durch den Tag bewegen. Es empfiehlt sich trotzdem, vorher zu schauen, wo man vorbeischauen möchte, sonst ist das eine recht ziellose Angelegenheit.

Wir sind die ganze Strecke von Sendagi aus gelaufen, und zum Abschluss in Ueno angekommen. Kann man alles machen, und als Berliner ist man ja eh fußwegerprobt*.

*Dreiste Lüge.